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Erfolgreiches Teamcoaching

Erfolgreiches Teamcoaching

Titel: Erfolgreiches Teamcoaching
Autoren: Lothar Linz
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unausgesprochene Regeln, die hilfreich sind, etwa wenn gilt, dass zu egoistisches Verhalten einzelner Spieler im Torabschluss unerwünscht ist.
    Letzteres Beispiel führt zu einem Punkt, der in meinen Augen von überaus großer Bedeutung ist. Eine Gruppe funktioniert nur dann, wenn grundsätzlich gilt, dass das Wohl der Gemeinschaft vor dem des Einzelnen geht. Nach diesem Prinzip ist interessanterweise auch unsere Rechtsprechung ausgelegt.
    So ist es möglich, Grundstücke zu enteignen, wenn dies im Interesse der Allgemeinheit geschieht, etwa zum Bau neuer Autobahnen. Hierbei werden persönliche Bedürfnisse hinter die der Gesamtheit gestellt.
    Genauso sollte auch eine Mannschaft bzw. Trainingsgruppe funktionieren. Das bedeutet nicht, dass der Einzelne unwichtig ist. Ganz im Gegenteil! Nur geht in entscheidenden Fragen eben immer das vor, was für die Gesamtheit am besten ist. Ich kenne viele Athleten, die genau an diesem Punkt Probleme haben. Oft erlebt man das bei solchen Sportlern, die sich auf Grund herausragender Erfolge nicht mehr unterordnen wollen.
3.4 Jeder beeinflusst jeden
    Sicher kennen Sie das Sprichwort: „Das ist für mich so wichtig, als wenn in China ein Sack Reis umfällt.“ Wofür gilt das eigentlich? Kann es uns wirklich noch egal sein, wenn in China „ein Sack Reis umfällt“? Wenn wir Nachrichten schauen, erfahren wir zum Beispiel, wie auf den Philippinen bei einem Zugunglück 12 Menschen umgekommen sind. Und wenn ich beim Chinesen mit hölzernen Einmalessstäbchen speise, trage ich möglicherweise dazu bei, dass auf einer tropischen Insel der Regenwald abgeholzt wird.
    Auf den ersten Blick scheint es verrückt, aber die Welt rückt immer näher zusammen. In den letzten Jahrzehnten mussten wir erkennen, dass unser Verhalten sehr wohl etwas mit den Menschen in Guatemala oder Mazedonien zu tun hat. Die Vernetzung durch Internet und Mobiltelefon hat diesen Prozess noch einmal potenziert. Genau betrachtet, verhält es sich so, dass wir alle miteinander verbunden sind. Das ist kein esoterisch angehauchtes Gerede, das ist eine immer konkretere Erfahrung.
    Doch kommen wir von dieser allgemeinen Betrachtung zurück zum Sport. Was für die ganze Welt gilt, gilt nämlich auch für jedes andere System. Die Mitglieder innerhalb eines Systems sind alle miteinander verbunden. Diese Verbindungen sind nicht jederzeit deutlich und sichtbar, aber sie bestehen immerzu. Sobald sich ein Systemmitglied verändert, verändert sich deshalb das gesamte System. Man kann sich das am besten als ein großes Netz vorstellen. Wir Menschen bilden die Knoten und die Seile dazwischen unsere Verbindungen. Wenn Sie am Ende des Netzes ziehen, kommen die Auswirkungen in abgeschwächter Form auch am anderen Ende des Netzes an. Wie die Ringe auf dem Wasser eines Sees bis zum anderen Ufer reichen, wenn Sie einen Stein hineinwerfen. Eine Mannschaft ist auch eingroßes Netz. Was der eine Spieler tut, beeinflusst jeden anderen. Wenn ein Spieler einen Fehler macht, kann es passieren, dass dadurch alle gemeinsam verlieren. Genauso kann die Tat eines Spielers das gesamte Team vor dem Abstieg retten.
    Dies macht deutlich, dass jedes Teammitglied wichtig ist. Wirklich jedes, auch der schwächste Ersatzspieler. Im Guten wie im Schlechten ist selbst er in der Lage, eine Menge für oder gegen das Wohl des Ganzen zu bewirken.
3.5 Systemische Gruppenregeln
    In den letzten Jahren hat die systemische Therapie sehr an Bedeutung gewonnen. Bei einer dieser psychologischen Sichtweisen auf das Entstehen und Lösen von Problemen, Krankheiten und Konflikten handelt es sich um die Familienaufstellung nach Hellinger (Hellinger, 1990). Diese Form der Gruppenarbeit verdeutlicht, dass es grundsätzliche Regeln gibt, die für alle Gruppen gelten. Es spielt keine Rolle, ob es sich um Familien, Interessengemeinschaften, berufliche Organisationen, Parteien, Vereine oder eben auch um Mannschaften handelt. Wenn ich sage, dass solche Regeln „gelten“, dann meine ich damit nicht, dass diese Regeln vereinbart wurden, oder dass sie nachvollziehbar sein müssen. Diese Regeln bestehen einfach und man kann es erfahren. Beobachten Sie in den nächsten Tagen Ihre Mannschaft. Sie werden vermutlich einiges von dem, was ich im Folgenden darstelle, wiederfinden. Viele Trainer haben mir dies in meinen Vorträgen schon bestätigt.
    Dass die grundlegenden Regeln für ein Sportteam mit denen einer Familie übereinstimmen, ist übrigens gar nicht so überraschend, wie es
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