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Entflammte Nacht

Entflammte Nacht

Titel: Entflammte Nacht
Autoren: Gail Carriger
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einer werwolfsgroßen Leere. In dem Versuch, sie mit irgendetwas zu füllen, nahm sie sich etwas Marmelade und – da sie nichts mehr zu verlieren hatte – aß sie direkt vom Löffel.
    Daraufhin fiel Mrs. Loontwill tatsächlich in Ohnmacht.
    Squire Loontwill bedachte die schlaffe Gestalt seiner Frau mit einem langen Blick, dann überließ er sie nach reiflicher Überlegung einstweilen sich selbst und zog sich ins Raucherzimmer zurück.
    Alexia erinnerte sich wieder an ihre Post, und da sie eine Ablenkung bitter nötig hatte und alles andere lieber tat, als sich weiterhin mit ihren Schwestern zu unterhalten, nahm sie den ersten Brief und erbrach das Siegel. Bis zu diesem Augenblick hatte sie eigentlich geglaubt, dass die Dinge nicht noch schlimmer werden könnten.
    Das Siegel des Briefes war unmissverständlich – ein Löwe und ein Einhorn mit einer Krone dazwischen. Die Botschaft darin war ebenso deutlich. Lady Maccons Anwesenheit war im Buckingham Palast nicht länger erwünscht. Die Königin von England würde sie in Zukunft nicht mehr empfangen können. Lady Maccon war von ihren Pflichten als Mitglied des Schattenkonzils bis auf Weiteres entbunden. Sie genoss nicht länger das Vertrauen oder die Autorität Ihrer Majestät. Das Amt des Muhjah war wieder einmal unbesetzt. Man dankte ihr freundlich für ihre bisherigen Dienste und wünschte ihr einen angenehmen Tag.
    Alexia Maccon erhob sich sehr entschieden, verließ das Frühstückszimmer und ging schnurstracks in die Küche. Sie ignorierte die verblüfften Bediensteten, marschierte ohne innezuhalten zu dem riesigen, eisernen Herd, der den Raum beherrschte, und stopfte das offizielle Schreiben hinein. Sofort fiel es den Flammen zum Opfer.
    Da sie sich danach sehnte, allein zu sein, ging sie aus der Küche nicht zurück ins Frühstückszimmer, sondern in den hinteren Salon. Am liebsten hätte sie sich auf ihr Zimmer zurückgezogen und sich unter der Bettdecke zu einer winzigen – nun ja, vielleicht nicht ganz so winzigen – Kugel zusammengerollt. Doch sie war bereits angezogen, und auch in den schwierigsten Zeiten musste man sich nun einmal an die Gepflogenheiten halten.
    Eigentlich hätte sie nicht überrascht sein sollen. Trotz all ihrer fortschrittlichen Politik war Königin Victoria moralisch konservativ eingestellt. Sie trauerte immer noch um ihren Ehemann, der seit über einem Jahrzehnt tot und zu einem Gespenst geworden war und sich dann aufgelöst hatte. Und wenn es eine Frau gab, der Schwarz nicht stand, dann war das Königin Victoria. Die Königin würde es Lady Maccon auf keinen Fall erlauben, ihre heimliche Rolle als außernatürliche Beraterin und Agentin im Außendienst weiter auszuüben, selbst wenn diese Position weiterhin strengstens geheim war. Zwischen Lady Maccon und der Königin durfte es nicht auch nur den Hauch einer Verbindung geben, nun da sie eine gesellschaftlich Ausgestoßene war. Die Neuigkeit aus der Morgenzeitung war vermutlich bereits in aller Munde.
    Alexia seufzte. Der Wesir und der Diwan, die beiden anderen Mitglieder des Schattenkonzils, waren sicher hocherfreut darüber, sie los zu sein. Sie hatte ihnen das Leben auch nicht gerade leicht gemacht. Das hatte ebenfalls zu den Aufgaben dieses Jobs gehört. Ein ahnungsvolles Schaudern durchlief sie. Nun, da Conall und das Woolsey-Rudel sie nicht mehr beschützten, gab es vermutlich eine Reihe von Personen, deren Meinung nach sie besser tot sein sollte.
    Sie läutete nach einem der Dienstmädchen und schickte es los, um ihren Sonnenschirm – Schrägstrich – ihre Waffe zu holen. Das Mädchen kam in kürzester Zeit zurück, und Alexia fühlte sich ein wenig wohler, als sie ihr Lieblingsaccessoire griffbereit hatte.
    Unaufgefordert kehrten ihre Gedanken erneut zu ihrem Gatten zurück, der so aufmerksam gewesen war, ihr diesen tödlichen Ziergegenstand zu schenken. Zum Teufel mit Conall! Warum hatte er ihr nicht geglaubt? Es sprach zwar alles in der bekannten Menschheitsgeschichte gegen sie, aber wenn schon! Die Geschichte war selbst unter den besten Umständen nicht gerade berühmt für ihre Genauigkeit. Ebenso wenig wimmelte es in ihr von weiblichen Außernatürlichen.
    Wissenschaftlich gesehen verstand niemand, warum sie war, was sie war, oder wie sie tat, was sie tat, trotz all der hoch gelobten technologischen Fortschritte Englands. Dann war er eben zum größten Teil tot, na und? Schließlich machte ihre Berührung ihn wieder sterblich, oder etwa nicht? Warum konnte
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