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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Autoren: Tim Weiner
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Einwanderungsinspektor getötet werden; in Boston ein Bezirksrichter und ein Abgeordneter. In Philadelphia zerstörten die Attentäter eine Kirche, in Paterson, New Jersey, das Haus eines Geschäftsmanns.
    In Washington, D. C., sprengte sich ein junger Mann vor Justizminister Palmers Haus in die Luft. Die Explosion erschütterte die eleganten Stadthäuser in dieser Straße, als der siebenunddreißigjährige Staatssekretär im Marineministerium, Franklin Delano Roosevelt, am späten Abend mit seiner Frau Eleanor von einem Essen nach Hause zurückkehrte. Die Fensterscheiben auf der Vorderseite ihres Hauses in 2131 R Street in Washington wurden zerschmettert. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand Justizminister Palmer in den Trümmern seines Wohnzimmers. Die Fassade seines Hauses war stark beschädigt.
    Die Gehsteige waren mit Glassplittern, abgerissenen Ästen, Fleisch- und Knochenstücken übersät. Es dauerte lange, um zu ermitteln, dass es sich bei den ringsum verstreuten Körperteilen aller Wahrscheinlichkeit nach um die sterblichen Überreste des dreiundzwanzigjährigen Einwanderers Carlo Valdinoci handelte, des Verlegers der Cronaca sovversiva .
    Exemplare einer neuen Schmähschrift gegen die Regierung, auf rosa Papier gedruckt, flatterten in den Trümmern. »Es herrscht Krieg, ein Krieg zwischen den Klassen, und ihr habt ihn begonnen unter dem Deckmantel der mächtigen Institutionen, die ihr Ordnung nennt, in der Dunkelheit eurer Gesetze«, hieß es darin. »Es wird Blut fließen; wir werden uns nicht drücken; es wird Morde geben müssen; wir werden töten, weil es notwendig ist; es wird Zerstörung geben müssen; wir werden zerstören, um die Welt von euren tyrannischen Institutionen zu befreien.« Unterzeichnet war das Pamphlet mit »Die anarchistischen Kämpfer«.
    »Das Feuer der Revolution«
    Die Außenstellen des Bureau of Investigation in Boston und Pittsburgh berichteten als Erste, dass Moskau hinter den Anschlägen stecke.
    Palmer ging davon aus, dass die Roten dafür verantwortlich waren. Er war in derselben Woche Justizminister geworden, in der die Sowjets die Komintern gründeten, die Kommunistische Internationale. Lenin kündigte an, die Bewegung ziele auf den Umsturz der bestehenden Weltordnung, und forderte die Amerikaner offen auf, sich ihr anzuschließen.
    Am Morgen des 3. Juni empfing Palmer in den Trümmern seiner Bibliothek eine kleine Delegation von Senatoren und Kongressabgeordneten. »Sie forderten mich eindringlich auf, von meiner ganzen Macht Gebrauch zu machen«, sagte er. »›Was immer Sie verlangen, Palmer, Sie werden es bekommen.‹« Auf der Titelseite sämtlicher amerikanischer Zeitungen versprach er, die Bombenattentäter zu jagen. Jetzt brauchte er nur noch Jäger.
    Als Erstes ernannte er William J. Flynn, den ehemaligen Chef des Secret Service, zum neuen Leiter des Bureau of Investigation. Stolz präsentierte Palmer ihn der Presse als Amerikas herausragenden Ermittler. Flynn, ein New Yorker Cop vom alten Schlag mit Highschool-Abschluss, hatte als Klempner gearbeitet, bevor er in der polizeilichen Tätigkeit seine Berufung fand. Mit Melone, Zigarre und einem dicken, von Bier und Beefsteaks gerundeten Bauch war er eine einprägsame Erscheinung. Er hatte mehrere Zeitungsreporter in New York und Washington um den kleinen Finger gewickelt und pflegte den Ruf eines Meisterschnüfflers, der niemals aufgab.
    Flynn hatte die Nation gewarnt, in den Vereinigten Staaten hielten sich Hunderttausende ausländische Agenten auf. Die Regierung, so glaubte er, habe das Recht, jeden Verdächtigen einzusperren, um einen Spion oder einen Saboteur zu fangen. Seine erste Aktion war die Jagd auf die sogenannten Roten.
    Am 12. Juni 1919 plünderten Agenten des Bureau of Investigation und Polizisten des Staates New York die neueröffnete diplomatische Vertretung der Sowjetunion in der 110 East 40th Street in Manhattan. [33]   Sie beschlagnahmten stapelweise Unterlagen, aber nichts, was eine Verwicklung der »Roten« in die Bombenanschläge belegte.
    Am nächsten Tag bat Justizminister Palmer den Kongress um Geld und neue Gesetze, um die Kommunisten und Radikalen zu stoppen. Er warnte vor weiteren Anschlägen in den kommenden Tagen oder Wochen, möglicherweise am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag.
    Er befürchtete eine zunehmend erstarkende Weltverschwörung von Kommunisten, gewöhnlichen Schurken, Salonsozialisten und sexuell Perversen – »einen Massenzusammenschluss der Kriminellen
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