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Falaysia - Fremde Welt: Band 1 (German Edition)

Falaysia - Fremde Welt: Band 1 (German Edition)

Titel: Falaysia - Fremde Welt: Band 1 (German Edition)
Autoren: Ina Linger
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konnte.
    Wie groß war die Enttäuschung, als er das Amulett zum Vorschein brachte. Konnte er nicht sehen, wie wertvoll es war und welches Glück, welche Macht es versprach? Der Stein in seiner Mitte schimmerte wie ein kostbarer Rubin… und leuchtete da nicht ein kleines Licht in seinem Inneren oder war es nur das Flackern des Feuers und der herannahende Tod, die den müden Augen des Alten einen Streich spielten?
    Dennoch erschien ein mattes Lächeln auf seinen Lippen und er hatte das Gefühl, das Richtige zu tun, als er mit einer kraftlosen Bewegung die Finger des Jungen um das Amulett schloss. Er konnte die Worte nur noch flüstern. Aber er wusste, dass der Junge sie hörte, obwohl er sie noch nicht verstehen konnte, in seiner Trauer und Verzweiflung nicht verstehen wollte . Er würde sie in sich aufnehmen, zusammen mit dem letzten Rest an Energie, die der Alte noch besaß, und eines Tages würde auch die Bedeutung dieser Worte in sein Bewusstsein dringen und ihn für immer verändern. Mit dieser Gewissheit schloss der Alte zum letzten Mal die Augen, sog zum letzten Mal mit einem tiefen Atemzug den Duft des Lebens in seine Nase.
     
    Der Tod kam leise… und er ging leise. Doch die Trauer und der Schmerz, die ihn auch dieses Mal begleiteten, blieben für eine ganze Weile. Nur sie konnte man hören, in den verzweifelten Schreien und Schluchzern des Jungen, der den Alten fest in seinen Armen hielt, seine Stirn gegen die des Toten pressend. Sie hallten von den Wänden der Höhle wieder, drangen hinaus in die kalte Nacht, flohen über die schneebedeckten Gipfel der Berge und verloren sich in der Einsamkeit einer dunklen, hoffnungslosen Welt.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

1
     
     
     
    E s war kein ungewöhnliches Gebäude, in dem sich die Stube der Hexe befand – ein schlichtes, graues, mehrstöckiges Haus, in der für eine Großstadt üblichen Blockform erbaut, mit vielen Fenstern und mehreren Eingängen.
    In die Wohnung der Hexe gelangte man durch keinen dieser Eingänge. Um dort hineinzukommen, musste man durch die dunkle Einfahrt gehen, die auf den Hinterhof führte, diesen überqueren, möglichst lautlos, um die neugierigen Nachbarn nicht aus ihrer alltäglichen, frustrierenden Langeweile zu wecken, und dann ein paar Stufen hinabsteigen, um schließlich durch die meist offen stehende Tür zu schreiten.
    Natürlich benötigte man dafür eine Menge Mut, die Fähigkeit sich schnell fortzubewegen, wenn es brenzlig wurde, und eine gehörige Portion Verstand, um sich herauszureden, falls die Hexe einen schließlich doch erwischte.
    Benjamin besaß all diese Eigenschaften, jedoch war er sich nicht so sicher, ob auch nur einer der anderen Jungen, die neben ihm im Gebüsch kauerten, über eine dieser Fähigkeiten verfügte. Der kleine Justin, der schräg hinter ihm kniete, keuchte vor Aufregung so laut, dass sie eigentlich auch mit einer Dampflokomotive hätten vorfahren können. Sein älterer Bruder Kevin, der dicht an Benjamin gerutscht war, um auch etwas sehen zu können, schob sich jetzt schon den dritten Kaugummi in den Mund und schmatze ihm so hektisch ins Ohr, dass Benjamin immer wieder kleine Speicheltropfen an die Wange klatschten. Und Michael, mit seinen zwölf Jahren der Älteste, sah angespannt hinüber zur Treppe, während er gleichzeitig angestrengt versuchte, so entspannt und cool wie möglich auszusehen, um seiner Rolle als Anführer der Bande trotz der Aufregung noch gerecht zu werden.
    „Okay, wenn du bis zur Tür kommst, bist du schon ziemlich gut“, sagte er schließlich lässig, nachdem er sich noch einmal vergewissert hatte, dass auch wirklich niemand anderes im Hof zu sehen war. „Aber das reicht nicht, um in unsere Bande zu kommen. Dafür musst du da reingehen und darfst erst nach fünf Minuten wieder rauskommen!“
    Benjamin dachte einen Moment nach und nickte dann. Obwohl er der Einzige war, der diese Mutprobe heute zu bestehen hatte, war er dennoch der Ruhigste von allen dreien. Wenn er ehrlich war, bewegte ihn die ganze Geschichte nicht ein bisschen. Dies hatte zwei Gründe. Der Erste und Wichtigste war wahrscheinlich, dass er nicht so richtig an Hexen glaubte. Die wenigsten Menschen taten das wohl, aber hier in diesem Wohnblock war es etwas anderes. Hier waren im Laufe der Jahre schon viele wundersame Dinge geschehen, die sich die Menschen einfach nicht erklären konnten. Personen verschwanden und tauchten völlig verwandelt wieder auf,
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