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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Autoren: Tim Weiner
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über 61 Special Agents im Bureau of Investigation und 35 verdeckte Informanten. [36]   Er füllte die Akten des Bureau mit Informationen des militärischen Geheimdienstes, des Außenministeriums und des Secret Service. Er zog Einwanderungs- und Passbehörden heran, Postbeamte, Polizeikommissare, Privatdetektive und politische Vigilanten. Teams von Schloss- und Safeknackern aus dem Bureau und dem Nachrichtendienst der Marine verschafften sich Zugang zu ausländischen Botschaften und Konsulaten und stahlen Codebücher und Verschlüsselungen. [37]  
    Kraft seiner Befugnisse zog er wie ein Magnet jedes Fitzelchen Geheiminformation an, das in den verschiedenen Regierungsbehörden verstreut war, und erhob geheime Anklagen gegen zehntausende politische Verdächtige. Nicht nur ausländische, auch amerikanische Staatsbürger konnten auf Hoovers Feindesliste landen, wenn sie an der Seite eines Informanten eine politische Versammlung besucht oder eine der 222 radikalen fremdsprachigen Zeitungen abonniert hatten, die in den Vereinigten Staaten veröffentlicht wurden.
    Hoovers geheime Informationen bildeten den Grundstock für das primitive System eines zentralen Geheimdienstes. Innerhalb von drei Monaten nach seinem Amtsantritt hatte er Dossiers zu mehr als 60000 Personen beisammen. Fast genauso viele Dossiers gab es über die Versammlungsorte dieser Leute, über die Publikationen, die sie lasen, und die politischen Gruppen, denen sie angehörten. Jeder Einzelne von ihnen wurde als eine potentielle Gefahr für die nationale Sicherheit betrachtet und daraufhin überprüft. Jeder konnte im Untergrund aktiv sein, jeder ein getarnter Soldat im – wie Hoover es formulierte – »wilden Marsch des roten Faschismus«, der das Ziel habe, ein sowjetisches Amerika zu schaffen. [38]  
    Lenin und Stalin stiegen aus dem politischen Chaos in Russland zur Macht auf. Die Furcht vor einer Ausbreitung ihrer Revolution war immens.
    Am 12. August, seiner zweiten Woche im Dienst, begann Hoover mit einer »entschlossenen und tiefgreifenden Untersuchung« derjenigen amerikanischen Staatsbürger und Ausländer, »die eine gewaltsame Veränderung der gegenwärtigen Regierungsform« befürworteten. Das Justizministerium forderte Beweismaterial »jeglicher Art, seien es Aussagen, die auf Hörensagen beruhen, oder andere« gegen amerikanische Kommunisten. [39]  
    Nach den neuen Bestimmungen, zu denen Palmer den Kongress drängen wollte, konnten auch Aussagen, die auf Hörensagen beruhten,als Beweismittel vor Gericht zugelassen werden. Palmer hatte die Gesetze nach neuen Möglichkeiten durchforstet, freimütige Amerikaner wegen Aufwiegelung in Friedenszeiten zu verhaften und ins Gefängnis zu stecken. [40]   Im Jahr 1919 kamen vor dem Kongress 70 solcher Gesetzesvorlagen zu Abstimmung. Keine einzige wurde verabschiedet.
    Am 23. August traf sich Hoover zur ersten von mehreren Besprechungen mit dem Einwanderungsbeauftragten Anthony Caminetti, einem fünfundsechzigjährigen kalifornischen Politiker mit großem weißen Schnauzer. Hoover hatte schon während des Kriegs eng mit der Einwanderungsbehörde zusammengearbeitet. Caminetti besaß Akten zu rund 13 Millionen Einwanderern, also jedem achten Bewohner der Vereinigten Staaten, darunter 1,7 Millionen Deutschstämmige, 1,6 Millionen Italienischstämmige und 1,4 Millionen Russischstämmige. Hoover vermutete, dass sich unter ihnen auch die Stoßtruppen des roten Faschismus befanden. Gemeinsam erarbeiteten Hoover und Caminetti einen Plan, das Land von feindlichen Ausländern zu säubern. Das Anarchistenausschlussgesetz erlaubte es ihnen, Ausländer, die die Revolution befürworteten, ohne Anklage oder Gerichtsurteil nach einer summarischen Vernehmung abzuschieben.
    Hoover hoffte, dadurch öffentliche Zustimmung zu gewinnen, dass er als Erstes zwei der bekanntesten Unruhestifter Amerikas deportieren ließ: Emma Goldman und Alexander Berkman. Zum Glück für Hoover saßen beide bereits wegen Agitation gegen den Krieg im Gefängnis. Beide sollten noch im laufenden Monat freigelassen werden, man konnte sie rasch aburteilen und in ihre Heimat Russland zurückschicken.
    Goldman predigte den Atheismus, die freie Liebe, Geburtenkontrolle und andere geächtete Lehren. Hoover nannte sie die »Rote Königin der Anarchie«. Berkman, ihr ehemaliger Liebhaber, hatte nach einem gescheiterten Anschlag auf den Stahlmagnaten Henry Frick sein halbes Leben im Gefängnis verbracht. Berkman hatte nie die amerikanische
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