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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
Autoren: Jennifer Fallon
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heraufzubeschwören.
    So wie sie Stellan kannte, hatte er ihren Vater vermutlich nicht gern weggesperrt, dachte Arkady. Aber als Bary Morel sich in den Kopf setzte, die Ehre seiner Tochter zu verteidigen und dem Fürsten seine Diskretion zu verweigern, ließ er ihm keinen anderen Ausweg. Stellan hatte zweifellos seine Fehler, aber ein Mangel an Entschlossenheit gehörte nicht dazu.
    »Es tut mir leid, Arkady.« Ihr Vater stieß sich von den Gitterstäben ab. »Ich war sicher, dass ich das Richtige tue. Ich dachte, du wärst in den jungen Hawkes verliebt und wolltest in Wirklichkeit ihn heiraten.«
    Arkady lächelte säuerlich. »Mir hast du damals immer gesagt, Declan sei ein Unruhestifter, aus dem nie etwas Anständiges wird. Ich erinnere mich nur zu gut, wie du mir erklärt hast, ich soll mich von ihm fernhalten.«
    »Er hat es ja schließlich doch noch zu etwas gebracht«, räumte ihr Vater ein. »Zu einer respektablen Stellung. Wie man hört, hat er es im Dienste des Königs zu einigem Ruhm gebracht.«
    Ach, Papa, wenn du wüsstest, was aus Declan geworden ist.
    »Du willst mir also sagen, dir wäre es lieber, wenn ich einen mittellosen Unruhestifter geheiratet hätte statt eines reichen Fürsten?«
    »Wenn du in den mittellosen Unruhestifter verliebt warst, dann ja.«
    »Ganz schön altersmilde bist du geworden.« Sie wollte gar nicht so bitter klingen, aber sie konnte nicht anders.
    »Es tut mir leid um ihn.«
    »Um wen?«
    »Declan. Ich habe um ihn getrauert, als ich hörte, dass er bei diesem Brand vor ein paar Monaten in Herino umgekommen ist.«
    Arkady wandte den Kopf, um ihren Vater anzusehen. Allmählich wurde ihr klar, wie wenig er davon wusste, was sie im letzten Jahr getan und erlebt hatte. Wie wenig er überhaupt von ihr wusste. Wenn sie es genau bedachte, hatte ihr Vater keine Ahnung, was sie trieb, seit sie vierzehn war. Er hatte eine idealisierte Vorstellung von ihr. Er hatte sich Sorgen gemacht, dass Declan sie auf Abwege fuhren könnte; er sah in ihr nur das Opfer einer Reihe von Männern, die sie ausnutzten. Er hatte keine Ahnung, wie stark sie war und dass jede mühsam gewonnene Schlacht sie weiter abgehärtet hatte, bis es nicht mehr viel gab, was sie aus der Fassung bringen konnte. Er wusste nichts von den Unsterblichen. Seine kleinkarierten Sorgen erschienen ihm selbst so gewaltig, aber seine ganze Perspektive war bestimmt durch die Wände einer winzigen, engen Kerkerzelle.
    Wen scherte es denn, ob sie den Richtigen geheiratet hatte oder nicht, wenn vielleicht demnächst die ganze Welt unterging?
    Arkady stieß sich von der Pritsche ab und kam auf die Füße. Es war an der Zeit, ihren Vater über die Lage aufzuklären.
    »Declan ist nicht tot, Papa«, sagte sie und trat an die Gitterstäbe heran.
    Er lächelte sie traurig an. »Ich weiß ja, wie gern du das glauben möchtest, mein Liebes, aber …«
    »Nichts aber«, unterbrach sie ihn. »Ich weiß, dass er nicht tot ist, weil ich ihn gesehen habe. Gezeiten, Papa, ich hab mit ihm geschlafen. Als ich in Senestra war. Gleich nachdem ich als Lustsklavin dienen musste für einen ganz reizenden jungen Arzt, der sich dann als herzloser Massenmörder entpuppte.«
    »Arkady …«
    »Denkst du, die Zeit ist stehengeblieben, seit du hier drin hockst und dich in deinem verletzten Stolz und deinen Schuldgefühlen suhlst? Es gibt eine ganze Welt da draußen, von der du gar nichts weißt, Papa. Die Gezeiten steigen, die Unsterblichen versuchen die Weltherrschaft an sich zu reißen. Ein paar von ihnen lauern um den Thron von Glaeba, und ein paar andere sind gerade dabei, sich Caelum unter den Nagel zu reißen. Noch ehe das Jahr um ist, wird Torlenien in den Händen eines Gezeitenfürsten sein. Ein Unsterblicher will sich partout umbringen, und wen er dabei mitnimmt, ist ihm völlig schnurz. Ach ja, und wie sich vor Kurzem gezeigt hat, ist Declan jetzt auch einer von ihnen.«
    Sie sah, wie ihr Vater vor ihrem barschen Ton zurückwich, aber das war ihr egal. Sie hatte die Nase voll von seinem depressiven Selbstmitleid.
    »Also rückblickend betrachtet, wen hätte ich deiner Meinung nach lieber heiraten sollen? Den Fürsten, der mich für eine Weile reich gemacht hat und mit dem ich ein annehmliches Leben führen konnte, aber durch dessen Niedergang ich als Hure in die Sklaverei verkauft wurde? Oder den Unruhestifter, der jetzt, wie ich zuletzt gehört habe, auf dem Weg nach Jelidien ist, um zu seinen unsterblichen Brüdern zu stoßen – die dort gerade
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