Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fächergrün

Fächergrün

Titel: Fächergrün
Autoren: B Leix
Vom Netzwerk:
erreichen.«
    »Vielleicht waren Carlo und Giuseppe ja wirklich nur Randfiguren«, überlegte Lindt. »Aber was ist mit Vittorio Gallo, dem Kapo? Verschwunden seit sechs Jahren. Oder habt ihr den auch im Beton gefunden?«
    Willms schüttelte den Kopf: »Ich wiederhole mich ungern. Aber dir zuliebe, Oskar, noch mal ganz langsam zum Mitschreiben: Die jüngste Leiche ist seit sieben Jahren tot und außerdem eine Frau, nämlich diese Patricia Varese. Also konnte Vittorio kaum dabei liegen, wenn er erst seit sechs Jahren verschwunden ist. Kapiert?«
    »Vielen Dank für deine übergroße Geduld, mein lieber Ludwig. Wer vor sechs Jahren verschwunden ist, kann nicht seit mehr als sieben Jahren tot sein. So weit kann ich dir folgen. Aber lasst uns das Pferd mal andersrum aufzäumen: Der Kapo ist seit sechs Jahren weg und seither wurden keine neuen Leichen mehr im Maiwald-Keller einbetoniert. Dieser Zusammenhang liegt für mich auf der Hand. Oder sieht das jemand anders?« Er schaute in die Runde.
    »Du hältst also Vittorio Gallo für den Mörder?«
    »Nicht unbedingt, Ludwig. Vielleicht war er auch nur der Totengräber.«
    »Und warum hätten die Brüder Maiwald so etwas in ihrem Schuppen dulden sollen?«, fragte Paul Wellmann. »Die waren doch ihr Lebtag nicht in krumme Geschäfte verwickelt – die Redlichkeit in Person sozusagen.«
    »Vielleicht nur nach außen hin. Erinnere dich daran, wie sie die jungen Italiener ausgenutzt haben. Schlecht bezahlt und dazu die Miete in bar einbehalten. Wo es was zu holen gab, waren die Maiwalds gleich dabei.«
    »Vielleicht haben sie ja Liegegeld kassiert? Privater Friedhof im Keller, garantiert pflegeleicht.«
    »Oder sie waren erpressbar. Mieteinnahmen ohne Quittung sind definitiv Schwarzgeld und Vittorio wusste auf jeden Fall davon.«
    »Leider können wir ihn nicht fragen, deshalb suchen wir weiter nach Fakten. Gibt es noch andere Ergebnisse?«
    Ludwig Willms schüttelte den Kopf: »Die DNA-Abgleiche laufen. Es dauert halt seine Zeit, Hunderte von Proben zu analysieren. Wir hoffen natürlich, dass wir die Identität der restlichen drei Leichen auf diese Art klären können, aber ich glaub nicht so recht daran. Sind einfach zu alt.«
    »Wie wäre es denn mit Familienfehden?«, warf Paul Wellmann ein. »Die Clans der ’Ndrangheta kämpfen doch sicher auch gegeneinander um die Vorherrschaft in bestimmten Gebieten.«
    KO-Bauer fühlte sich angesprochen: »Das müssen wir mit den Italienern klären. Falls die Identifizierten ein und derselben Sippschaft angehört haben, könnte an dieser Theorie was dran sein.«
    Ludwig Willms schob ihm die Akte über den Tisch: »Wenn ich neue Ergebnisse habe, bekommst du sie sofort.«
     
    »Und was machen wir so lange?«, wollte Jan Sternberg wissen, als er mit Lindt und Wellmann wieder alleine im Büro war.
    »Gute Frage«, brummte der Chef der Mordkommission und sah auf die Uhr. »Freitag, 11 Uhr, am besten, wir gehen ins vorgezogene Wochenende.«
    »Im Ernst?«
    »Warum nicht? Überstunden haben wir in dieser Woche ja genügend angehäuft.«
    »Oh nein, auch das noch!« Sternberg starrte entsetzt auf seinen Computermonitor. »Was da steht, das sage ich Ihnen lieber gar nicht, Chef. Versaut das ganze Wochenende.«
    »Kann’s mir auch so denken. Mail vom Kurzen?«
    »Ergebnis der Haftprüfung. Vor einer halben Stunde hat der Ermittlungsrichter die Gallos freigelassen.«
    »Dieses Mal werden sie wahrscheinlich fliegen, heim nach Italien«, meinte Lindt resigniert, lehnte sich zurück und schloss die Augen. »Eine Kette von Misserfolgen«, stöhnte er. »Unsere einzigen Verdächtigen und dieses A… von einem Richter lässt sie laufen.«
    »Oskar, reg dich nicht auf«, legte ihm Paul Wellmann die Hand auf die Schulter. »Die hätten eh nichts gesagt.«
    Lindt schoss in die Höhe, knallte ein Aktenbündel auf den Schreibtisch, brüllte: »Scheiße, Scheiße, Scheiße!« und stürmte hinaus. »Wochenende«, war alles, was seine Kollegen noch hören konnten, bevor die schwere Bürotür hinter dem massigen Kommissar zuschlug.
    Er stürmte den Gang entlang, stampfte durch das hintere Treppenhaus nach unten in den Hof, riss die Fahrertür seines Wagens auf, ließ sich auf die Polster fallen und gab Gas. Schiebedach auf – er atmete durch – der blaue Himmel – wie eine Erlösung.
    Fahren, rollen, gleiten, irgendwann war er auf der B 36 in Richtung Norden. Neureut, Eggenstein, Linkenheim, immer weiter, immer fahren. Oskar Lindt wusste nicht wieso,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher