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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition)
Autoren: Marian Keyes
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zusammenzucken konnte. Diese Wunde wurde nicht mit Klemmen zusammengehalten, sondern mit dramatischen frankensteinartigen Stichen, die aussahen, als hätte jemand mit einer Stopfnadel genäht. Von allen Wunden auf meinem Gesicht war das die einzige, die nicht ganz weggehen würde.
    »Dafür gibt es ja plastische Chirurgie«, sagte ich und wiederholte ebenfalls das, was der Arzt gesagt hatte.
    »Genau«, stimmte Mum mir zu. Ihre Stimme klang weit entfernt und irgendwie gequetscht. Ich machte schnell die Augen auf. Sie war in sich zusammengesunken und murmelte so etwas wie: »Dein armes kleines Gesicht.«
    »Mum, nicht weinen!«
    »Ich weine nicht.«
    »Gut.«
    »Da kommt, glaube ich, Margaret.« Sie wischte sich das Gesicht mit einem Papiertuch ab und ging raus, um über Maggies neues Auto zu lachen.

    Maggie war gekommen, um mit mir meinen täglichen Spaziergang zu machen. Maggie, die zweitälteste von uns fünfen, war der Sonderling in der Familie Walsh, unser schlimmes Geheimnis, unser weißes Schaf. Die anderen (sogar Mum, wenn sie sich nicht im Zaum hatte) nannten sie eine Arschkriecherin, ein Wort, das mir nicht gefiel, weil es so gemein war, aber zugegebenermaßen passte es gut. Maggie hatte »rebelliert«, indem sie ein ruhiges, geordnetes Leben mit einem ruhigen, geordneten Mann namens Garv führte, den meine Familie viele Jahre lang gehasst hatte. Sie mochte seine Verlässlichkeit nicht, seinen Anstand und vor allem nicht seine Pullover (zu sehr wie die von Dad, war die einhellige Meinung). Aber in den letzten Jahren haben sich die Beziehungen etwas entspannt, besonders seit die Kinder da sind: JJ ist jetzt drei, und Holly ist fünf Monate alt.
    Ich muss zugeben, dass ich selbst auch ein paar pulloverbegründete Vorurteile gehabt habe, deren ich mich jetzt schäme, denn vor ungefähr vier Jahren hat Garv mir geholfen, mein Leben umzukrempeln. Ich war an einer ziemlich üblen Wegkreuzung angelangt (mehr darüber später), und Garv war unendlich und unglaublich freundlich zu mir. Er hatte mir sogar eine Stelle in der Steuerkanzlei verschafft, in der er arbeitete, ursprünglich in der Poststelle, aber ich wurde zum Empfang befördert. Dann hat er mich ermutigt, eine Ausbildung anzufangen, und ich habe ein Diplom in Public Relations gemacht. Ich weiß, das ist nicht so beeindruckend wie ein Master in Astrophysik, und eigentlich klingt es ein bisschen wie ein Diplom in Fernsehen oder Süßigkeitenessen, aber wenn ich es nicht bekommen hätte, hätte ich auch meinen derzeitigen Job nicht bekommen, den Fantastischsten Job In Der Welt ™ . Und ich hätte Aidan nie kennen gelernt.

    Ich humpelte zur Haustür. Maggie lud die Kinder aus ihrem neuen Auto, einem breiten Kahn, von dem Mum behauptete, er sehe aus, als hätte er Elefantiasis.
    Dad war auch draußen und bemühte sich, Mums Verachtung abzumildern, was er zeigte, indem er um das Auto rumging und alle vier Reifen mit einem Tritt prüfte.
    »Sieh dir diese Qualität an«, erklärte er und trat noch einmal gegen den Reifen, um seine Aussage zu bekräftigen.
    »Sieh dir doch die kleinen Schweinsaugen an!«
    »Das sind keine Augen, Mum, das sind die Scheinwerfer«, sagte Maggie, löste einen Gurt und kam mit der kleinen Holly unterm Arm wieder hervor.
    »Hättet ihr nicht einen Porsche kaufen können?«, fragte Mum.
    »Zu sehr achtziger Jahre.«
    »Einen Maserati?«
    »Nicht schnell genug.«
    Mum hatte – und ich dachte, sie würde sich langweilen – spät im Leben plötzlich ein Verlangen nach schnellen Autos mit Sexappeal entwickelt. Sie guckte Top Gear und wusste (ein wenig) über Lamborghinis und Aston Martins Bescheid.
    Maggies Oberkörper verschwand wieder im Auto, und nachdem sie nochmal ein paar Gurte gelöst hatte, kam sie wieder hervor, diesmal mit dem dreijährigen JJ.
    Wie Claire (die Schwester, die älter ist als sie) und Rachel (die jünger ist als sie) war Maggie groß und kräftig. Die drei waren offensichtlich aus dem gleichen Genpool wie Mum. Helen und ich sind kurz geraten und sehen erstaunlich anders aus, und ich weiß nicht, woher das kommt. Dad ist nicht besonders klein, er kommt einem nur so vor, weil er so sanftmütig ist.
    Maggie hatte sich mit Leidenschaft auf das Muttersein geworfen – nicht nur, was die Rolle betrifft, sondern auch das Aussehen. Sie sagte immer, das Beste an den Kindern sei für sie, dass sie keine Zeit habe, sich um ihr Aussehen zu kümmern, und sie prahlte, dass sie gar nicht mehr einkaufen gehe. Vergangene Woche
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