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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Autoren: Tim Weiner
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Chaos in den Regierungsbehörden »kein Mittel gesucht zu haben«. Gleichzeitig aber hegte er »immer noch Zweifel, welches das beste Mittel« war. [29]  
    Justizminister Gregory wusste eine Antwort. Während die Suchscheinwerfer über Amerika hinwegglitten und die Warnsirenen immer lauter heulten, setzte er das Bureau of Investigation als politische Kampftruppe ein.
    Das Bureau führte während des Krieges zwei große politische Angriffe. Am stärksten betroffen waren die Industrial Workers of the World (IWW), eine linke Gewerkschaftsbewegung mit 100000 Mitgliedern in den Vereinigten Staaten. Die IWW hatten eine Antikriegsresolution verabschiedet, deren Sprache allein eine politische Straftat nach dem Spionageakt war. Der Justizminister wollte die IWW aus dem Verkehr ziehen. Präsident Wilson stimmte aus tiefstem Herzen zu. Die New York Times meinte, die Wortführer der Organisation seien »effektiv und vielleicht auch faktisch Agenten Deutschlands«, und stellte die Theorie auf, die Deutschen finanzierten die IWW, um die amerikanische Industrie zu unterminieren. Die Zeitung schlug vor, die »Bundesbehörden sollten mit diesen verräterischen Verschwörern kurzen Prozess machen«. Agenten des Bureau of Investigation und Mitglieder der American Protective League schlugen in 24 Städten überall in Amerika die Türen von Büros, Wohnhäusern und Versammlungssälen der IWW ein, nahmen tonnenweise Unterlagen mit und verhafteten hunderte Verdächtige. In drei Massenprozessen wurden 165 Führer der IWW nach dem Spionagegesetz zu Haftstrafen von bis zu 20 Jahren verurteilt. [30]  
    Politiker und Öffentlichkeit begrüßten die Verhaftungen. Der Ruf nach Gefängnisstrafen für Verräter, Schurken und Spione erscholl von den Kirchenkanzeln und kam von den Legislativorganen der einzelnen Bundesstaaten. Der Justizminister hatte leichtes Spiel. Im Frühjahr und Sommer 1918 ermächtigte er das Bureau of Investigation, die »Drückeberger« zu jagen, die sich für den Militärdienst nicht hatten registrieren lassen.
    Die größte Razzia begann am 3. September und dauerte drei Tage. Es war die ehrgeizigste Operation in der bislang zehnjährigen Geschichte des Bureau of Investigation. 35 Agenten arbeiteten unter Leitung von Charles de Woody, dem Chef des New Yorker Büros der Behörde. Sie wurden von rund 2000 Mitgliedern der American Protective League, von 2350 Soldaten des Heeres und der Marine und von mindestens 200 Polizeibeamten unterstützt. Sie durchstreiften nach Einbruch der Dunkelheit die Straßen von Manhattan und Brooklyn, setzten mit der Fähre über den Hudson und schwärmten in Newark und Jersey City aus. Bei der Aktion wurden zwischen 50000 und 65000 Personen festgenommen. Die Agenten verhafteten die Verdächtigen mitten auf der Straße, holten sie aus Restaurants, Bars und Hotels und steckten sie in die Kreisgefängnisse und die Zeughäuser der Nationalgarde. Über 1500 Kriegsdienstverweigerer und Deserteure wurden aufgespürt, zehntausende jedoch unschuldig verhaftet und eingesperrt. Als Justizminister Gregory versuchte, sich von den Razzien zu distanzieren, machte ihm de Woody einen Strich durch die Rechnung.
    »Ich lasse mich nicht zum Sündenbock machen«, sagte er herausfordernd. »Alles, was ich im Rahmen dieser Razzia getan habe, habe ich unter der Regie des Justizministers und des Direktors des Bureau of Investigation getan.« [31]  
    Das politische Gewitter wegen der unbegründeten Festnahmen und Inhaftierungen so vieler Menschen verzog sich rasch. Doch Justizminister Gregory und der Direktor des Bureau Bielaski traten wenig später zurück. Ihr Name und ihre Reputation sind verblasst, ihr Vermächtnis jedoch wurde von Hoover weitergeführt.
    »Die schwerwiegendste Bedrohung für dieses Land«
    In den letzten Wochen des Ersten Weltkriegs beherrschte die Angst vor den Kommunisten die amerikanische Regierung.
    Präsident Wilson schickte 14000 amerikanische Soldaten zum Kampf gegen die bolschewistischen Revolutionäre in die Eiseskälte der russischen Frontlinien. Sie kämpften immer noch, als in Europa am 11. November 1918 die Waffen schwiegen. In der ersten Schlacht Amerikas gegen den Kommunismus wurde mit scharfer Munition geschossen.
    Der Präsident führte auch einen politischen Kampf gegen Russlands Radikale. Zum Entsetzen seiner Spitzenberater genehmigte Wilson persönlich die Veröffentlichung von Geheimdossiers, die belegen sollten, dass die Führer der russischen Oktoberrevolution von der
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