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Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Heidi Hohner
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Charlotte auf der Suche nach einem Schauspieljob verirrt hatte, während ich gerade nach frechen Minimodels Ausschau hielt. Aber tickte meine biologische Uhr laut genug, um mir selbst so einen Schreihals zuzulegen? Eher nein.
    Was sollte ich also Herrn Doktor Süßmann auf die Babyfrage sagen? Aber der verzichtete netterweise erst einmal auf eine Antwort.
    »Sie müssen jetzt nichts sagen. Denken Sie einfach mal darüber nach, natürlich gemeinsam mit Ihrem Partner«, sagte er mit einem Blick auf mein Gesicht, »und jetzt mal tief ausatmen …«
    Dann ein schmerzhafter Ruck, und die alte Spirale war draußen.
    »Sie wissen, dass die Kasse die Kosten für eine neue T 2000 nicht mehr übernimmt? Ich würde Ihnen sowieso ein anderes Modell empfehlen – die GT 2001 , dreihundertfünfzig Euro, die ist besser verträglich, mit einem leichten Gestagen-Anteil, und Sie sind damit fünf Jahre geschützt. Wenn Sie noch so lange warten wollen mit der Familienplanung. Ansonsten können Sie sie natürlich jederzeit ziehen lassen …«
    Geschäftiges Klimpern hinter mir, und dann ein leichtes Räuspern:
    »So. Frau Hanssen, die dreihundertfünfzig Euro müssten Sie dann bitte sofort erledigen, bei Frau Bayer am Empfang, bitte. Wir können das leider nicht mehr auf Rechnung machen, Sie wissen schon, Frau Hanssen, die Zahlungsmoral heutzutage …«
    Das fiese Zwicken in meinem Bauch ließ langsam nach, dafür zwickte es jetzt ein wenig höher, in der Magengegend. Aus Verlegenheit. Wie sollte ich meinem Arzt sagen, dass ich gerade nicht so flüssig war? Seit mein Vater mir letzte Woche bei der letzten Quartalsabrechnung geholfen hatte, waren meine Mittel sozusagen eingefroren.
    »Sacklzement, das ist ja desaströs«, hatte mein aus Ostfriesland stammender, aber perfekt in Oberbayern assimilierter Vater beim Blick in meine Buchhaltung gesagt.
    »Das ist nur die Flaute nach dem Weihnachtsgeschäft«, hatte ich mich verteidigt und versichert, »dass ich immer alle offenen Rechnungen sofort zahle.« Ich hasste eben nichts mehr, als Schulden zu machen, sicher nicht die beste Einstellung für eine Jungunternehmerin. Dass jemand auf Geld von mir wartete, machte mich immer unglaublich nervös. Die Ladenmiete, meine Strickerinnen und meinen Wolllieferanten Cashmiti: Ich zahlte bei allen immer überpünktlich. Auch um Cashmiti zu halten, denn ein so großer Abnehmer war ich schließlich nicht. Und im Moment kam trotz Wintersale leider zu wenig Geld in die Kasse, um diese Ausgaben auszugleichen − wenn der Weihnachtsansturm vorbei war, kauften die Leute keine warmen Pullis mehr, aber um die neue Kollektion schlichen sie herum, bis die Frühlingssonne endlich da war.
    »Es wird besser sein, wenn du fürs Finanzamt und die nächste Lieferung alles verbliebene Kapital einfrierst, bis ich da den Überblick habe. Und ansonsten: laufende Kosten reduzieren, gell?«, hatte mein Vater deshalb letzte Woche gesagt und mich gerade noch den Flug zu Felix nach München buchen lassen, von dort aus das Zugticket zu Cashmiti und meinem Lieferanten Cesare Conti nach Südtirol und den Heimflug von Bozen nach Berlin.
    Dann hatte mir mein Vater vom Bäcker gegenüber noch generös ein Brötchen mit Ei mitgebracht. Ich hasste hart gekochte Eier und den schwefligen Geruch des grünrandigen Eigelbs, und eigentlich wusste mein Vater das auch. »Aber …«, hatte ich noch schwach protestiert, doch mein Vater hatte nur noch zum Abschied Uschi, der Strickerin aus der Oberpfalz, zugenickt, die an dem zum Ateliertisch beförderten Tapetentisch putzig kleine Schnittmuster abglich, und war zum Hauptbahnhof aufgebrochen, um rechtzeitig eine Stunde vor Abfahrt seines ICE am Gleis zu sein. Eigentlich hätte er bei diesem gigantischen Zeitpuffer leicht einen Zug früher erwischen können, aber als Buchhaltungsnull verkniff ich mir lieber bissige Vorschläge und hielt ihm stattdessen zum Abschied dankbar den Lodenmantel auf. Und nahm mir für die Zukunft vor, nach dem Trip nach München und Südtirol auch meine Buchhaltung selbst zu machen, so schwer konnte das ja nicht sein. Das Gefühl, von meinem Vater mit zu wenig Taschengeld ausgestattet worden zu sein, hatte ich seit fünfundzwanzig Jahren nicht mehr gehabt. Und ich konnte auch in Zukunft gern darauf verzichten.
    Und jetzt die neue Spirale sofort bezahlen? Eigentlich waren die dreihundertfünfzig Euro für das kontrazeptive Ding nicht in meinem Budget, wenn ich nicht völlig mittellos in Bozen über den Markt
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