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Ex en Provence

Ex en Provence

Titel: Ex en Provence
Autoren: Elke Ahlswede
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Marathon-»Zicke-Zacke-Hühnerkacke«-Spielen. Mit mir natürlich. Von Scharlach keine Spur.
    Dann war auch schon Samstag und Jules Anflug von ordinärer Mandelentzündung gänzlich ausgestanden. Und Ralph und ich hatten unser Date.
    Kurz vorher kam Alina, unser Babysitter: gerade 20 geworden, hüftlange naturblonde Haare, neckisches Nasen-Piercing, nabelfreies Top, mit dem sie gemeinsam zum Schrumpfen in den Wäschetrockner gehüpft sein musste, damit es so eng anliegen konnte. Tapfer bis hochgradig geisteskrank verzichtete sie auch auf eine Jacke, die diesen Namen wirklich verdiente, obwohl in Berlin februartypisches Tundra-Wetter herrschte. Aber was die Jule-Betreuung betraf, war sie zuverlässig.
    Ich stellte Alina wie üblich ein Schälchen Gummibärchen vor den Fernseher, und dann hatten Ralph und ich einen ganz netten Abend. Kein Feuerwerk neu erwachter Liebe, auch immer noch keine wilde Begierde, aber immerhin konnten wir die Krise diplomatisch beilegen.
    Auf dem Heimweg sagte Ralph tatsächlich noch, was es doch für eine seltsame Sache mit diesen SMS gewesen sei. Sie mussten wohl fehlgeleitet worden sein. Ich war zu müde, um weiter darüber nachzudenken.
    Dann fuhr er Alina nach Hause, die sich als Proviant noch eine Handvoll Gummibärchen aus der Schale gegriffen hatte. Ich weiß nicht, wann Ralph zurückkam. Ich war schon eingeschlafen.
    Am nächsten Tag landete wieder eine SMS meines Noch-Ehemanns auf meinem Handy:
    Noch nie habe ich Gummibärchen so genossen. Du bist wunderbar! Wann sehen wir uns wieder?
     
    Tja.
    Schon ein paar Tage später zog Ralph aus. Vorher tauschte er aber noch sein tolles Smartphone um, denn diese SMS -Adressauswahl schien ihn doch etwas zu überfordern. Ganz Unternehmensberater, erklärte er mir sachlich und nüchtern, er wolle mit Alina ein neues Leben beginnen.
    »Und ich?«, fragte ich, kurz bevor unsere Villeroy-&-Boch-Kaffeekanne, ein – wie ich schon immer fand – außergewöhnlich hässliches Hochzeitsgeschenk, knapp neben Ralphs Kopf an unserer Esszimmerwand endlich ihrer wahren Bestimmung zugeführt wurde.
    »Ach, Anja, du hast dich in den letzten Jahren so verändert«, sagte mein werdender Exmann. »Also, ich meine deine innere Einstellung und so …«
    Innere Einstellung? Ich habe es genau gesehen: Ralphs Blick wanderte in diesem Moment tatsächlich von meinen Hüften, die mich mit ihren Schwangerschafts-Fettdepots noch locker über die nächsten drei Stillzeiten bringen könnten, über meinen eigentlich noch nie ganz waschbretttauglichen Bauch.
    »Ich weiß auch nicht. Alina lässt mich jedenfalls wieder richtig aufleben«, sagte er, immer noch, ohne mir in die Augen zu schauen.
    »Und Jule?« Meine Stimme geriet langsam außer Kontrolle. Und das Zuckerdöschen verfehlte Ralph nur noch um Haaresbreite.
    »Natürlich werde ich mich um unsere Tochter kümmern«, sagte Ralph beherrscht. »Und Alina mag sie doch auch. Keine Sorge.«
    »Und dass Alina selbst deine Tochter sein könnte?«
    Treffer! Das Milchkännchen saß, zwar leider nicht auf Ralphs Stirn, aber dafür auf unserem Hochzeitsfoto in diesem grässlichen, mit Herzchen dekorierten Porzellanrahmen. Ja, ich kann sehr effizient sein. Und Ralph sehr ignorant: »Na und?«, lautete seine Antwort. »Man lebt nur einmal.«
    Es folgte das Übliche: Ich verringerte unseren Porzellanbestand systematisch weiter und heulte allen greifbaren Freundinnen die Ohren voll. Dazu ließ ich mir von meiner Alt-68er-Mutter sagen, dass ich doch froh sein sollte, diesen Langweiler endlich los zu sein, hörte mir das »Jetzt-beginnst-du-dein-Leben-endlich-richtig«-Kommando meiner Schwester an und klammerte mich an Jule, die mit der Situation erschreckend gut klarzukommen schien.
    »So ist das eben«, erklärte sie ihren Freundinnen. »Papa und Mama geht es jetzt besser so.«
    Das traf auf mich eine ganze Weile allerdings nicht ganz so zu – vor allem nicht an jenen endlosen Wochenenden, die Jule mit Ralph und Alina verbrachte. Pünktlich zu meinem 40. Geburtstag ging es mir genau genommen so schlecht, dass ich selbst in Schokolade keinen Trost mehr fand und für meine Verhältnisse regelrecht abmagerte.
    »Immer noch kein Croissant?« Monsieur Croizet reißt mich aus meinen Gedanken. Etwas abwesend schüttele ich den Kopf. »Wie schade«, sagt er. »Aber dann sicher später.«
    Oh, ganz bestimmt. Wenn Sie mich auch nur noch ein einziges Mal fragen, werde ich sicher nicht mehr widerstehen können.
    Dann schiebt er mich die
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