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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger
Autoren: Henry Rider Haggard
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vertrieben ihn, doch nun war er, Asmund, nicht dabei. Und wieder ließ die Taube den Kopf hängen.
    Wieder kam der Schwan zurück, und mit ihm der Rabe, und ein großes Heer wurde gegen sie aufgestellt, darunter alle Männer aus Asmunds Familie und Stamm, und die Männer seines Hauses und ein paar aus seiner Priesterschaft, und viele, die er dem Gesicht nach nicht kannte. Und der Schwan flog zu seinem Sohn Björn. Er ließ das Schwert seiner Zunge vorschießen und tötete ihn; dann erschlug er noch viele Männer auf diese Art. Und der Rabe, mit einem Schnabel und Klauen aus Stahl, tötete auch viele Männer, so daß Asmunds Verwandtschaft floh, und der Schwan bei der Taube lag.
    Aber als sie schliefen, kroch die goldene Schlange aus dem Meer und zischte etwas in die Ohren der Männer, und sie erhoben sich und folgten ihr. Sie kam zu dem Schwan und wand sich um dessen Hals. Sie biß die Taube und tötete sie. Dann erwachten der Schwan und der Rabe, und sie kämpften, bis alle, die von Asmunds Verwandtschaft und Volk übrigblieben, tot waren. Aber die Schlange wand sich noch immer um den Hals des Schwans, und schließlich fielen Schlange und Schwan ins Meer, und weit draußen auf hoher See brannte eine Feuerflamme. Und Asmund erwachte zitternd und verließ den Tempel.
    Als er nun ging, lief ihm weinend eine Frau entgegen.
    »Spute dich, spute dich!« rief sie. »Dir wurde eine Tochter geboren, und dein Weib Gudruda liegt im Sterben!«
    »Ist dem so?« sagte Asmund. »Nach schlechten Träumen schlechte Nachrichten.«
    Nun lag in der Bettkammer der großen Halle von Middalhof Gudruda die Sanfte, und sie lag im Sterben.
    »Bist du da, Mann?« fragte sie.
    »Gerade gekommen, Weib.«
    »Du kommst in einer bösen Stunde, denn es ist meine letzte. Nun höre. Du nimmst das neugeborene Kind in deine Arme und küßt es, und du gießt Wasser über es und benennst es mit meinem Namen.«
    Dies tat Asmund.
    »Höre, mein Mann. Ich bin dir eine gute Frau gewesen, obwohl du nicht immer gut zu mir warst. Aber so sollst du dafür büßen: du sollst schwören, daß du es nicht aussetzt, obwohl es ein Mädchen ist. Vielmehr wirst du es pflegen und aufziehen.«
    »Ich schwöre es«, sagte er.
    »Und du sollst schwören, daß du nicht die Hexe Groa zur Frau nimmst, noch daß du etwas mit ihr zu tun haben wirst, und das zu deinem eigenen Wohl – denn wenn du es doch tust, wird sie dein Tod sein. Schwörst du?«
    »Ich schwöre es«, sagte er.
    »Es ist gut; aber, Mann, wenn du deinen Eid brichst, entweder in Worten oder im Geist der Worte, wird das Böse dich und dein ganzes Haus überkommen. Nun grüße mich zum Abschied, denn ich sterbe.«
    Er beugte sich über sie und küßte sie, und man sagt, daß Asmund in dieser Stunde weinte, denn auf seine Art hatte er seine Frau geliebt.
    »Gib mir das Kind«, sagte sie, »damit es einmal an meiner Brust liegen kann.«
    Man gab ihr das Kind, und sie schaute in dessen dunkle Augen und sagte:
    »Die schönste der Frauen sollst du sein, Gudruda – so schön, wie keine andere Frau auf Island je vor dir war; und du sollst mit einer starken Liebe lieben – und du sollst verlieren – und im Verlust sollst du wiederfinden.«
    Nun heißt es, daß ihr Gesicht so hell wie das eines Geistes wurde, als sie diese Worte sprach, und als sie sie gesprochen hatte, fiel sie tot zurück. Und man legte sie in die Erde, aber Asmund betrauerte sie sehr.
    Doch als alles vorbei und geschehen war, lastete der Traum, den er geträumt hatte, schwer auf ihm. Nun war von allen Traumdeutern Groa die erfahrendste, und als Gudruda sieben volle Tage unter der Erde war, ging Asmund zu Groa – wenn auch wegen seines Eides nur zögernd.
    Er kam zu dem Haus und betrat es. Auf einer Liege in der Kammer lag Groa, und sie gab ihrem Kind die Brust und war sehr schön anzusehen.
    »Seid gegrüßt, Herr!« sagte sie. »Was wollt Ihr hier?«
    »Ich habe einen Traum geträumt, und du allein kannst ihn deuten.«
    »Das mag schon sein«, gab sie zurück. »Es ist wahr, ich habe einige Erfahrung mit Träumen. Wenigstens anhören werde ich ihn mir.«
    Dann breitete er ihn ihr Wort für Wort aus.
    »Was willst du mir geben, wenn ich deinen Traum deute?« sagte sie.
    »Was verlangst du? Mich deucht, ich habe dir schon viel gegeben.«
    »Ja, Herr«, und sie schaute auf das Kind an ihrer Brust. »Ich erbitte auch nur wenig: daß du dieses Kind in deinen Arm nimmst, Wasser über es gießt und ihm einen Namen gibst.«
    »Die Männer werden
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