Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es ist ja so einfach

Es ist ja so einfach

Titel: Es ist ja so einfach
Autoren: Mary Scott
Vom Netzwerk:
würde, um ein Leben im Nichtstun zu führen. Ich war in den Journalismus geraten und liebte diese Tätigkeit von Anfang an, weil sie einen mit Menschen jeder Art in Kontakt bringt.
    Die meinen Mitmenschen geltende unstillbare Neugier und eine tüchtige Portion Glück dazu hatten mir die rechte Chance gegeben. Ich war bei meiner Zeitung nicht nur Reporterin für Gesellschaftliches, sondern außerdem — ganz geheim und nicht ohne Schamgefühl — auch für einen großen Kreis argloser junger Leser die >Tante Maudie<. Sie schrieben mir über ihre Liebesprobleme, ihre Streitigkeiten mit Schwiegermüttern, über vermutete Treulosigkeit des jeweiligen Ehegatten, und ich antwortete ihnen allen, weise, gemäßigt, voller Mitgefühl. Natürlich dachten sie alle, ich sei fünfzig, anstatt erst vierundzwanzig.
    Ich genoß jede Minute meiner Tätigkeit, weil es immer wieder erregend war, so verblüffend offenherzig ins Vertrauen gezogen zu werden, aber lieber wäre ich gestorben, als auch nur einen von meinen Bekannten wissen zu lassen, daß ich die gute alte >Tante Maudie< war. So blieb es denn dabei, daß sie sagten, es sei ein erfreulicher Zug an Helen, daß sie bei einer Zeitung arbeite, und sich erinnerten, daß ich ganz gute Aufsätze geschrieben hatte, als wir zusammen zur Pensionatsschule gingen.
    Mutter hatte für meine Erziehung an nichts gespart. Wenn Verwandte sie darauf hinwiesen, daß die Kosten für ihre Verhältnisse doch zu hoch seien und mir wahrscheinlich mit einer einfachen höheren Schule besser gedient sei, sah sie immer ganz bestürzt aus und sagte: »Aber es ist die Schule, auf der ich selbst gewesen bin. Also muß Helen doch wohl auch da hingehen.«
    Die Freundinnen, die ich dort gewonnen hatte, hielten zu mir, und so lebte ich in einem Kreise von munteren geselligen Menschen, was für eine Reporterin höchst vorteilhaft war. Ich saß schon gut im Sattel, als Mutter starb — ganz plötzlich und viel zu früh — und mein Bruder Peter und ich ein Auto und eine Anzahl schöner Möbel erbten und jeder etwa achtzig Pfund jährlich zu verzehren hatten. Peter war damals achtzehn und mit der Schulzeit auf seinem ebenso vornehmen und teuren Institut gerade fertig. Er folgte meinem Beispiel und begann sofort bei einer Zeitung.
    Ich hatte gehofft, er würde in derselben wie ich eine Stellung finden, doch er ging in eine andere, so daß wir auseinanderkamen. Das bekümmerte mich, weil Peter nie sehr robust gewesen und ich daran gewöhnt war, ihn zu bemuttern. Er ließ sich das gefallen, freilich nicht sehr gern, glaube ich, da er nicht zu den Unselbständigen gehört. Deshalb wird er mich wohl, obgleich wir uns innig liebten, übereifrig gefunden haben. Da ich zum Glück richtig erkannte, daß er für mich zur >Achillesferse< wurde, zügelte ich, als er zweiundzwanzig und ich vierundzwanzig war, meine Muttergefühle.
    Weil ich recht ordentlich aussah und schon mein Beruf eine gewisse Eleganz verlangte, waren meine Freundinnen überzeugt, daß ich früh heiraten würde.
    Doch das geschah nicht, zum Teil gewiß, weil keiner der Männer, die mich zu Parties und zum Tanzen mitnahmen, mich wirklich interessierte. Für mich war Peter viel attraktiver als alle andern. So hatte ich glücklich und höchst umsichtig gelebt, und mein Name wurde mit keinem von den heiratsfähigen jungen Männern ernsthaft in Verbindung gebracht. Auch hatte ich keinen Versuch gemacht, die Ehe einer meiner Freundinnen zu brechen. Männer waren bisher in meinem Leben eine angenehme Ablenkung gewesen, weiter nichts.
    Luigi war sogar kaum das gewesen. Wir hatten zusammen gespielt, gelacht und getanzt, doch seine groteske Ergebenheit und seine tragikomischen Anträge hatte ich eigentlich nur als Scherz aufgenommen. Na, jetzt trieb er mit mir seinen Scherz.
    Ich goß mir Kaffee auf, saß grübelnd vor der Tasse und bemerkte kaum, daß der Hund erwachte, sich zur Seite neigte und sanft das Brot und die Butter von meinem Teller wegputzte. Als ich ihn schalt, wedelte er milde mit dem Schweif und legte mir mit freundlichem Nachdruck seine Schnauze in die Hand. Später sollte ich seine Energie noch kennen und respektieren lernen. Venedig, ein Hund, der seine Zwecke sanft, aber unbeugsam verfolgte, hatte mich bereits als potentielles Opfer erwählt. Vermutlich bin ich für diese Rolle geboren, aber noch kein Mann hatte soviel Verstand gehabt, das zu erkennen.
    Plötzlich kam mir eine Idee, und laut sagte ich: »Zwinger. Selbstverständlich, Zwinger.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher