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Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht

Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht

Titel: Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht
Autoren: Alyson Noël
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einmal gestoßen bin, und weiß, dass wie Yin und Yang jedes Licht seine Finsternis hat, offenbar auch das Sommerland.
    »Ich habe diesen Ort geschaffen, Ever. Speziell für dich – für uns. Was bedeutet, dass auch ich derjenige bin, der die Szenen bearbeitet.« Er stellt es wieder an, hat aber gezielt einen angenehmeren Anblick ausgewählt, bei dem wir beide uns in Abendgarderobe von einem Ball davonschleichen. Ein glücklicher Ausschnitt aus dem leichten Londoner Leben, das ich so gern mag – ein offenkundiger Versuch, die Stimmung zu heben und die Düsternis zu vertreiben, die wir alle beide soeben durchlebt haben –, doch es funktioniert nicht richtig. Wenn man sie einmal gesehen hat, lassen sich die schrecklichen Bilder nicht so leicht verdrängen.
    »Es gibt viele Gründe, warum wir uns nicht an unsere früheren Leben erinnern, wenn wir wiedergeboren werden – und das, was du gerade erlebt hast, ist definitiv einer davon. Manchmal sind sie einfach zu schmerzhaft, um sich damit zu befassen – es ist zu schwer, darüber hinwegzukommen. Erinnerungen sind hartnäckig. Ich muss es wissen, mir gehen nämlich auch einige davon nach. Seit über sechshundert Jahren.«
    Obwohl er auf den Bildschirm zeigt, auf eine erheblich
fröhlichere Version von mir – es hat keinen Zweck. Es gibt keine unmittelbare Schnellkur für das, was ich jetzt weiß.
    Bis zu diesem Moment war ich mir sicher, dass mein Leben als niedrige Pariser Dienstmagd das Schlimmste war, was meine Vergangenheit zu bieten hatte. Aber eine richtige Sklavin? An so etwas hätte ich niemals gedacht – wäre nicht im Traum darauf gekommen. Und ehrlich gesagt hat mir die Brutalität der Szene den Atem stocken lassen.
    »Der Zweck der Wiedergeburt ist, so viele verschiedene Leben kennen zu lernen wie möglich«, sagt Damen, während er meine Gedanken liest. »So lernen wir die wichtigsten Lektionen der Liebe und des Mitleids – indem wir buchstäblich in die Haut des anderen schlüpfen, die dann letztlich unsere eigene wird.«
    »Ich dachte, du hättest gesagt, es ginge darum, unser Karma ins Gleichgewicht zu bringen.« Ich runzele die Stirn und versuche, aus alldem schlau zu werden.
    Er nickt mit geduldiger, freundlicher Miene. »Wir entwickeln unser Karma durch die Entscheidungen, die wir treffen, dadurch, wie schnell – oder wie langsam – wir erfassen, was in der Welt wirklich zählt – wie schnell wir uns dem wahren Grund dafür unterwerfen, aus dem wir hier sind.«
    »Und der wäre?«, frage ich, immer noch reichlich durcheinander. »Der wahre Grund, meine ich?«
    »Einander zu lieben.« Er zuckt die Achseln. »Nicht mehr und nicht weniger. Es klingt recht einfach, als müsste es ziemlich einfach zu bewerkstelligen sein. Doch ein intensiver Blick auf unsere Geschichte, einschließlich der Geschichte, die du gerade gesehen hast, macht einem, denke ich, begreiflich, wie schwer es manchen fällt, diese Lektion zu lernen.«

    »Dann hast du also versucht, mich vor alldem zu schützen? «, frage ich, da mich mittlerweile die Neugier plagt. Ein Teil von mir will mehr sehen, sehen, wie sie/ich das alles überstanden hat – und ein Teil von mir weiß, dass jeder, der gelernt hat, eine solche Tracht Prügel mit solcher Würde und solcher Ungerührtheit zu ertragen, bereits viel, viel mehr davon durchlitten hat.
    »Trotz der Szene, die du gesehen hast, musst du wissen, dass es auf jeden Fall auch helle Seiten gab. Du warst so schön, so strahlend, und als ich es erst einmal geschafft hatte, dich dort herauszuholen …«
    »Warte – du hast mich gerettet?« Ich sehe ihn an, die Augen weit aufgerissen, als betrachtete ich meinen ganz persönlichen Märchenprinz. »Du hast mich frei bekommen?«
    »Gewissermaßen …« Er nickt, aber sein Blick weicht meinem aus, seine Stimme wird belegt, und es ist offensichtlich, dass er die Sache nicht weiter vertiefen möchte.
    »Und, waren wir … glücklich?«, frage ich, da ich es aus seinem Mund hören muss. »Ich meine, wirklich richtig glücklich?«
    Er nickt erneut. Hebt rasch den Kopf und senkt ihn wieder, doch das ist alles.
    »Bis Drina mich umgebracht hat«, sage ich und ergänze damit den Teil, den er verschweigt. Immer ist sie es gewesen, die meinen Tod beschleunigt hat, also warum sollte ein Leben als Sklavin anders enden? Ich registriere, wie sich seine Miene grimmig verzerrt und er unruhig die Hände ringt, doch ich lasse mich nicht einfach so abspeisen. »Also, dann erzähl mir mal, wie sie es dieses Mal
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