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Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch

Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch

Titel: Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch
Autoren: Kendra Leigh Castle
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zu können. Es war viertel vor zwölf.
    »Schon wieder ein Freitagabend dahin«, murmelte sie. Trotzdem musste der Abend ja kein völliger Reinfall werden. Vielleicht würde sie noch etwas ganz Verrücktes machen und sich mit einem Gerard-Butler-Film und einer Schüssel Popcorn die Nacht um die Ohren schlagen.
    Anarchische Zeiten in Lily Quinns Haus. Aber besser, auf jeden Fall besser als schlafen. Sie brauchte keine blödsinnige Geisterjagd, um sich zu gruseln. Nichts konnte beängstigender sein als das, was sie sah, sobald sie die Augen schloss.
    Lily ging eine Weile durch das raschelnde Laub, dann blieb sie stehen und betrachtete stirnrunzelnd die nackten Bäume und, etwas weiter dahinter, den schmiedeeisernen Zaun, der das Grundstück begrenzte. Die Bonner-Villa lag zwar ganz in der Nähe des Stadtzentrums, war aber ein Stück von der Straße zurückversetzt. Der Historischen Gesellschaft war es gelungen, einen Teil des ursprünglichen Geländes vor dem Verkauf zu retten, sodass zu dem Haus noch ein recht großes Grundstück gehörte. Allerdings hatte man – als Zugeständnis an die Moderne – einen Teil davon in einen Parkplatz umgewandelt.
    Und der lag, wie Lily erst jetzt bewusst wurde, auf der Rückseite des Hauses. Sie legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und stöhnte.
    Ihr völlig unterentwickelter Orientierungssinn hatte mal wieder ganze Arbeit geleistet.
    Lily fluchte eine Weile lautlos vor sich hin, dann schob sie die Hände tiefer in die Taschen und machte sich auf den – diesmal hoffentlich richtigen – Weg. Ihr mangelnder Orientierungssinn war genauso typisch für sie wie ihre unerklärliche Abneigung gegen adäquate Männer. Wenn sie doch bloß einen wohlerzogenen, Shakespeare zitierenden Mann finden könnte, der gleichzeitig ein Bösewicht war, mit einer Vorliebe für sexy Tattoos und einem Hang zum Lederfetischismus. Dann hätte sie eventuell eine Chance, nicht als verrücktes altes Weibchen zu enden.
    Vielleicht nur eine geringe Chance, aber immerhin eine Chance.
    Wenigstens ist heute eine herrliche Nacht, dachte Lily und atmete tief ein. Oktobernächte hatten ihren ganz eigenen Geruch, vor allem in diesem Teil Neuenglands. Lily liebte den erdigen, intensiven Geruch verfaulender Blätter, in den sich der Rauch aus irgendeinem Holzofen mischte, wobei gleichzeitig die erste Kälte für klare, reine Luft sorgte.
    Lily sah sich ausgiebig um, während sie zurückging. Im schwachen Schein der Straßenlaternen sah die Bonner-Villa wirklich wie ein Gespensterhaus aus, hatte aber trotzdem nichts Beängstigendes an sich. Sie wirkte eher wie der richtige Ort für eine düstere Liebesgeschichte voller Schatten und sinnlicher Geheimnisse.
    Amüsiert grinste Lily in sich hinein. Sie unterrichtete englische Literatur, weil sie die Möglichkeiten, die die Fantasie bot, der oftmals unerfreulichen Wirklichkeit immer vorgezogen hatte. Und das bedeutete auch, dass ein Freitagabend mit dem Phantom der Oper vielleicht genau das Richtige für sie war. Und das, obwohl der Film nie so endet, wie ich das will , dachte sie und lächelte, egal wie oft ich Christine dazu zu bewegen versuche, das dunkle, verwundete Phantom zu heilen, statt ihre Zeit mit dem langweiligen alten Raoul zu verplempern.
    Was für eine Wahnsinnsliebesszene das gegeben hätte!
    Plötzlich stellten sich Lily sämtliche Nackenhaare auf. Adrenalin schoss durch ihre Adern. Hinter ihr war jemand, das wusste sie, ohne die Person zu sehen. Sie spürte Augen auf sich ruhen, die einen Moment zuvor noch nicht da gewesen waren.
    Aber als sie herumwirbelte, war dort niemand. Weder auf dem Rasen mit seinen vereinzelten, blattlosen Bäumen noch auf der Bank und auch nicht beim Haus. Nichts.
    Und hier gab es auch kein Versteck.
    Lilys Herz schlug schneller, und ihr Atem wurde flacher. Sie ließ den Blick über das Gelände schweifen, in der Hoffnung, irgendetwas Auffälliges zu entdecken. Es musste doch eine Erklärung dafür geben, dass sie so eindeutig die Anwesenheit eines anderen Menschen spürte.
    So ein Quatsch! , sagte sie sich. Diese Horrorfilmkulisse hier hat einfach deine Fantasie beflügelt. Das ist alles.
    Lily wusste, dass das die wahrscheinlichste Erklärung war, aber sie wollte trotzdem so schnell wie möglich zu ihrem Wagen, und dann nichts wie weg. Glücklicherweise waren im Haus jede Menge Leute, die sie, falls doch etwas passierte, schreien hören würden. Sie machte sich wieder auf den Weg, warf jedoch vorsichtshalber alle paar
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