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Entfuhrt

Entfuhrt

Titel: Entfuhrt
Autoren: Koppel Hans
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Hitler gilt in unserem Land Astrid Lindgren.
    Astrid Lindgren steht als Symbol für alles, was im Leben gut ist. Die kluge, besonnene Humanistin, die an das Gute im Menschen glaubt und es fördert.
    Es gibt eine Menge moralischer Geschichten und Redensarten, die Astrid Lindgren zugeschrieben werden. Eines der berühmtesten Zitate sagt, dass wir manche Dinge tun müssen, obwohl sie gefährlich sind. Weil wir sonst keine Menschen sind, sondern nur ein kleines Stück Dreck.
    Adolf und Astrid, schwarz und weiß, böse und gut.
    Diese naive Vorstellung von richtig und falsch ist verführerisch und verlockend. Wir wollen zu den Guten gehören und das Richtige tun.

    Ich habe jahrelang Opfer und Täter befragt – Täter, die ebenfalls Opfer sind, das ist etwas, was wir gerne vergessen – und weiß deswegen, dass die meisten in diesem Raum, inklusive meiner selbst, ohne größere Probleme sowohl das eine als auch das andere werden können.
    Wir tragen alle Adolf und Astrid in uns. Wer etwas anderes behauptet, stellt sich dumm.
    Aber solche philosophischen Fragen sollen uns jetzt nicht interessieren. Ich bin hier, um darüber zu sprechen, wie es in der Praxis zugeht.
    Die Methoden, die Täter anwenden, um ihre Opfer zu unterdrücken, sind auf der ganzen Welt dieselben und so alt wie die Menschheit. Chefs verwenden dieselben Techniken wie Alleinherrscher, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil es nur zwei Führungsinstrumente gibt: Zuckerbrot und Peitsche. Einmal mehr von dem einen und weniger von dem anderen oder umgekehrt, aber bei allen Methoden handelt es sich nur um Varianten.
    Ich werde leider nicht dafür bezahlt, hier zu stehen und komplizierte Dinge in einfache Worte zu fassen. Ich bin Akademiker, und als solcher habe ich gelernt, Dinge komplizierter zu machen, als sie sind, und mich selbst als intelligent und tiefgründig darzustellen.
    Das ist auch der Grund dafür, dass die Power Point-Präsentation erfunden wurde.«
Ortswechsel, soziale Isolation
Breaking in violence
Hunger

Gewalt/Androhung von Gewalt
Demütigung
Schuld
Freundlichkeit, Privilegien
Blockierung des Ich
Die aussichtslose Zukunft
    »Können alle gut sehen? Gut. Beginnen wir mit dem ersten Punkt …«

3. KAPITEL
    Jörgen Petersson wartete, während die Verkäuferin das Poster von Homer Simpson einpackte, ein Geschenk für seinen jüngsten Sohn, der bald Geburtstag hatte. Jörgen sah sich im Laden um, und sein Blick blieb an einem Bild von Lasse Åberg hängen. Ausnahmsweise mal kein Micky-Maus-Motiv. Das Bild zeigte ein altes Klassenfoto. Die Hälfte der Gesichter war verblichen und nicht mehr zu erkennen, nur wenige waren intakt. Etwas wenig subtil vielleicht, aber Jörgen hatte Sinn für das Schlichte. Er hatte nicht vor, seine Zeit im Auktionshaus Bukowskis auf der Jagd nach einem passenden Werk der drei namhaften, völlig überschätzten schwedischen Künstler zu vergeuden.
    Das Kunstinteresse der Reichen konnte Jörgen nicht nachvollziehen. Das war doch nichts anderes als der vergebliche Versuch, sich freizukaufen. Eine Art, sich von denen zu distanzieren, die weder die Mittel noch die Möglichkeit besaßen.
    Jörgen hätte es sich leisten können, alle drei Künstler in seine Diele zu hängen. Anders Zorn ging ja noch, aber auf diesen idiotischen Tiermaler Bruno Liljefors und den Idylliker Carl Larsson konnte er wirklich verzichten.

    Im Übrigen besaß er bereits einen Zorn. Im Klohäuschen seines Sommerhauses hing ein Poster aus dem Museum in Mora. Jörgen betrachtete es immer, wenn er dort sein Geschäft verrichtete. Nutzen und Vergnügen in wunderbarer Harmonie. Weder seine Frau noch die Kinder verstanden ihn, wo es doch im Haus eine Toilette mit Fußbodenheizung gab. Seine Frau hatte sogar vorgeschlagen, das Trockenklosett einfach abzureißen.
    Dagegen hatte sich Jörgen allerdings vehement gewehrt, obwohl er sich sonst in Entscheidungen, die den Haushalt betrafen, nicht einmischte. Aber da hörte der Spaß auf. Anderthalb Hektar Land, fast vierhundert Meter Uferlinie, und da sollte er nicht einmal in Ruhe in seinem eigenen Klohäuschen sitzen dürfen? In Gesellschaft halb gelöster Kreuzworträtsel in verblichenen Illustrierten.
    Es war richtig gewesen, dass er Widerspruch eingelegt hatte. Das erhöhte den Respekt seiner Frau und ließ ihn noch exzentrischer und halsstarriger erscheinen. Und das waren für einen reichen Mann keine schlechten Eigenschaften.
    Er betrachtete das Åberg-Bild noch eine Weile und überlegte sich, wie sein
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