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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg
Autoren: Lion Feuchtwanger
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machte kehrt. Er hatte einen Spaß vor. Der Flaucher hatte von Anfang an den Prozeß Krüger möglichst groß aufziehen, eine sensationelle Sache daraus machen wollen. Scheußliche Lackl schickten einem die Schwarzen jetzt als Kollegen ins Kabinett. Immer wollten diese gescherten Rammel Zeugnis ablegen, Trümpfe auf den Tisch hauen, Justament schreien. Er, Klenk, wollte die Sache mit Krüger leiseabmachen, elegant. Schließlich war es keine Kulturtat, einen Mann vom Verwaltungssessel der staatlichen Galerien weg ins Zuchthaus zu schicken, weil er abgeschworen hatte, mit einer Frau geschlafen zu haben. Aber der Flaucher blökte in die Welt hinaus, ließ alle Zeitungen trompeten von dem Fall Krüger. Da hatte er, Klenk, einen Referenten geschickt nach dem Gut des Dr. Bichler, hatte vertraulich die Meinung dieses großen Bauernführers, eines heimlichen Regenten im Lande Bayern, einholen lassen. Selbstverständlich hatte der Dr. Bichler, wie das von dem klugen Bauern nicht anders zu erwarten war, seine, Klenks, Meinung geteilt. Hatte von den Eseln in München gesprochen, die immer zeigen wollten, daß sie die Macht hätten. Als ob es auf den Schein der Macht ankäme und nicht auf ihren tatsächlichen Besitz. Das mit den Eseln kann der Flaucher noch nicht gehört haben; denn der Referent ist erst heute zurückgekommen. Bestimmt noch sitzt der Flaucher in der Tiroler Weinstube, einem Restaurant der Altstadt, wo er immer den spätern Abend verbringt, und tut sich dick mit dem morgigen Prozeß. Das mit den Eseln , diese Meinung des allmächtigen Mannes, das muß er, Klenk, ihm versetzen. Den Hauptspaß muß er sich gönnen.
    Er kehrte um. Rasch stapfte er zurück, fand am Ausgang des Parks einen Wagen.
    Ja, in der Tiroler Weinstube saß der Flaucher. Er saß in dem kleinen Nebenzimmer, wo der Viertelliter Wein zehn Pfennige mehr kostete, unter lauter Vertrauten. Klenk fand, daß der Kollege in diesem Restaurant viel passabler aussah als unter den Empiremöbeln des gut eingerichteten Arbeitsraums in seinem Ministerium.
    Die betont bürgerliche Gemütlichkeit, die Holztäfelung, die massiven, ungedeckten Tische, die altväterisch festen, für seßhafte Männer gemachten Bänke und Stühle, das war der richtige Rahmen für den Dr. Franz Flaucher. Da hockte der schwere Mann mit seinem breiten, eigensinnig dumpfen Schädel, rings um ihn saßen auf gewohnten Plätzen Männer in festen Stellungen, mit festen Ansichten. Der Raum wardämmerig vom Rauch guter Zigarren und vom Dunst nahrhafter Speisen. Aus einem nahgelegenen Bierlokal drang durch die geöffneten Fenster der Gesang einer beliebten Volkssängertruppe; der Text ein Gemisch von Rührung und eindeutiger Fleischlichkeit. Draußen lag eng und verwinkelt der kleine Platz mit dem weltberühmten Bräuhaus. Hier also hockte auf dem gewohnten, festen Holzstuhl, den Dackel Waldmann zu seinen Füßen, der Minister Dr. Franz Flaucher, Maler, Schriftsteller, Wissenschaftler um ihn herum. Der Minister trank, lauschte, beschäftigte sich mit seinem Dackel. War heute, am Vorabend des Prozesses Krüger, besonders geachtet. Er hatte seinen Haß gegen den Mann Krüger nie verheimlicht. Es erwies sich, daß dieser Mensch mit den verderbten Kunstanschauungen auch im bürgerlich sittlichen Leben faul und angefressen war.
    Wie der Kollege von der Justiz eintrat, wurde die Laune des Dr. Flaucher herabgestimmt. Es war ein bitterer Tropfen in seinem Wein, daß er den Sieg über den Mann Krüger eigentlich diesem Klenk zu verdanken hatte. Denn der Minister Dr. Franz Flaucher mißbilligte den Minister Dr. Otto Klenk, trotzdem sie der gleichen Partei angehörten und die gleiche Politik verfolgten. Er mißbilligte die patrizierhaft überlegene Art, wie Klenk mit ihm verkehrte, er mißbilligte sein Geld, seine beiden Autos, sein Besitztum und seine Jagd im Gebirge, seine lange Figur, sein herrisch unernstes Wesen, den ganzen Mann und alles, was ihm gehörte. Der hatte es leicht, der Klenk. Schon seine Eltern und Ureltern waren Großkopfige gewesen. Was wußte der von dem Wesen eines Beamten. Er, Franz Flaucher, geboren als vierter Sohn des Konzipienten des Königlichen Notars in Landshut in Niederbayern, hatte wahrlich jeden Zoll seines Weges von der Wiege bis zum Ministersessel mit Schweiß und hinuntergewürgten Demütigungen bezahlen müssen. Wieviel Nachtwachen und Zähnezusammenbeißen erforderte es schon, bis er im Gegensatz zu seinen Brüdern nicht nur nicht im Griechischen gescheitert war,
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