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Erwachende Leidenschaft

Erwachende Leidenschaft

Titel: Erwachende Leidenschaft
Autoren: Julie Garwood
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und ich habe nichts weggenommen, sondern nur verbessert, damit Sie etwas bekommen.«
    Der finstere Gesichtsausdruck der alten Nonne sagte Alesandra, sie hätte besser nicht widersprochen. Und vor allem das Thema Buchhaltung gar nicht erst aufgebracht.
    »Was das Feuer angeht …«
    »Ehrwürdige Mutter ich habe doch schon gebeichtet, wie schrecklich unglücklich ich über diesen Vorfall war«, beeilte Alesandra zu versichern, und bevor die Nonne sich erneut aufregen konnte, wechselte sie hastig das Thema. »Ich meinte es ernst, als ich sagte, ich möchte Nonne werden. Ich glaube, ich bin berufen!«
    »Alesandra, du bist nicht einmal katholisch.« »Ich konvertiere«, versprach das Mädchen inbrünstig. Ein langer Augenblick verstrich in Schweigen. Dann beugte sich die Oberin vor. Der Stuhl knarrte bei dieser Bewegung. »Sieh mich an.«
    Alesandra gehorchte. Sie fuhr fort: »Ich denke, ich verstehe, worum es dir wirklich geht. Ich will dir etwas versprechen.« Die Stimme der Oberin klang nun weich und tröstend. »Ich werde mich persönlich um das Grab deiner Mutter kümmern. Wenn mir etwas zustoßen sollte, werden Schwester Justina oder Schwester Rachael die Aufgabe übernehmen. Deine Mutter wird nicht in Vergessenheit geraten. Wir werden sie weiterhin jeden Tag in unsere Gebete einschließen. Das ist mein Versprechen!«
    Alesandra brach in Tränen aus. »Ich kann sie nicht verlassen.«
    Die Oberin stand auf und eilte an Alesandras Seite. Sie legte ihr einen Arm um die Schultern und tätschelte sie beruhigend. »Du verläßt sie ja nicht. Sie wird immer in deinem Herzen bleiben. Und sie würde es sich wünschen, daß du beginnst, dein eigenes Leben zu leben.«
    Tränen strömten über Alesandras Gesicht, und sie wischte sie mit dem Handrücken fort. »Ich kenne den Duke of Williamshire gar nicht, Ehrwürdige Mutter. Ich habe ihn bloß einmal getroffen, und ich weiß kaum, wie er aussieht. Was, wenn ich nicht mit ihm auskomme? Und was, wenn er mich nicht bei sich haben will? Ich möchte niemandem zur Last fallen. Bitte lassen Sie mich doch bleiben!«
    »Alesandra, du scheinst wirklich davon überzeugt, daß ich in dieser Sache eine Wahl habe, aber das ist einfach nicht wahr. Ich muß doch auch der Bitte deines Vormunds gehorchen. Es wird dir in England sehr gut gehen. Der Duke of Williamshire hat selbst sechs Kinder. Eins mehr wird keine Last sein.«
    »Ich bin kein Kind mehr«, sagte Alesandra trotzig. »Und mein Vormund ist wahrscheinlich schon sehr alt und müde.«
    Die alte Nonne lächelte. »Der Duke of Williamshire wurde vor Jahren von deinem Vater als dein Vormund ernannt. Er hatte seine Gründe, warum er den Engländer gewählt hat. Du solltest Vertrauen in die Entscheidung deines Vaters haben.«
    »Ja, Ehrwürdige Mutter.«
    »Du kannst ein glückliches Leben führen, Alesandra. Solange du dir nur ein wenig Beherrschung auferlegst. Denk nach, bevor du handelst. Das sollte dein Motto sein. Du kannst es, denn du hast einen gesunden Verstand. Benutze ihn.«
    »Danke, daß Sie das sagen, Ehrwürdige Mutter.«
    »Hör auf, dich so demütig zu geben. Das sieht dir überhaupt nicht ähnlich. Ich habe dir noch einen Rat zu geben, und ich will, daß du mir ganz genau zuhörst. Jetzt sitz gerade. Eine Prinzessin läßt die Schultern nicht hängen.«
    Wenn ich meinen Rücken noch mehr straffe, wird mein Rückgrat sich vermutlich verbiegen, dachte Alesandra. Aber sie drückte die Schultern noch ein Stück zurück, bis die Nonne zufrieden nickte.
    »Wie ich schon sagte«, fuhr die Oberin fort, »hat es hier niemals eine Bedeutung gehabt, ob du eine Prinzessin bist oder nicht. In England wird das anders sein. Du wirst ständig Haltung bewahren müssen. Du kannst dein Tun nicht von spontanen Eingebungen leiten lassen. Und jetzt sag mir, Alesandra, wie lauten die zwei Wörter, die ich dir immer wieder gepredigt habe, damit du sie dir zu Herzen nimmst?«
    » Würde und Haltung, Ehrwürdige Mutter.«
    »Richtig.«
    »Darf ich zurückkommen … wenn ich feststellen muß, daß ich mein neues Leben nicht mag?«
    »Du wirst bei uns immer willkommen sein«, versprach die Oberin. »Geh jetzt und hilf Schwester Rachael beim Packen. Du wirst vorsichtshalber in der Dunkelheit dieser Nacht abreisen. Ich werde dich in der Kapelle verabschieden.«
    Alesandra stand auf, knickste und verließ das Zimmer. Die Oberin stand mitten in ihrer kleinen Kammer und starrte lange Zeit hinter dem Mädchen her. Sie hatte es für ein Wunder gehalten,
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