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Faust: Der Tragödie erster Teil

Faust: Der Tragödie erster Teil

Titel: Faust: Der Tragödie erster Teil
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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brach,
  Die alle Täler reichlich füllten.
  Ich hatte nichts und doch genug:
  Den Drang nach Wahrheit und die Lust am Trug.
  Gib ungebändigt jene Triebe,
  Das tiefe, schmerzenvolle Glück,
  Des Hasses Kraft, die Macht der Liebe,
  Gib meine Jugend mir zurück!
      LUSTIGE PERSON:
  Der Jugend, guter Freund, bedarfst du allenfalls,
  Wenn dich in Schlachten Feinde drängen,
  Wenn mit Gewalt an deinen Hals
  Sich allerliebste Mädchen hängen,
  Wenn fern des schnellen Laufes Kranz
  Vom schwer erreichten Ziele winket,
  Wenn nach dem heft'gen Wirbeltanz
  Die Nächte schmausend man vertrinket.
  Doch ins bekannte Saitenspiel
  Mit Mut und Anmut einzugreifen,
  Nach einem selbstgesteckten Ziel
  Mit holdem Irren hinzuschweifen,
  Das, alte Herrn, ist eure Pflicht,
  Und wir verehren euch darum nicht minder.
  Das Alter macht nicht kindisch, wie man spricht,
  Es findet uns nur noch als wahre Kinder.
      DIREKTOR:
  Der Worte sind genug gewechselt,
  Laßt mich auch endlich Taten sehn!
  Indes ihr Komplimente drechselt,
  Kann etwas Nützliches geschehn.
  Was hilft es, viel von Stimmung reden?
  Dem Zaudernden erscheint sie nie.
  Gebt ihr euch einmal für Poeten,
  So kommandiert die Poesie.
  Euch ist bekannt, was wir bedürfen,
  Wir wollen stark Getränke schlürfen;
  Nun braut mir unverzüglich dran!
  Was heute nicht geschieht, ist morgen nicht getan,
  Und keinen Tag soll man verpassen,
  Das Mögliche soll der Entschluß
  Beherzt sogleich beim Schopfe fassen,
  Er will es dann nicht fahren lassen
  Und wirket weiter, weil er muß.
      Ihr wißt, auf unsern deutschen Bühnen
  Probiert ein jeder, was er mag;
  Drum schonet mir an diesem Tag
  Prospekte nicht und nicht Maschinen.
  Gebraucht das groß, und kleine Himmelslicht,
  Die Sterne dürfet ihr verschwenden;
  An Wasser, Feuer, Felsenwänden,
  An Tier und Vögeln fehlt es nicht.
  So schreitet in dem engen Bretterhaus
  Den ganzen Kreis der Schöpfung aus,
  Und wandelt mit bedächt'ger Schnelle
  Vom Himmel durch die Welt zur Hölle.
    Prolog im Himmel.
      Der Herr. Die himmlischen Heerscharen. Nachher Mephistopheles.
  Die drei Erzengel treten vor.
      RAPHAEL:
  Die Sonne tönt, nach alter Weise,
  In Brudersphären Wettgesang,
  Und ihre vorgeschriebne Reise
  Vollendet sie mit Donnergang.
  Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke,
  Wenn keiner Sie ergründen mag;
  die unbegreiflich hohen Werke
  Sind herrlich wie am ersten Tag.
      GABRIEL:
  Und schnell und unbegreiflich schnelle
  Dreht sich umher der Erde Pracht;
  Es wechselt Paradieseshelle
  Mit tiefer, schauervoller Nacht.
  Es schäumt das Meer in breiten Flüssen
  Am tiefen Grund der Felsen auf,
  Und Fels und Meer wird fortgerissen
  Im ewig schnellem Sphärenlauf.
      MICHAEL:
  Und Stürme brausen um die Wette
  Vom Meer aufs Land, vom Land aufs Meer,
  und bilden wütend eine Kette
  Der tiefsten Wirkung rings umher.
  Da flammt ein blitzendes Verheeren
  Dem Pfade vor des Donnerschlags.
  Doch deine Boten, Herr, verehren
  Das sanfte Wandeln deines Tags.
      ZU DREI:
  Der Anblick gibt den Engeln Stärke,
  Da keiner dich ergründen mag,
  Und alle deine hohen Werke
  Sind herrlich wie am ersten Tag.
      MEPHISTOPHELES:
  Da du, o Herr, dich einmal wieder nahst
  Und fragst, wie alles sich bei uns befinde,
  Und du mich sonst gewöhnlich gerne sahst,
  So siehst du mich auch unter dem Gesinde.
  Verzeih, ich kann nicht hohe Worte machen,
  Und wenn mich auch der ganze Kreis verhöhnt;
  Mein Pathos brächte dich gewiß zum Lachen,
  Hättst du dir nicht das Lachen abgewöhnt.
  Von Sonn' und Welten weiß ich nichts zu sagen,
  Ich sehe nur, wie sich die Menschen plagen.
  Der kleine Gott der Welt bleibt stets von gleichem Schlag,
  Und ist so wunderlich als wie am ersten Tag.
  Ein wenig besser würd er leben,
  Hättst du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben;
  Er nennt's Vernunft und braucht's allein,
  Nur tierischer als jedes Tier zu sein.
  Er scheint mir, mit Verlaub von euer Gnaden,
  Wie eine der langbeinigen Zikaden,
  Die immer fliegt und fliegend springt
  Und gleich im Gras ihr altes Liedchen singt;
  Und läg er nur noch immer in dem Grase!
  In jeden Quark begräbt er seine Nase.
      DER HERR:
  Hast du mir weiter nichts zu sagen?
  Kommst
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