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Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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richtigen Zeitpunkt versohlte Hintern tragende Säulen waren. Imposante Theorien von einem, der nicht mal merkte, wenn ihn seine Töchter um den Finger wickelten. Gegen keine der beiden hatte er jemals seine Hand erhoben, dafür war Kästners Frau verlässliche Bürgin.
    »Hörst du mir überhaupt zu?« Kästner war dabei, von der Theorie auf die Praxis zu kommen, und wartete eine Antwort nicht ab. »Es ist jetzt Viertel nach acht. Schätze, die Schmierfinken schlafen noch. Sollte mich wundern, wenn sie sich heute Nacht noch die Finger gewaschen haben. Wir sollten sie uns vorknöpfen, bevor sie dazu Gelegenheit haben. Du übernimmst die Jungs in Kloster. Ob Harri oder Wiesel zuerst, musst du selbst wissen. Ich mach mich auf die Socken und statte dem lieben Enno einen Besuch ab. Heut’ Mittag wissen wir, wer die Kunstbanausen sind, das garantier ich dir!« Außer dem Autoschlüssel ließ er seinem Polizeiobermeister noch ein paar Ratschläge zur Vorgehensweise zukommen. Streifenwagen direkt vor die Tür. Konnte ruhig jeder sehen, dass die Polizei ins Haus kam. Keine Samthandschuhe, nicht lange fackeln, damit sie merkten, dass endgültig Schluss war mit lustig.
    Nach fast fünfzehn Jahren Zusammenarbeit hatte Pieplow sich daran gewöhnt, dass sein Dienststellenleiter ihm immer noch erklären wollte, wie effektive Polizeiarbeit aussah.
    Er nahm es gelassen. Jeder arbeitete auf seine Weise. Sollte Kästner die Jungs ruhig ins Bockshorn jagen. Er selbst verstand sich eher aufs Fragen und Zuhören. Genau das gedachte er auch in diesem Fall zu tun. Und bei Harri würde er damit anfangen.
    Der Streifenwagen bog auf den Mühlberg ein, als das Telefon klingelte.
    »Komm sofort zurück! Wir haben einen Leichenfund!«
    Nicht schon wieder, schoss es Pieplow durch den Kopf. »Wo?«, fragte er knapp. Kleine Steine spritzten auf und klackten gegen das Bodenblech, so heftig bremste er, um den Wagen zu wenden.
    »Das ist ja die Scheiße!«, brüllte Kästner durchs Telefon. »Am Wasser! Direkt unterm Swanti!«
    Verständlich, dass er überfordert klang. Nirgendwo sonst war das Inselufer so unwegsam wie dort draußen, wo der Swanti sechzig Meter hoch aus dem Meer aufragte. Eine senkrechte sandgelbe Wand über einem schmalen Geröllstrand. Kilometerweit entfernt von jedem Zufahrtsweg. Mit dem Auto kämen sie im Süden bis zur langen Ufertreppe am Klausner oder über Grieben zum Enddorn im Norden. Von wo sie sich zum Fundort vorkämpften, machte kaum einen Unterschied. Der Weg zu Fuß am Wasser entlang, über Geröll und an zigtausend Tonnen Küstenabbruch vorbei, würde zu viel Zeit kosten. Und ein Hubschrauber nutzte ihnen ebenso wenig wie die fahrbaren Wege ins Hochland, wo es zwar Fläche genug zum Landen oder Parken gab, aber eben nicht die geringste Chance, von dort zur Unglücksstelle hinabzusteigen.
    Blieb nur der Weg übers Wasser. Das schien auch Kästner erkannt zu haben.
    »Komm sofort zum Hafen! Walter ist schon unterwegs, und der Doktor müsste auch jeden Moment da sein.«
    Kästner konnte nur Walter Hübner meinen, Seenotretter und Kapitän der Nausikaa , die stets einsatzbereit vor dem Rettungsschuppen im Vitter Hafen vertäut lag.
    Das Dröhnen der starken Maschine klang beruhigend nach Kraft und Geschwindigkeit, als der Seenotrettungskreuzer den Hafen verließ. An Bord wurde nicht viel gesprochen. Zwischen Hübner und seinem Steuermann fiel sowieso nie ein überflüssiges Wort. Dr. Mathing, eben noch in der Vormittagssprechstunde mit Sommergrippe und Sonnenallergie beschäftigt, schien sich schweigend auf die Leichenschau einzustellen. Sogar Kästner war wortkarg. Das Wenige, das es zu berichten gab, hatte er an die Männer weitergegeben. Jetzt stand er an der Reling, das Fernglas noch ungenutzt um den Hals, und richtete den Blick aus zusammengekniffenen Augen auf die Fahrrinne zwischen den Sandbänken vor dem Bessin. Wo die Bugwelle der Nausikaa auslief, sah Pieplow Schwäne dümpeln. Ein Stück entfernt hockten Kormorane schwarz auf knochenweißem Strandholz. Zu satt und zu träge, als dass Bootslärm sie aufscheuchen könnte. Schon gar nicht an einem Tag wie diesem. Windstill und heiß, wie ausgeblichen von unzähligen Sonnenstunden. Das Wasser blaugrün und glatt bis zum staubgrauen Horizont. Normalerweise hätte Pieplow die dunkle wattige Linie genauer betrachtet. Sich zu erinnern versucht, was er über das Wetter der nächsten Stunden gehört oder gelesen hatte. Heute jedoch sah er sie, ohne sie wirklich
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