Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Er sieht dich wenn du schläfst

Er sieht dich wenn du schläfst

Titel: Er sieht dich wenn du schläfst
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:

den Kopf. »Sie waren ein ziemlicher Windhund.«
»Der Typ, der ins erste Rettungsboot springt, wenn das Schiff
untergeht«, fuhr ihn ein Heiliger in der Uniform eines britischen
Admirals an. »Ein Lump, bei George. Sie haben nicht einmal
einer alten Dame über die Straße geholfen.«
»Ich habe nie eine alte Dame gesehen, die Hilfe brauchte!«
»Das bringt es auf den Punkt«, sagten sie einstimmig. »Sie
waren zu selbstgefällig und egoistisch, um zu sehen, was wirklich um Sie herum vor sich ging.«
»Tut mir Leid«, antwortete Sterling demütig. »Ich hielt mich
für einen ziemlich netten Typen. Ich wollte nie jemanden verletzen. Gibt es irgendetwas, womit ich es jetzt wieder gutmachen
kann?«
Die Ratsmitglieder tauschten viel sagende Blicke.
»Bin ich wirklich so schlecht gewesen?«, rief Sterling. Er
zeigte auf den Warteraum. »In der ganzen Zeit habe ich mit vielen Seelen gesprochen, die dort durchgekommen sind. Sie waren
alle keine Heiligen! Im Übrigen habe ich jemanden direkt in den
Himmel gehen sehen, der bei seiner Einkommenssteuer gemogelt hat. Den müssen Sie verpasst haben!«
Alle lachten. »Da haben Sie vollkommen Recht. Da hatten wir
gerade Kaffeepause. Andererseits hat er viel für wohltätige
Zwecke gespendet.«
»Und was ist mit seinem Golfspiel?«, fragte Sterling eifrig.
»Ich habe niemals so geschummelt wie er. Und mir hat ein
Golfball den Schädel durchschlagen. Auf dem Sterbebett habe
ich dem Typen vergeben, der es getan hat. So nett wäre auch
nicht jeder.«
Sie schauten ihn unverwandt an, während vor seinem geistigen Auge die Menschen auftauchten, die er enttäuscht hatte.
Annie. Er war zu egoistisch gewesen, um sie zu heiraten, doch
er hatte ihr immer neue Hoffnungen gemacht, denn er hatte sie
nicht verlieren wollen. Nach seinem Tod war es für sie zu spät
gewesen, eine Familie zu gründen, wie sie es sich immer gewünscht hatte. Jetzt war sie im Himmel. Er musste sie wiedersehen.
Sterling war niedergeschlagen. Er musste wissen, was ihm bestimmt war. »Was wollen Sie mir damit sagen?«, fragte er.
»Werde ich nie in den Himmel kommen?«
»Witzig, dass Sie danach fragen«, erwiderte der Mönch. »Wir
haben über Ihren Fall gesprochen und sind zu dem Entschluss
gekommen, dass Sie der geeignete Kandidat für ein Experiment
sind, das wir seit geraumer Zeit in Erwägung ziehen.«
Sterling spitzte die Ohren. Noch war nicht alles verloren.
»Ich liebe Experimente«, begeisterte er sich. »Ich bin Ihr
Mann. Versuchen Sie es mit mir. Wann fangen wir an?« Er
merkte, dass er allmählich wie ein Trottel klang.
»Sterling, halten Sie den Mund und hören Sie zu. Sie werden
zurück auf die Erde geschickt. Ihr Job ist es, einen Menschen zu
finden, der ein Problem hat, und ihm bei der Lösung zu helfen.«
»Zurück auf die Erde!« Sterling war wie vor den Kopf geschlagen.
Acht Häupter nickten gleichzeitig.
»Wie lange werde ich dort bleiben?«
»So lange, bis das Problem gelöst ist.«
»Heißt das, wenn ich gute Arbeit leiste, darf ich in den Himmel? Ich wäre Weihnachten gern dort.«
Sie schmunzelten. »Nicht so hastig«, sagte der Mönch. »Um
es modern auszudrücken: Sie müssen eine Menge Vielfliegermeilen sammeln, bevor Sie einen Daueraufenthalt hinter jenem
heiligen Tor genehmigt bekommen. Wenn Sie jedoch Ihre erste
Aufgabe bis Heiligabend zu unserer Zufriedenheit erledigen,
erhalten Sie einen auf vierundzwanzig Stunden befristeten Besucherausweis.«
Sterling sank der Mut. Na schön, dachte er. Jede lange Reise
fängt mit einem kleinen Schritt an.
»Daran sollten Sie stets denken«, mahnte die Königin.
Sterling blinzelte. Er durfte nicht vergessen, dass sie Gedanken lesen konnte. »Woran werde ich die Person erkennen, der
ich helfen soll?«, fragte er.
»Das gehört zum Experiment. Sie müssen lernen, die Bedürfnisse anderer Menschen zu erkennen, und etwas unternehmen«,
sagte eine junge Farbige in Schwesterntracht.
»Werde ich Hilfe bekommen? Ich meine, jemanden, mit dem
ich reden kann, wenn ich mir nicht sicher bin, was zu tun ist? Ich
will alles tun, um den Job ordentlich zu erledigen, verstehen Sie.«
Ich rede wieder dummes Zeug, dachte er.
»Es steht Ihnen jederzeit frei, um eine Beratung mit uns zu ersuchen«, versicherte ihm der Admiral.
»Wann fange ich an?«
Der Mönch drückte den Knopf auf dem Beratertisch. »Jetzt.«
Sterling spürte, wie sich unter ihm eine Falltür öffnete. Im Nu
trudelte er an den Sternen vorbei, um den Mond herum, durch
die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher