Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 17 Madoka

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 17 Madoka

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 17 Madoka
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
kicherte kläglich.
    Sam sagte nichts mehr. Er räumte das Sofa weg, mit dem sie die Tür verbarrikadiert hatten, dann öffnete er die Tür, ehe Kaori es tun konnte. Der Flur war leer. Es gab keinen Hinweis darauf, dass der Kerl vor ihrer Tür gewesen war. Vielleicht hielt er sich noch in der Damentoilette auf, wartete auf sein nächstes Opfer.
    Sam überlegte, warum er sich angeboten hatte. Unbewaffnet, wie er war, stellte er schwerlich den idealen Beschützer dar. Möglicherweise wollte er den Burschen einfach einmal mit eigenen Augen sehen, der ihnen das antat. Wollte sich vergewissern, ob es ihn überhaupt gab, und dann sehen, wie er war und was ihn antrieb. Ihn unter Umständen in ein Gespräch verwickeln. Wenn es sich tatsächlich um einen Verrückten handelte, konnte man ihn vielleicht mit Worten besser angehen als mit Waffengewalt. Angriff war die beste Verteidigung. Ehe sie begannen, sich mit dem dummen Köder die Pulsadern aufzuschlitzen, wollte er wenigstens einen Versuch wagen. Andererseits musste er sich eingestehen, dass seine Fähigkeiten, verwirrte Menschen zu beschwichtigen, offenbar ihre Grenzen hatten. Die Gruppe hatte er überhaupt nicht unter Kontrolle. Bildete er sich wirklich ein, dass ein als Fischer verkleideter Irrer leichter zu beeinflussen sein würde?
    Er sah, dass Kaori die einzige war, die ihm folgte. Das war vermutlich gut so. Wenn sie alle gingen, würde der Kerl sich in die Enge getrieben fühlen. Es würde sich besser verhandeln lassen, solange er sich in Sicherheit wähnte.
    Gleichzeitig wurde Sam bewusst, dass die restlichen Sieben das Zimmer vermutlich wieder verrammeln würden. Wenn der Gestörte auf Sam und Kaori losging, hatten sie schlechte Karten.
    „Wir sollten die Männertoilette nehmen“, sagte Sam und versuchte es wie einen höflichen, aber bestimmten Vorschlag klingen zu lassen.
    Überraschenderweise widersprach Kaori nicht, sondern nickte. Als sie an der Damentoilette vorbeikamen, waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt. Sam drückte die Klinke der nächsten Tür und stieß diese auf.
    Der enge Vorraum mit den beiden Waschbecken war leer. Es roch stark nach Desinfektionsmitteln und ein klein wenig nach Urin. Im Inneren gab es noch eine Tür. Sie führte in den Raum, in dem die Pissoirs und die beiden Kabinen waren. Sam ging voraus, und er registrierte, dass Kaori die äußere Tür offen ließ, als sie ihm folgte. Er hätte sie gerne geschlossen gehabt, um sich notfalls dahinter zu verschanzen. Aber er verstand auch, dass Kaori nach ihrem Erlebnis lieber einen freien Fluchtweg hatte, und akzeptierte das.
    Auch im nächsten Raum war niemand, doch noch immer blieben zwei geschlossene Türen übrig: die der beiden Kabinen.
    Fast lautlos öffnete Sam die linke.
    Und der Schreck ließ ihn erzittern.
    Kaori hatte sich schon zur Flucht umgedreht, als sie seine Bestürzung sah, da spürte sie intuitiv, dass nicht der Verrückte in der Kabine lauerte, sondern etwas anders. Etwas, das sie sehen wollte. Nein, nicht sehen wollte . Sehen musste .
    Sam war zurückgewichen, und sie hatte einen guten Blick.
    Der Deckel der Toilette war geschlossen, und darauf lag in einer Wasserpfütze ein Fisch. Eine prächtige weiße Meerbrasse war es. Das Tier war tot, aber es zuckte noch, und einige Teile seines Körpers waren herabgefallen und lagen auf dem Deckel oder auf dem Boden verstreut.
    Ein Ikezukuri – bei lebendigem Leibe zerlegt und wieder zusammengesetzt.
    Doch dieser Anblick war nicht das schlimmste.
    Kaori und Sam gefror das Blut in den Adern, als sie durch die Trennwand hindurch das Geräusch von Metall hörten, das gegen Metall rieb. Das Geräusch von zwei Messerklingen, die übereinander gezogen wurden!
    „Raus hier!“, brüllte Sam, und die beiden stürzten aus der Toilette.
    Kaori floh den Flur entlang. Sam zögerte einen Augenblick und dachte daran, die Tür von außen zuzuhalten und den Wahnsinnigen damit in der Toilette einzusperren. Doch wie alle Türen auf der Station, ging auch diese nach innen auf, und es würde schwer sein, sie zu halten. Falls der andere stärker war oder die Klinke abbrach, war er verloren.
    Er gab den Plan auf und folgte Kaori. Diese hämmerte weinend und brüllend gegen die Tür des Fernsehraums, und als ihr nicht geöffnet wurde, stolperte sie in das nächste Zimmer, den kleinen Lagerraum. Sie stellte die beiden Tische gegen die Tür, setzte sich darauf und schluchzte.
    Sam wurde in keinen der beiden Räume gelassen und musste sich ebenfalls
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher