Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
eine umfangreiche Akte mit Unterschrift und Stempel. Einen fachmännischen Beweis, dass Artur Leik ein Mensch wie alle anderen war.
    Doch das war wohl zu viel verlangt. Die Gesellschaft hatte ihn freigesprochen – wenn er mit sich selbst haderte, war das sein Problem.
    Noch während der Haft hatte er beschlossen, nicht mehr nach Falkengrund zurückzukehren. Melanie gegenüber hatte er nicht davon gesprochen, aber er sah keinen Sinn darin, die Schule noch aufzusuchen. Er war nur wenige Tage dort gewesen und hatte keine Zeit gehabt, tiefe Kontakte zu knüpfen. Außer Melanie vermisste er niemanden, und der Unterricht interessierte ihn nicht. Sein Schutzengel war gebannt und damit nutzlos geworden – Margarete Maus konnte ihm weder etwas darüber erzählen, noch würde sie ihn ihm zurückgeben. Die Situation war zu einem Stillstand gekommen.
    Was also sollte er dort?
    Er hatte kein Zuhause. Nicht in Leipzig, wo er geboren war, nicht in München, wo er lange gelebt hatte. Erst recht nicht auf diesem Schloss, wo er von der ersten Stunde an ein Außenseiter gewesen war. Er war länger in Haft gewesen als auf Falkengrund.
    Vielleicht war es an der Zeit, ein neues Leben zu beginnen.
    Als er in den Schwarzwald gekommen war, hatte er sich eingebildet, seinem Leben damit eine neue Wendung zu geben. Er hatte sich selbst etwas vorgemacht. Als er nach Falkengrund kam, hatte er lediglich versucht, seine Vergangenheit zu verstehen, nicht, eine neue, bessere Zukunft zu bauen. Es war der falsche Ansatz gewesen.
    Jetzt war die Chance da. Er war immer ein Einzelgänger gewesen, hatte die Menschen gemieden. Und doch war er nie wirklich allein gewesen. Dieses Wesen in seinem Inneren war ihm gefolgt, wohin immer er auch ging.
    Nun war er zum ersten Mal in seinem Leben nur Artur Leik und nichts anderes.
    Mit gesenktem Kopf, wie ein Verbrecher, bezahlte er das Zimmer und verließ die Pension. Auch heute würde er wieder ziellos durch die Straßen gehen, wie er es die letzten Tage über getan hatte. Auf eine Idee warten, einen Ansatzpunkt, von dem aus er sein neues Leben beginnen konnte.
    Artur redete sich ein, dass er über seine Unabhängigkeit froh sein sollte.
    Doch im Inneren fühlte er sich entsetzlich einsam.

2
    Salvatore Cavallito trat auf das Bremspedal und stieß die Luft aus, als sein Gurt ihn auffing. Die lange, bordeauxfarbene Kühlerhaube des Maserati schien sich unter das Tier zu schieben, das ihm entgegenflog.
    Es war ein Hund – ein ausgewachsener schwarzer Rottweiler. Zweifellos ein hübscher Kerl, aber keine geeignete Kühlerfigur für den italienischen Schlitten. Die braunen Hinterpfoten schlitterten über die Haube, die Krallen der Vorderpfoten schabten über die Windschutzscheibe. Für einen Augenblick lag der Hund ausgestreckt vor ihm. Cavallito konnte die gegen die Scheibe gedrückten Zitzen erkennen. Eine Hündin.
    Dann sprang das Tier ungeschickt vom Wagen und blieb im Abstand von vier, fünf Metern mit heraushängender Zunge stehen. Sah herüber. Tänzelte ein wenig. Schien unschlüssig, was es als nächstes tun sollte.
    Der Dozent hatte den Motor nicht abgewürgt. Langsam legte er den Gang ein, setzte sich vorsichtig in Bewegung, ohne den Rottweiler aus den Augen zu lassen. Das Tier folgte ihm in einiger Entfernung. Nach hundert Metern bog es ab und verschwand zwischen den Bäumen.
    „Hast du kein Herrchen, haariger Bursche?“, murmelte der Professor für Mythologie. Er schaltete die CD-Wiedergabe ab. Wo eben noch klassische italienische Gitarrenmusik zu hören gewesen war, füllte nun nur noch das zahme Schnurren des Maserati Coupé das Autoinnere. „Oder liegt dein Herrchen irgendwo im Gebüsch, hatte einen Herzanfall und braucht Hilfe?“ Salvatore runzelte die Stirn. Der Gedanke war nicht einmal abwegig. Hunde pflegten normalerweise nicht auf fahrende Autos zu springen. Da kam man sich ja vor wie bei einer Safari durch den Wildpark! Außerdem konnte er froh sein, dass er nicht mehr das Cabrio fuhr, das er früher einmal besessen hatte ...
    Das Tor von Schloss Falkengrund tauchte auf, und der Professor bog ein. Er fuhr nicht auf den Parkplatz, sondern stellte seinen Wagen direkt vor der Eingangstür ab. Plötzlich hatte er es eilig. Er musste mit Margarete sprechen. Wenn an seiner Befürchtung etwas dran war, hatten sie keine Zeit zu verlieren. Es würde am besten sein, wenn sie alle Studenten alarmierten und sich gemeinsam auf die Suche machten. Vielleicht lag das Herrchen oder Frauchen dieses Hundes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher