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Exil - Wartesaal-Trilogie ; [3]

Exil - Wartesaal-Trilogie ; [3]

Titel: Exil - Wartesaal-Trilogie ; [3]
Autoren: Aufbau
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1898–1944), der 1933 nach Frankreich emigriert war, von dem Gestapoagenten Wesemann nach Basel gelockt und von dort nach Deutschland entführt. Der Fall sorgte für ungeheueres Aufsehen und löste eine internationale Hilfsaktion aus. Jacob mußte freigelassen werden und konnte nach Frankreich zurückkehren. (Fünf Jahre später, während seines Versuchs, über Lissabon in die USA zu entkommen, wurde er erneut nach Deutschland deportiert. Er starb nach dreijähriger KZ-Internierung 1944.) – Das Schicksal der Emigrantenzeitung gab den Stoff für die zweite Handlungsebene. Im Roman handelt es sich um die »Pariser Nachrichten«, in der Realität, so Feuchtwangers nachdrücklicher Hinweis, um »Westland«, eine Wochenzeitung, die in Saarbrücken erschien. Sie wurde für 240 000 Franken verkauft. Wie sich erst danach herausstellte, an einen Mittelsmann von Goebbels. Für die meisten Emigranten stand allerdings bereits vor Erscheinen des Buches »Exil« fest, daß die Vorgänge in einer anderen Redaktion den Stoff geliefert hatten: 1933 hatte Georg Bernhard, zuvor Redakteur der »Vossischen Zeitung«, das »Pariser Tageblatt« gegründet, die einzige Tageszeitung der Emigranten. Am 11. Juni 1936 wurde der Besitzer, der Verleger Wladimir Poljakow, von den Redakteuren öffentlich beschuldigt, die Zeitung »an den Propagandaapparat des Dritten Reiches« verkaufen zu wollen. Unter eigener Regie gaben sie deshalb vom nächsten Tag an die »Pariser Tageszeitung« heraus. Für ihren Verdacht hatten sie keine stichhaltigen Beweise; es kam zu Gerichtsprozessen, und Poljakow wurde 1938 rehabilitiert. Aber der ganzeVorfall hatte die teils schwelenden, teils offen ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten der Emigranten vertieft und zu beträchtlichen Auseinandersetzungen und gegenseitigen Angriffen geführt. – Die Vermutung von Joseph Pischel in seiner Feuchtwanger-Biographie (Leipzig 1983), Feuchtwanger habe mit dem Hinweis auf »Westland« von dem »Pariser Tageblatt« ablenken wollen, um zu vermeiden, »alte Wunden aus dem Jahre 1936 aufzureißen und alte, verhängnisvolle Streitereien zu schüren«, kommt der Wahrheit sicher sehr nahe.
    Das Wartesaal-Motiv, das Feuchtwanger als Titel für die Trilogie (»Erfolg«, »Die Geschwister Oppermann«, »Exil«) wählte, taucht in »Exil« zum erstenmal auf und wird, als Thema einer Komposition, auch definiert und interpretiert (Seite 635 f.). Die Zusammengehörigkeit der Romane tritt in »Exil« deutlicher hervor als in den »Geschwistern Oppermann« und ergibt sich nicht nur aus der gemeinsamen Thematik (»die Geschehnisse in Deutschland zwischen den Kriegen von 1914 und 1939, das heißt, der Wiedereinbruch der Barbarei in Deutschland und ihr zeitweiliger Sieg über die Vernunft«). Strukturelemente, Motive, Figurenkonstellationen aus »Erfolg« werden aufgenommen, zum Beispiel die komplizierte Vater-Sohn-Beziehung, mit der zugleich Zeitgeist transportiert wird – Rechtsanwalt Dr. Geyer/Erich Bornhaak in »Erfolg«, Erich Wiesener/Raoul de Chassefierre in »Exil«; die Ambitionen für lokal- bzw. zeitgeschichtliche Forschung als aktuelle Fallstudien – Dr. Geyer schreibt die »Geschichte des Unrechts in Bayern«, Erich Wiesener »Historia Arcana«, die Geheimgeschichte über »jene politischen und sozialen Begebenheiten, um die er weiß und von denen er nicht schreiben darf«; die Kunstproduktion als Darstellungsgegenstand, durch die aus Erfahrungen Feuchtwangers resultierende neue Geschichtskonzeptionen (»Es ist leider ein Schmarrn, wenn man behauptet, Geist ohne Gewalt könne sich durchsetzen«) vermittelt werden – Tüverlins und Trautweins literarische Arbeiten bzw. Kompositionen. Es gibt sogar ein Comeback für ein paar Gestalten aus »Erfolg«.Balthasar Hierl, der Münchner Komiker, darf im Rundfunk ein paar seiner inzwischen zahnlos gewordenen Geschichten zum besten geben. Mehrfach ist der Schriftsteller Jacques Tüverlin, in »Erfolg« Feuchtwangers literarisches Ebenbild, präsent. Feuchtwanger gibt sich in ihm auch hier wieder deutlich zu erkennen: Tüverlin ist von einer Moskaureise zurückgekehrt und polemisiert gegen die Darstellung der Sowjetunion in der Broschüre eines bekannten französischen Autors. – Feuchtwangers Buch »Moskau 1937. Ein Reisebuch für meine Freunde«, war eine Erwiderung auf André Gides Bericht »Retour de l’URSS«.
    Der ersten Ausgabe von »Exil« 1940 konnte in den nächsten acht Jahren keine zweite im deutschsprachigen Raum folgen.
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