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Falscher Ort, falsche Zeit

Falscher Ort, falsche Zeit

Titel: Falscher Ort, falsche Zeit
Autoren: Walter Mosley
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versuche, ehrlich zu bleiben, Sam.«
    »Er bittet Sie bloß darum, mit dieser Frau zu sprechen. Um sich zu vergewissern, dass es ihr gut geht. Das ist nichts Illegales.«
    »Und soll ich ihr sagen, dass Mr. Rinaldo sich um sie sorgt, jedoch nicht selber kommen konnte?«
    »Sie erwähnen weder seinen Namen, noch beziehen Sie sich in irgendeiner Weise auf ihn. Es soll wie eine zufällige Begegnung aussehen. Sie soll nicht ahnen, dass Sie Detektiv sind oder für jemanden arbeiten, der an ihrem Wohlergehen interessiert ist.«
    »Warum nicht?«
    »Sie kennen das Spiel«, meinte Strange. »Die Befehle kommen von oben, und wir tun, was man uns sagt.«
    »Nein«, sagte ich. »Sie reden von sich. Sie tun, was man Ihnen sagt. Ich – ich habe bestimmte Grundregeln.«
    »Und wie lauten die?«
    »Erstens«, sagte ich, »werde ich das körperliche odergeistige Wohlergehen dieser Tara nicht gefährden. Ich werde nur über ihren Geisteszustand und ihr Wohlbefinden berichten. Ich werde keine Informationen weitergeben, die sie für Sie oder Ihren Boss verwundbar machen. Und schließlich werde ich mich nicht daran beteiligen, sie gegen ihren Willen oder ihre Laune zu irgendetwas zu zwingen.«
    »So läuft das nicht, und das wissen Sie auch«, sagte Sam.
    »Dann nehmen Sie den nächsten Namen auf Ihrer Liste und rufen nie wieder hier an.«
    »Es gibt keine anderen Namen.«
    »Wenn Sie mich wollen, geht es nach meinen Regeln.«
    »Ich werde diese Unterhaltung melden müssen.«
    »Selbstverständlich.«
    »Es wird ihm nicht gefallen.«
    »Ich merke es mir.«
    Er nannte mir eine Adresse zwischen der West 60 th und 70 th Street sowie die Nummer eines Apartments.
    »Ich bin im Oxford Arms Club in der 84 th Street, bis die Situation geklärt ist«, sagte er. »Dort können Sie mich jederzeit anrufen, Tag und Nacht.«
    Ich legte auf. Es gab keinen Grund, das Gespräch fortzusetzen oder ihm alles Gute zu wünschen. Ich habe den grünäugigen Agenten des Sonderbevollmächtigten der Stadt nie gemocht.
    Alphonse hatte zwei Verbindungen zur Außenwelt. Sam war der Laufbursche. Christian Latour, der im Vorzimmer von Alphonses Büro saß, war Torwächter und Kristallkugel des Big Boss in einem. Ich mochte Christian, auch wenn er nichts mit mir anfangen konnte.
    Ich stand im Flur und versuchte die letzte Viertelstunde zusammenzubringen. Dimitris untypisches Gekläffe gegen seinen Bruder, die neue Selbstsicherheit seiner Mutter, die plumpe Vase mit den wunderschönen Blumen und natürlich die Erinnerung an Aura, ihr tief empfundenes Mitgefühl und ihren beinahe herzlosen Verrat.
     
    Ich ging zum Kleiderschrank im Schlafzimmer, um einen meiner drei identischen dunkelblauen Anzüge herauszunehmen. Als Erstes fiel mir auf, dass die Kleider neu geordnet waren. Ich wusste nicht genau, was vorher wo gelegen und gehangen hatte, doch es wirkte im Ganzen übersichtlicher und irgendeiner neuen strengen Ordnung unterworfen. Meine Anzüge waren nirgends zu sehen.
    »Was machst du?«, fragte Katrina von der Tür aus.
    »Ich suche meinen blauen Anzug.«
    »Ich habe zwei deiner blauen Anzüge in die Reinigung gegeben. Du hast sie seit Monaten nicht mehr reinigen lassen.«
    »Und was soll ich jetzt anziehen?«, fragte ich und wandte mich zu ihr um.
    Wenn Katrina lächelte, erinnerte ich mich manchmal daran, wie ich mich in sie verliebt hatte. Es hatte gerade lange genug gedauert, um sie zu heiraten und Dimitri zu zeugen. Danach war die Luft raus. Wir hatten nie Sex und küssten uns kaum noch.
    »Du hast doch noch den ockerfarbenen«, sagte sie.
    »Wo ist der Anzug, den ich heute Abend anhatte?«
    »In der Wäsche. Das Revers war ganz fleckig. Zieh den anderen an.«
    »Ich hasse diesen Anzug.«
    »Warum hast du ihn dann gekauft?«
    »Du hast ihn für mich gekauft.«
    »Du hast ihn anprobiert. Du hast ihn bezahlt.«
    Ich riss den Anzug aus dem Kleiderschrank.
    »Wohin gehst du?«, fragte sie.
    »Ein Job. Ich muss für einen Klienten jemanden befragen.«
    »Ich dachte, du nimmst unter unserer Privatnummer keine Geschäftsanrufe an.«
    »Ja«, sagte ich und zog meine Jogginghose aus.
    »Leonid.«
    »Was, Katrina?«
    »Wir müssen reden.«
    Ich zog mich weiter aus.
    »Nach dem letzten Mal, als du das gesagt hast, habe ich dich acht Monate nicht gesehen«, sagte ich.
    »Wir müssen über uns reden.«
    »Kann das bis später warten, oder bist du weg, wenn ich nach Hause komme?«
    »Es ist nichts dergleichen«, sagte sie. »Mir ist nur aufgefallen, wie distanziert du
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