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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Autoren: Tim Weiner
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dieser Welt, um Anstand und Schicklichkeit des privaten Lebens über den Haufen zu werfen«. Den Bombenanschlag auf sein Haus betrachtete er als ein klares Zeichen dafür, dass »das Feuer der Revolution alle Institutionen von Gesetz und Ordnung« in Amerika bedrohe, »an den Kirchenaltären leckte, die Glockentürme der Schulen erfasste und sich in die geheiligten Winkel der Häuser Amerikas schlich«. [34]  
    Am 17. Juni trafen sich Palmer und Flynn mit einer Handvoll Beratern im Justizministerium. Das Bureau of Investigation werde in kurzer Zeit die Bombenattentäter festsetzen, so ihre anschließende Verlautbarung. Flynn war überzeugt, die Anschläge seien das Werk russischer Bolschewiken.
    Sechs Tage später wurde Luigi Galleani am Hafen von Boston von Agenten des Bureau verhört. Er saß in einer Zelle und wartete auf seine Deportation. Die Beamten bekamen nichts aus ihm heraus. Am nächsten Morgen war er an Bord eines Schiffes nach Italien, um nie wieder einen Fuß auf amerikanischen Boden zu setzen.
    Galleani und seine anarchistische Gruppe wurden nie vor Gericht gestellt. 25 Jahre Ermittlungen brachten kein Ergebnis. Galleanis Anhänger sollten bald zu einem neuen Schlag ausholen, dem größten Terroranschlag in der amerikanischen Geschichte.
    »Geheimagenturen müssen überall aufgebaut werden«
    Zwei Schiffe überquerten den Atlantik. Eines brachte Galleani aus Amerika fort, das andere brachte den Präsidenten nach Hause zurück.
    Am 8. Juli kehrte Woodrow Wilson nach fünf Monaten vergeblichen Kampfes für seinen Völkerbund in die Vereinigten Staaten zurück. Seine Vision eines Weltfriedens rückte in immer weitere Ferne, flüchtig wie die Wellen des Meeres. Von seinen Kriegsverbündeten erhielt er wenig Unterstützung. Der US-Senat begegnete ihm mit zunehmendem Spott.
    Schon bald unternahm Wilson einen Werbefeldzug durchs ganze Land, um den Bürgern Amerikas sein Anliegen nahezubringen. Im Jahr 1919 gab es noch keine nationalen Rundfunkstationen, der Präsident musste seine Botschaft also persönlich übermitteln. Er reiste fast 13000 Kilometer mit der Eisenbahn und hielt in 15 Staaten 40 Reden.
    Der Präsident wirkte wie ein Prophet des Weltuntergangs. Schwer atmend, hustend, geplagt von Sehstörungen und Kopfschmerzen, entwarf Wilson ein apokalyptisches Szenario. Er sah sein Land und die ganze Welt vom Damoklesschwert eines Kriegs bedroht. Er sprach von der Revolution in Russland, als wäre sie eine gigantische Gaswolke, die westwärts über den Atlantik zog und Amerika »das Gift der Unruhen, das Gift des Aufstands, das Gift des Chaos« brachte. [35]  
    »Glaubt ihr wirklich, meine Mitbürger, dass nichts von diesem Gift in die Adern dieses freien Volkes eingedrungen ist?«, fragte der Präsident. »Männer blicken einem in Amerika ruhig ins Gesicht und sagen, sie seien für diese Art Revolution, obwohl diese Art Revolution die Herrschaft des Terrors bedeutet.« Ohne Frieden werde »sich dieses Gift immer weiter ausbreiten, schneller und schneller, bis selbst dieses unser geliebtes Land von ihm zerrissen und entstellt ist«.
    Die Vereinigten Staaten müssten bereit sein zu kämpfen »überall dort in der Welt, wo Kriegsgefahr droht«. Die Feinde der Vereinigten Staaten würden nicht ruhen. »Sie müssen durch Geheimagenturen überwacht werden, die überall aufgebaut« werden müssten. Das Land müsse ein großes Heer und eine große Flotte aufrechterhalten und »in einem permanenten Zustand der Wachsamkeit sein«.
    »Und im Rahmen einer freien Debatte ist das nicht möglich«, sagte der Präsident. »Im Rahmen einer öffentlichen Erörterung ist das nicht möglich. Die Pläne müssen geheim gehalten werden. Die Erkenntnisse müssen in einem System zusammengetragen werden, das wir abgelehnt haben, weil wir es als ein Spionagesystem bezeichnet haben. Die Zurückhaltenderen nennen es ein Geheimdienstsystem.«
    Während der Präsident durch die Great Plains immer weiter nach Westen fuhr, nahm in Washington das neue amerikanische Geheimdienstsystem bereits Gestalt an.
    »Wenn die Zeit für eine Revolution gekommen ist«
    Am 1. August 1919 beauftragte Justizminister Palmer J. Edgar Hoover mit der Zerschlagung der kommunistischen Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten. Er hatte sofort Zuneigung zu Hoover gefasst, dessen unermüdliche Tätigkeit die wärmste Anerkennung seiner Vorgesetzten im Justizministerium erfahren hatte.
    Als neuer Chef der Radical Division des Justizministeriums verfügte er
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