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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie
Autoren: Constantin Gillies
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Impossible<. Naja, und Mullen und Clayton von U2 lieferten '96 die Titelmusik zum Kino-Remake von >Mission Impossible< mit Tom Cruise.«
    Nicks Gedächtnis haut mich immer wieder um.
    »Unfassbar, dass du die Namen von den U2-Clowns kennst ...«
    Diesmal hält die Genugtuung allerdings nicht lange an, und nach wenigen Sekunden verschwindet das zufriedene Grinsen wieder von seinem Gesicht. Nach weiteren zwei Leben meldet er sich aus seinem Brüten zurück: »Weißt du, worauf ich mal wieder Bock hätte? Doom .«
    »Drei?«
    »Natürlich zwei!«, sagt Nick entsetzt.
    »Okay.«
    Was immer ihn happy macht. Und schon sind wir wieder in unserem Element: Retrogaming. Wie viele Jungs unseres Jahrgangs sind wir mit Doom auf eine besonders innige Art verbunden. Das Spiel war eine Art von Offenbarung. Anfang der Neunziger muss das gewesen, kurz vor dem Vordiplom. Einen 386er, ein Nullmodem, eine Palette Karlskrone-Dosen und die BFG 9000, die Big Fucking Gun - mehr brauchten wir damals nicht zum vollkommenen Glück. Dafür nahm man auch die sperrigen DOS-Befehle hin, lernte »/p« einzugeben, damit der Inhalt einer Directory nicht mehr in Lichtgeschwindigkeit vorbeiraste, und hantierte mit speicherschonenden Startdisketten. Wohl kaum jemand wird jemals vergessen, wie unendlich cool das Grunzen der braunen Monster im Kopfhörer klang, wenn man nachts allein in seiner Bude saß. Zum ersten Mal gab es das Gefühl, wirklich in ein Game einzutauchen. Um diesen Genuss heutzutage noch mal zu erleben, muss man tief in die Trickkiste greifen: Längst sind die Rechner viel zu schnell für das alte DOS-Programm geworden, und Laufwerke für die fünf 3,5-Zoll-Disketten, auf denen Doom.exe daherkam, sind bei neuen Rechnern schon seit Jahren nicht mehr eingebaut. Wir haben ein paar Mal versucht, das Spielerlebnis mit moderner Technik nachzustellen - mit Emulatoren und Programmen, die den Prozessor mit unsinnigen Aufgaben bombardieren und so ausbremsen. Doch irgendwas fehlte immer. Nicht umsonst heißt deshalb die oberste Regel beim Retrogaming: Du musst nicht nur die Software, sondern auch die Hardware aufbewahren. Man kann Nick viel vorwerfen, aber nicht, dass er dieses Gesetz nicht befolgt hätte. Im Laufe der Jahre hat er seine Bude in ein Hardware-Hotel verwandelt, das den Vergleich mit einem Museum nicht scheuen muss. Kein Speichermedium ist zu veraltet, und keine Hardware-Plattform zu obskur, um auf diesem Medienfriedhof nicht noch ein Plätzchen zu finden. Nick ist so eine Art Necromaniac der Informationsgesellschaft. er liebt die Untaten des Infozeitalters; bei ihm kommen die Medienzombies längst vergangener Tage unter. Da mein Keller nach drei Rheinhochwassern nicht mehr als Lager taugt, habe ich meine Dead-Media-Sammlung vor ein paar Jahren zu Nick geschafft. Hauptsächlich Audiozeug, ein altes Achtspur-Autoradio, ein seltenes Elcaset Tapedeck, DAT-Recorder und so was. Eigentlich bin ich vom Audiotrip runter, aber ab und zu muss man bei Juwelen doch zuschlagen. Mein letzter Lustkauf war ein Stapel Bone Records aus Russland. So haben sie hinterm Eisernen Vorhang Langspielplatten genannt, die illegal auf benutzte Röntgenfilme gepresst wurden. Wenn man die auflegt, dreht sich dann zum Beispiel eine Lungenaufnahme auf dem Plattenteller, während Ziggy and the Spiders from Mars vor sich hinknistern. Allerheißeste Ware, die aus der Kälte kam. Aber insgesamt haben wir unsere Audio-Video-Phase schon hinter uns, zumal da ja auch kaum was neues Altes dazukommt. Abspielgeräte für Normal/Super 8, 16mm-Film, Bildplatte, Betamax, Video 2000, iCD und so haben wir schon da, genau wie alle gängigen Kameraformate. Wenn Rob Lowe also mal wieder sein selbst gedrehtes Sex-Tape von der Originalkassette anschauen will, kann er gerne bei uns anrufen!
    »Dann woll'n wir mal«, nuschelt Nick und schwingt sich vom Sofa hoch. Der uralte Pentium II mit 200 Megahertz, auf dem Doom perfekt läuft, steht noch von unserem letzten Retroanfall spielbereit in der Ecke. Als einziges Zugeständnis an die Halbwegs-Moderne schließen wir den vergilbten Kasten an einen 19-Zoll-Monitor an. Schon nach wenigen Minuten stellen sich heftige Heimatgefühle ein. Für Nichtspieler mag das komisch klingen, aber bei der Refueling Base um die Ecke zu kommen und zum ersten Mal wieder den runden Innenhof zu sehen - das hat was von Nach-Hause-Kommen. Also nach links, wieder links in den dunklen Raum und so lange rumrennen, bis man Dutzende von Troopern auf den Fersen hat. Und
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