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Feldblumen

Feldblumen

Titel: Feldblumen
Autoren: Adalbert Stifter
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setzte ihre Gesandtschaft in Bewegung, um die verlorne Schwester aufzufinden. Ihre Erzählung auf jenem Balle bei Aston, daß Sie die Fürstin im Paradiesgarten gesehen, daß Lothar sie gemalt habe, daß sie ein goldnes Kreuzchen trage, wie Angela, und daß sie ihr so ähnlich sei, hat zwar nicht ausschließlich das Erkennen bewirkt, wohl aber die Annäherung. Die Schwestern sahen sich in Wien, und es war dieß ein bittrer Tag für Angela. Die Fürstin forderte, daß Angela hinfort den Umgang mit diesen Menschen abbreche, unter denen sie sich bisher »umtrieb«; »sie habe nicht weiter noth, als aufgelesenes Findelkind bei derlei Menschen zu verbleiben, von Almosen zu leben, oder etwa gar von einem noch schnödern Lohne.« Angela richtete sich gegen diese Worte auf, und wies sie entschieden zurück, und da die Fürstin darauf beharrte, so weinte Angela wohl einige bittere Unmuthsthränen, aber entsagte, wie es in ihrer entschiedenen Natur liegt, lieber der neugefundenen Schwester, die solches forderte, als uns, die wir doch eigentlich die Verwandten ihres Herzens geworden sind. Sie wies auch jeden Antrag hinsichtlich des Vermögens von sich - sie hat auch nicht nöthig einen Anspruch zu machen; denn meine und Emils Habe wurde schon längst in drei gleiche Theile getheilt, und Angela's Theil ist ihr gerichtlich zugesichert, da wir ja alle Drei Geschwister sind, und es ewig bleiben wollen.« Ihre Augen brachen in Thränen aus, als sie das sagte, und hinzusetzte: »Morgen werden Sie sie sehen, und desto früher, je weiter Sie ihr entgegenfahren. Sie wird heute Abends nach Gmunden kommen.«
    Ich war erschüttert und gerührt, und bat sogleich, als wir zurückkamen, den Bruder Emil, mit mir aufzubrechen, und nicht zu ruhen, bis wir heute noch Gmunden erreicht hätten. Er sagte es zu. Das Schiff steht bereitet. Lebe wohl!
     
     

17. Lilie
     
    Hallstadt, 26. August 1834.
    Und nun habe ich meine Angela wieder gesehen,
auf ewig meine Angela
! Heute sind wir Alle, Emil, Aston, seine Mädchen, Angela, Natalie, Lothar und ich, bis tief in die Nacht beieinander gewesen, und obwohl es spät ist, so muß ich doch noch ein Stück meines lärmenden freudefunkelnden Herzens an Dich absenden. O komme nur, o komme nur - das sind Menschen!! Du fehlest noch, und die Häuser am Traunsee - dann wäre ja der schönste einst so närrische Traum erfüllt; das Schwerste ist überwunden, die
Menschen sind da
!
    Nur in Kürze kann ich Dir etwas senden - in Genf wirst Du wieder ein Blatt finden, das letzte. - Dann eile mit Windesflügeln nach Wien.
    Nun etwas von dem Wiedersehen Angela's. - O Titus! komme nur, daß Du sie sehen kannst, Du siehst die reinste fleckenloseste Lilie!
    Wir kamen Abends in Gmunden an! Athemlos ging ich mit Emil die Treppe hinan auf ihr Zimmer - nur der beigegebene Diener war da, und sagte, sie sei mit ihrem Mädchen längs des Sees gegen Altmünster gegangen. Wir gingen eilig nach - meine Augen fanden sie bald. Im gewohnten weißen Kleide wandelte sie langsam vor uns, das Antlitz auf den abendglühenden Traunstein gerichtet. Kaum zwei Schritte waren wir nur noch hinter ihr, als sie sich umsah - ach! ganz so schön, wie ich gedacht hatte, war ihr Benehmen - nur eine Secunde stockte sie, dann
nur Freude
, die schöne, die herrliche Freude, der Schmuck des Menschenangesichtes, glänzte aus ihren Augen, als sie uns die Hände reichte - nicht eine Ahnung eines Vorwurfes in den heitern Mienen.
    »Ich habe Unrecht gethan, Angela!« sagte ich zitternd, indem ich ihre Hand hielt und in ihre Augen sah. Fast ihren Bruder vernachlässigend, wandte sie sich ganz zu mir; und meinem Blicke voll Sanftmuth begegnend, sagte sie: »Nicht Unrecht thaten Sie, nur übereilt geurtheilt haben Sie, und sich recht viel Weh bereitet - ich will es durch noch mehr Liebe gut zu machen suchen, daß ich die Ursache war.«
    »Nein!« rief ich, »ich kann nur durch die grenzenloseste Liebe schwach vergelten, daß einmal bittere Tropfen durch mich in diese Augen stiegen - und Angela, ich will es auch vergelten, so lange in mir ein Hauch des Lebens ist.«
    »Liebe verbricht nichts,« antwortete sie; »sondern nur der Haß - und Liebe vergilt nicht, sondern nur die Gerechtigkeit. - Liebe ist da, weil sie da ist, und beglückt so Geber, wie Empfänger - ich bin erst recht glücklich geworden, als ich Sie so lieb gewonnen. Lassen Sie mir auch die Tropfen; sie waren nicht bitter - und ich gäbe sie jetzt durchaus nicht mehr zurück. Eines aber haben Sie zu
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