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FEED - Viruszone

FEED - Viruszone

Titel: FEED - Viruszone
Autoren: Mira Grant
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lebenden Seuchenherd geworden war. Gouverneur Tate, der mich immer noch anschaute, fing an zu lachen.
    »Hey George«, sagte ich und nahm mir ein paar Sekunden Zeit zum Zielen. Hier drinnen gab es keinen Wind, den ich hätte ausgleichen müssen. Das war zur Abwechslung ganz nett. »Jetzt schau mal her.«
    Der Knall, als ich ihre 40er abfeuerte, wurde beinahe vom Geschrei der Menge übertönt. Gouverneur Tate hörte auf zu lachen und sah einen Moment lang so überrascht aus, dass es beinahe komisch wirkte. Dann sackte er über dem Tisch zusammen, und der blutige Matsch, der von seinem Hinterkopf geblieben war, wurde sichtbar. Ich hielt die Pistole auf ihn gerichtet und wartete auf ein Anzeichen von Bewegung. Nachdem einige Augenblicke vergangen waren, ohne dass er sich geregt hatte, gab ich sicherheitshalber noch drei Schüsse auf ihn ab. Es kann nie schaden, auf Nummer sicher zu gehen.
    Die Leute kreischten noch immer und drängten zu den Ausgängen. Mahir und Dr. Wynne versuchten, einander auf unserer Funkfrequenz zu übertönen. Beide wollten einen Lagebericht, und außerdem wollten sie wissen, ob es mir gut ging und ob der Ausbruch unter Kontrolle war. Es bereitete mir Kopfschmerzen, also nahm ich meinen Ohrstecker raus und legte ihn auf den Tisch. Sollten sie rumbrüllen. Ich hatte lange genug zugehört. Jetzt musste ich auf niemanden mehr hören.
    »Siehst du, George?«, flüsterte ich. Wann hatte ich zu weinen angefangen? Es spielte keine Rolle. Tates Blut sah genau wie das von George aus. Jetzt war es noch leuchtend rot, aber bald würde es trocknen und braun werden, alt werden, zu etwas werden, das die Welt einfach vergessen konnte. »Ich hab ihn erwischt. Ich hab ihn für dich erwischt.«
    Gut , sagte sie.
    Senator Ryman brüllte meinen Namen, aber er war so weit weg, dass mich das nicht kümmern musste. Steve und Emily würden niemals zulassen, dass er näher an die verseuchte Leiche ranging. Bis der Seuchenschutz kam, hatte ich meine Ruhe. Der Gedanke gefiel mir. Ich, alleine.
    Ich trat zwei Schritte zurück, griff nach einem Stuhl und setzte mich an einen Tisch, von dem aus ich Tate im Auge behalten konnte. Nur für den Fall. In der Mitte des Tischs stand einsam ein Körbchen mit Knabberstangen, von den wankelmütigen Gästen verschmäht. Mit der freien Hand nahm ich mir eine und kaute gemächlich vor mich hin und hielt weiterhin Georges Waffe auf Tate gerichtet. Er regte sich nicht. Ich mich auch nicht. Als fünfzehn Minuten später der Seuchenschutz eintraf und das Kommando übernahm, warteten wir noch immer, Tate in seiner Pfütze aus langsam trocknendem Blut, ich mit meinem Körbchen voller Knabberstangen. Sie riegelten den Raum ab und trieben uns zusammen, um uns in Quarantäne zu verfrachten und zu testen. Ich behielt Tate so lange wie möglich im Auge und suchte nach einem Anzeichen, dass es noch nicht vorbei war, dass die Geschichte noch nicht zu Ende war. Er regte sich nicht ein einziges Mal, und George sagte kein Wort, sodass ich mit der dunklen, hallenden Leere in meinem Kopf allein blieb.
    War es das wert, George? Tja, war es das? Sag es mir, wenn du es weißt, denn bei Gott, ich weiß es wirklich nicht.
    Ich weiß überhaupt nichts mehr.

Koda
    Für dich zu sterben

    Der Nächste, der sagt: »Es tut mir leid«, kriegt eins auf die Nase.
Die Worte »Es tut mir leid« bringen nämlich kein bisschen was,
außer, dass sie mich daran erinnern, dass sich diese Sache nicht in
Ordnung bringen lässt. Das ist jetzt meine Welt. Und ich will sie nicht.
    SHAUN MASON
    Ich liebe meinen Bruder. Ich liebe meine Arbeit. Ich liebe die Wahrheit.
Also hoffe ich, dass mich niemand jemals dazu zwingt, mich zwischen
diesen drei Dingen zu entscheiden.
    GEORGIA MASON

Jemand hat mich mal gefragt, ob ich an Gott glaube. Wahrscheinlich war das der Auftakt eines ernsthaften Bekehrungsversuchs, aber es ist trotzdem eine gute Frage. Glaube ich an Gott? Daran, dass jemand all das aus einem bestimmten Grund geschehen lässt, dass nach dem Tod jemand auf uns wartet? Dass all der Scheiß einen Sinn hat? Ich weiß es nicht. Ich würde fast ebenso gerne sagen können »Ja, natürlich« wie »Kein bisschen«, aber für beide Seiten gibt es Argumente. Gute Menschen sterben sinnlos, kleine Kinder müssen hungern, korrupte Menschen befinden sich in Machtpositionen, und es gibt schreckliche, unheilbare Krankheiten. Und ich habe Shaun, den vielleicht einzigen Menschen, durch den mir all das vorkommt, als wäre es die Mühe wert. Ich
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