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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger
Autoren: Henry Rider Haggard
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frohen Herzens.«
    »Ah, er ist hübsch wie kein anderes Kind, und er wird sein ganzes Leben hübsch bleiben. Dennoch wird er sich nicht gegen sein Unglück erheben können. Dies sage ich ihm voraus: Frauen werden ihm sein Ende bereiten, und er wird den Tod eines Helden sterben, aber nicht von der Hand seiner Feinde.«
    Und nun verstrichen die Jahre in Frieden. Groa lebte mit ihrer Tochter Swanhild auf Middalhof und war die Geliebte Asmund Asmundsons. Doch obwohl er seinen Schwur soweit vergessen hatte, wollte er sie doch niemals zur Frau nehmen. Das Hexenweib war erzürnt deswegen und schmiedete viele Pläne und Intrigen, um Asmund dazu zu bringen, sie zu heiraten. Doch er wollte es nicht, obwohl sie ihn bei allen anderen Dingen wie an einem Strick führte.
    Zwanzig volle Jahre waren vergangen, seit man Gudruda die Sanfte zur Ruhe gelegt hatte; und nun waren Gudruda die Schöne und Swanhild die Vaterlose erwachsene Frauen. Auch Erik war ein Mann von fünfundzwanzig Jahren, und zwar ein Mann, wie noch nie einer auf Island gelebt hatte. Denn er war stark und groß von Statur, sein Haar war gelb wie Gold, und seine grauen Augen leuchteten mit dem Glanz von Schwertern. Er war sanft und liebevoll wie eine Frau, und selbst als Junge kam seine Kraft schon der von zwei Männern gleich; und es gab keinen in der ganzen Nachbarschaft, der es beim Springen, Schwimmen oder Ringen mit Erik Hellauge aufnehmen konnte. Die Männer hielten ihn hoch in Ehren und sprachen gut von ihm, obwohl er sich bislang noch keiner großen Taten rühmen konnte, sondern zu Hause auf dem Kaltrücken lebte und sich um den Hof kümmerte, da Thorgrimur Eisenzehe, sein Vater, mittlerweile tot war. Aber die Frauen liebten ihn sehr, und das war sein Fluch – denn von allen Frauen liebte er nur eine, Gudruda die Schöne, Asmunds Tochter. Er liebte sie von Kindheit an, und zwar nur sie, bis zum Tage seines Todes, und auch sie liebte keinen außer ihn. Denn nun war Gudruda die begehrteste aller Jungfrauen, wunderschön anzusehen und süß anzuhören. Ihr Haar war blond wie das Eriks, und sie war weiß wie der Schnee auf dem Hekla; aber ihre Augen waren groß und dunkel, und schwarze Wimpern beschatteten sie. Ansonsten war sie groß und kräftig und gut gebaut, von fröhlichem Gesicht und doch schlank, und die geistreichste aller Frauen.
    Swanhild war auch sehr schön; sie war schlank, feingliedrig und von dunklerem Teint. Ihre blauen Augen waren so tief wie das Meer, und ihr braunes, lockiges Haar war so üppig, daß sie sich bis zu den Knien damit bedecken konnte. Niemand wußte, was es mit ihrem Geist auf sich hatte, denn obwohl sie sich in Gesprächen offen äußerte, waren ihre Gedanken finster und geheimnisvoll. Dies war ihre Freude: die Herzen der Männer zu gewinnen und sie dann zu verspotten. Sie täuschte viele auf diese Art, denn was die Wege der Liebe betraf, war sie das listigste aller Mädchen, und sie kannte sich gut in der Kunst der Frauen aus, die Männer nicht zum Zuge kommen zu lassen. Dennoch hatte sie ein kaltes Herz und begehrte Macht und großen Reichtum, und sie studierte die Magie, in der sich ihre Mutter ebenfalls gut auskannte. Aber auch Swanhild liebte einen Mann, und das war die Fuge in ihrem Harnisch, durch die der Pfeil des Schicksals in ihr Herz drang, denn dieser Mann war Erik Hellauge, und er liebte sie nicht. Aber sie begehrte ihn so arg, daß ohne ihn die ganze Welt für sie dunkel war, und ihre Seele nichts weiter als ein Schiff, das in einer Winternacht steuerlos dahintrieb. Daher setzte sie all ihre Kraft ein, ihn für sich zu gewinnen, und belegte ihn mit Zaubereien, derer sie nicht wenige und nicht geringe kannte. Dennoch flogen sie an ihm vorbei wie der Wind, denn er träumte stets nur von Gudruda und sah keine anderen Augen als die ihren, obwohl sie noch kein Wort der Liebe untereinander gewechselt hatten.
    Aber Swanhild suchte in ihrem Zorn Rat bei ihrer Mutter Groa, obwohl nur wenig Zuneigung zwischen ihnen bestand; und als sie die Geschichte des Mädchens gehört hatte, lachte Groa laut auf: »Hältst du mich für blind, Mädchen?« fragte sie. »All dies habe ich gesehen, wahrhaftig und vorausgesehen, und ich sage dir, du bist verrückt. Laß diesen Bauern Erik gehen, und ich suche dir ein schöneres Federvieh, dem du nachstellen kannst.«
    »Nein, das werde ich nicht tun«, sprach Swanhild; »denn ich liebe nur diesen Mann und werde ihn für mich gewinnen; und Gudruda hasse ich, und ich werde sie übertrumpfen.
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