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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Autoren: Tim Weiner
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amtierenden Arbeitsminister, der auch der Einwanderungsbehörde vorstand, die Genehmigung für rund 3000 Haftbefehle erhalten, und er hatte die Einwanderungsbehörde überzeugt, ihre Verfahrensregeln dahingehend zu ändern, dass den verhafteten Verdachtspersonen das Recht auf einen Anwalt verweigert wurde.
    »Arrangieren Sie über Ihre Undercover-Informanten, dass die Kommunistische Partei und die Kommunistische Arbeiterpartei in der festgesetzten Nacht Versammlungen abhalten«, lautete die Weisung an die Agenten des Bureau, die in 23 Staaten für die Verhaftungsaktionen verantwortlich waren. Die Agenten sollten sich nur im absoluten Notfall um Durchsuchungsbefehle bemühen. Sie wurden instruiert, in Häuser und Büros einzubrechen, Decken und Wände nach möglichen Verstecken abzuklopfen, Akten zu durchsuchen und »Literatur, Bücher, Unterlagen und alles, was an den Wänden hängt«, mitzunehmen. [59]  
    »Leiten Sie alle im Zuge der Verhaftungen gewonnenen Informationen, die wichtig oder interessant sein könnten, direkt an Mr Hoover weiter«, lautete die von Hoovers direktem Vorgesetzten Frank Burke unterschriebene Weisung. »Schicken Sie eine komplette Liste der verhafteten Personen an dieses Büro, und zwar per Eilboten und mit dem Vermerk ›Zu Händen Mr Hoover‹.« Den Agenten wurde eingeschärft, dass Geheimhaltung oberste Priorität besitze: »Damit es nicht zu ›undichten Stellen‹ kommt«, sollten sie sowohl die einzelstaatlichen als auch die lokalen Polizeibehörden erst wenige Stunden vor dem geplanten Einsatz einweihen.
    Die allerletzten Weisungen waren mit Hoovers Initialen unterzeichnet. »Allen bisher erteilten Instruktionen bezüglich der Durchführung der Verhaftung von Kommunisten soll im Detail Folge geleistet werden«, hieß es dort. »Bureau und Ministerium erwarten ausgezeichnete Resultate in Ihrem Bereich.« Die Weisungen ermächtigten die 33 verantwortlichen Special Agents, den Reportern mitzuteilen, dass »die Verhaftungen auf nationaler Ebene stattfinden und vom Justizminister angeordnet wurden«. [60]  
    Die größten Massenverhaftungen der amerikanischen Geschichte begannen am Freitag, den 2. Januar 1920 um neun Uhr abends. Sie gingen unter dem Namen »Palmer Raids« in die Geschichte ein. Aber Palmer hat sie weder organisiert noch beauftragt. Das war Hoover.
    »Ein Menschennetz, dem kein Gesetzloser entrinnen kann«
    Agenten des Bureau drangen in politische Versammlungen, Privathäuser, Vereine, Tanzlokale und Kneipen in ganz Amerika ein. Sie zerrten Menschen aus Buchläden und Schlafzimmern. Hoover arbeitete rund um die Uhr, hing am Telefon und las dringende Telegramme, während seine Einheiten aus dem ganzen Land Bericht erstatteten.
    Nicht alle Razzien waren erfolgreich. »Etwa fünfundzwanzig Ausländer wurden im Lauf der Nacht auf Verdacht festgenommen, und obwohl wir in einer Reihe von Fällen von ihrer Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei überzeugt waren, konnten wir keine Beweise vorlegen«, berichtete der verantwortliche Special Agent in Buffalo, New York, an Hoover. »Als sie es abstritten, wurden sie freigelassen.« [61]  
    Obwohl das Bureau von Freitagnacht auf Samstagmorgen 2585 Personen festnahm, hatte es seine Aufgabe erst halb erfüllt. Die Verhaftungsaktionen wurden in der folgenden Woche fortgesetzt. Agenten ersuchten um mindestens 2705 weitere Haftbefehle. Darüber hinaus wurden hunderte, vielleicht tausende ohne Haftbefehl festgesetzt. Alles in allem wurden bei den Razzien zwischen 6000 und 10000 Personen aufgegriffen. Die genaue Anzahl derer, die verhaftet und eingesperrt oder nach einer Vernehmung freigelassen wurden, wird sich nie ermitteln lassen, weil es keinen offiziellen Rechenschaftsbericht gibt.
    Die Verhaftungswelle hatte der Kommunistischen Partei einen schweren Schlag versetzt. Charles Ruthenberg und sein innerster Kreis überlebten im Untergrund. Sie nahmen falsche Namen an, kommunizierten mit Hilfe verschlüsselter Botschaften, führten ein Leben im Verborgenen. Einige von Ruthenbergs handschriftlichen Berichten tauchten Ende des Jahrhunderts im Komintern-Archiv auf. »Der Angriff auf unsere Organisation«, schrieb er, mache es der Partei »unmöglich, auf nationaler Ebene zu operieren«. Er verbrachte die nächsten und letzten sieben Jahre seines Lebens auf der Flucht, unter Anklage, vor Gericht, im Gefängnis oder auf Kaution freigelassen und flüchtig. [62]  
    Bis zum Mittwoch, dem 7. Januar, drängten sich etwa 5000 Gefangene
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