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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die sicherlich mit uns eintreffen. Kohon zahlt gut. Und schließlich sind wir Satai, und wenn ich auch keine Ahnung habe, gegen wen wir ziehen…«
    »Aber ich«, hatte ihn der Alte ruhig unterbrochen.
    Skar war hellhörig geworden, hatte aber nichts gesagt. Schweigen war manchmal der bessere Weg, jemanden zum Reden zu bringen.
    »Es geht um die Quorrl«, hatte der Malabese nach einer Weile gesagt und dann, mit einem halb mitleidigen, halb spöttischen Lächeln hinzugefügt: »Ihr seht also, ihr werdet auf jeden Fall mit ihnen zu tun haben. Habt ihr von der großen Dürre im letzten Sommer gehört?«
    Skar hatte begonnen, mit seinem Krug zu spielen, als interessiere ihn das Thema nur mäßig. »Ein wenig.« »Es war schlimm. Ich war selbst nicht oben, aber ich habe vieles gehört. Die schlimmste Trockenheit seit Jahrzehnten. Viele sind verhungert, weil die Ernten auf den Feldern verbrannt sind, und noch mehr werden verhungern, wenn der Winter kommt.«
    »Und was haben wir damit zu schaffen? Elay ist weit.«
    »Ihr nichts. Aber die Quorrl. Aber…« Er hatte abgebrochen und gedankenverloren mit seinem leeren Krug gespielt, bis Skar seufzend eine neue Runde bestellte. »Sie haben sich zusammengerottet«, hatte er dann mit neu erwachter Redseligkeit hinzugefügt. »Zuerst waren es nur kleine Banden, die durch das Land zogen und Reisende oder wehrlose Dörfer überfielen. Aber als die Dürre schlimmer wurde, war bald bei den Bauern nichts mehr zu holen. Der Not gehorchend, rotteten sich die Quorrl mehr und mehr zusammen. Jetzt sind auch die befestigten Städte nicht mehr sicher. Das Tribaronat befürchtet wohl einen direkten Angriff auf Kohon. Man will der Gefahr zuvorkommen.«
    Skar hatte sekundenlang geschwiegen. Was der Alte erzählte, gefiel ihm nicht. Er hatte nie etwas gegen eines der drei Herzogshäuser Kohons gehabt, aber er hatte auch nicht besonders viel für sie übrig. Es war eine Sache, einem in Not geratenen Herzog gegen einen übermächtigen Feind beizustehen oder den Belagerungsring um eine Stadt zu sprengen, aber der Gedanke an einen gewissermaßen vorweggenommenen Rachezug, einen Krieg, der nur auf die Gefahr hin geführt wurde, daß ein Angriff eines Tages stattfinden könnte, behagte ihm nicht.
    »Woher weißt du das alles?« hatte er schließlich gefragt.
    »Man hört so dies und jenes. Außerdem… was erregst du dich so? Ihr Satai verdient doch euer Brot mit dem Kriegshandwerk.«
    »Aber wir kämpfen nicht gegen Strauchdiebe!« hatte Del gereizt eingeworfen.
    »Ihr solltet die Quorrl nicht unterschätzen. Habt ihr schon einmal einen gesehen?« »Natürlich«, hatte Del mit der ihm eigenen Großspurigkeit erklärt. »Sie sind keine Gegner. Sie mögen stark sein, doch Stärke allein nützt nichts. Sie sind plump. Plump und langsam. Außerdem sind sie feige.«
    »Sonst fällt dir nichts ein?« Der Alte hatte Del beinahe mitleidig angesehen und dann achselzuckend seinen Krug geleert. »Ihr werdet es erleben«, hatte er gesagt. »Aber ganz gleich, wie ihr euch entscheidet, hört auf meinen Rat und meidet die Nonakesh!«
    Dels Aufschrei riß Skar abrupt in die Wirklichkeit zurück.
    Er fuhr auf und sah sich einen Moment lang erschrocken um. Del hatte sich auf den Bauch gewälzt und grub mit bloßen Händen im Boden. Sein Gesicht hatte eine hektische rote Färbung angenommen, und in seinen Augen flackerte der beginnende Wahnsinn.
    »Wasser!« keuchte er. »Wasser! Hilf mir, Skar! Hilf mir!«
    Skar lief mit raschen Schritten die Düne hinunter und betrachtete verwirrt Dels Treiben. Der Junge grub wie ein Wahnsinniger. Das Delirium mußte noch einmal alle Kraftreserven in ihm mobilisiert haben.
    »Hilf mir!« keuchte er noch einmal. Seine Stimme klang verzerrt und kaum mehr wie die eines Menschen.
    Skar zögerte immer noch. Mit einemmal fühlte er sich furchtbar hilflos und verloren.
    »Du sollst mir helfen!« Del fuhr plötzlich herum, richtete sich mit einem Ruck auf und riß Skar brutal zu sich herunter.
    »Du… du willst mich umbringen!« keuchte er. »Du siehst, daß ich Wasser gefunden habe, aber du hilfst mir nicht! Ich weiß, warum du das tust! Du willst warten, bis ich erschöpft bin, und mich dann umbringen! Du denkst, du kannst das Wasser dann ganz für dich allein behalten!«
    Skar griff nach Dels Handgelenken und versuchte, seinen Griff zu sprengen. Aber Del entwickelte ungeheure Kräfte. Seine Finger preßten sich wie Stahlklammern um Skars Hals und drückten unbarmherzig zu.
    Skar keuchte.
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