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Erzählung

Erzählung

Titel: Erzählung
Autoren: Gabriel Marcel
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warf dem Manne ein anderes zu und rief:
    »Jetzt wehre Dich Deiner Haut, oder ich tödte Dich wie einen Hund!«
    Dieses entschlossene Auftreten brachte den Unzufriedenen schnell wieder zu Verstand und bald herrschte allgemeine Ruhe.
    Während des hiesigen Aufenthaltes fehlte es den Insassen der Schaluppe nie an Austern, Kammmuscheln und Trinkwasser.
    Etwas weiter hin in der Endeavour-Straße kehrte zwar die eine Abtheilung der Leute, welche Schildkröten und Meerschwalben hatte fangen wollen, mit leeren Händen zurück; die zweite brachte dagegen sechs Meerschwalben mit und hätte, ohne das zweckwidrige Benehmen eines der Jäger, der durch seine Entfernung von den Anderen die Vögel vorzeitig verscheuchte, leicht noch mehr einfangen können. Jener Mann gestand übrigens später ein, daß er selbst neun Stück gefangen und auf der Stelle in rohem Zustande verzehrt habe.
    Ohne die Lebensmittel und das Trinkwasser, die ihnen die Küste Neu-Hollands lieferte, wären Bligh und seine Gefährten ohne Zweifel umgekommen. Alle waren übrigens in elendem, abgezehrtem, kraftlosem Zustande – wahrhaft lebende Skelete.
    Die Fahrt über das Meer nach Timor gestaltete sich nur zu einer schmerzlichen Wiederholung der Qualen, welche die Unglücklichen schon einmal ausgestanden hatten, bevor sie nach Neu-Holland gelangten.
    Nun war die Widerstandsfähigkeit Aller gegen früher merklich schwächer. Schon nach wenigen Tagen schwollen ihnen die Beine an. In diesem Zustande grenzenloser Schwäche überfiel sie überdies eine kaum zu widerstehende Schlafsucht, die Vorzeichen des Endes, das nicht lange auf sich warten lassen konnte. Da auch Bligh das durchschaute, vertheilte er an die Kraftlosesten eine doppelte Ration und suchte ihnen auf jede Weise neue Hoffnung einzuflößen.
    Endlich am Morgen des 12. Juni kam Timor in Sicht, nach einer unter so grauenvollen Verhältnissen zurückgelegten Fahrt von 1200 Meilen.
    In Cupang fanden die Engländer die herzlichste Aufnahme. Hier verweilten sie zu ihrer Kräftigung zwei Monate lang. Dann begab sich Bligh mit einem erkauften kleinen Schooner nach Batavia, von wo er sich zur Heimkehr nach England einschiffte.
    Am 14. März 1790 landeten die Ausgesetzten in Portsmouth. Die Erzählung der entsetzlichen Qualen, die sie erduldet, erweckte ihnen ebenso die allgemeine Sympathie wie den Abscheu aller Menschen von Gefühl gegen die Urheber jener Frevelthat. Fast auf der Stelle befahl die Admiralität die Ausrüstung der Fregatte »Pandora« mit vierundzwanzig Geschützen und hundertsechzig Mann Besatzung, und sandte diese zur Verfolgung der Meuterer von der »Bounty« aus. Der Leser wird aus dem Nachfolgenden erfahren, was aus diesen geworden ist.
Drittes Capitel.
Die Meuterer.
    Nachdem Kapitän Bligh auf hohem Meere ausgesetzt war, segelte die »Bounty« zunächst nach Tahiti. Sie erreichte an demselben Tage Tubuaï. Das lachende Aussehen dieser kleinen, von einem madreporischen Felsengürtel umgebenen Insel, veranlaßte Christian, daselbst zu landen; die Eingebornen traten aber so drohend und feindselig auf, daß man davon absah.
    Am 6. Juni 1789 ankerte man auf der Rhede von Matavaï. Die Tahitier verwunderten sich nicht wenig, als sie die »Bounty« wieder erkannten. Die Meuterer fanden hier dieselben Eingebornen wieder, mit denen sie bei ihrem letzten Aufenthalte verkehrt hatten, und erzählten diesen eine Fabel, in welche sie den Namen Cooks, der bei den Tahitiern noch in bestem Ansehen stand, geflissentlich einmischten.
    Am 29. Juni segelten die Meuterer wieder nach Tubuaï zu ab und bemühten sich nun, eine außerhalb der gewöhnlichen Schiffsstraßen gelegene Insel zu finden, deren Boden fruchtbar genug erschien, sie zu ernähren, und welche ihnen für die Zukunft hinreichende Sicherheit gewährte. So irrten sie von Archipel zu Archipel, überall Erpressungen und Verbrechen verübend, denen Christian’s Autorität nicht immer zu steuern vermochte.
    Noch einmal kehrten sie, von der Fruchtbarkeit Tahitis und den sanften, zugänglichen Gewohnheiten der Bewohner desselben angelockt, nach der Insel Matavaï zurück. Dort gingen zwei Drittel der Mannschaft an’s Land. Noch an demselben Abend aber lichtete die »Bounty« die Anker und verschwand, ehe den ausgeschifften Matrosen nur der Verdacht aufstieg, daß Christian die Absicht haben könne, ohne sie abzufahren.
    Sich selbst überlassen, hatten sich die Leute ohne große Schwierigkeit bald auf verschiedenen Punkten der Insel angesiedelt. Der
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