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Engelsleid (German Edition)

Engelsleid (German Edition)

Titel: Engelsleid (German Edition)
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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stehen? Warum also sollten wir unser Leben nicht mit einigen Annehmlichkeiten verbinden? «
    Darauf hatte Azaradeel keine passende Antwort gewusst. B e stimmt gab es noch Schlimmeres als ihr Schicksal, davon war er eigentlich überzeugt, obwohl er keine genaue Kenntnis besaß, was das sein kön n te. Denn von dort, wo es schrecklicher sein sollte, war noch niemand nach oben zurückgekehrt, so dass keiner wusste, ob es nur eine abschreckende Legende war oder wirklich exi s tierte.
    Azaradeel zweifelte in letzter Zeit häufiger an seinem jetzigen Dasein. Nach T ausenden von Jahren schlich sich wieder eine g e wisse Depression ein, die er in der Regel schnell überwand, nur um weitere T ausende Jahre später von N euem davon befallen zu we r den . Manchmal beneidete er die Sterblichen, deren Zeit auf der Erde b e grenzt war , denen zugleich aber alle Abenteuer wie Liebe und Sex zugestanden wurden , und er hätte es als Gnade empfunden, im Kampf mit einem Dämon zu sterben. Denn dies war die einzige G e fahr, die für einen wie ihn bestand.
    Seufzend strich Azaradeel sich seine klitschnassen Haare aus dem Gesicht, stützte dann sein Kinn auf eine Faust, den Arm wied e rum auf sein Knie, eine Haltung, in der er für die berühmte Statue von Rodin Modell gesessen hatte.
    Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Ab und an war er eben doch mal unartig gew e sen, hatte sich unter die Menschen begeben und – zumindest für seine Verhältnisse – ziemlich v errückte Di n ge gemacht.
    » Komm schon Alter, ich weiß, dass du mein Verhalten missbi l ligst. Aber bevor ich einen depressiven Trauerkloß abgebe wie du, warum soll ich mein Leben nicht genießen? «
    Azaradeel stand auf und schaute seinen Freund vorwurfsvoll an.
    » Vielleicht, weil du deiner moralischen Verpflichtung gerecht werden möchtest? Weil du kein Teenager mehr bist und mal vernün f tig werden solltest? Oder möchtest du auf ewig mit dem M a kel eines Gefallenen gekennzeichnet sein? « Das Dumme war, diese Kritik würde Leviathan nicht treffen, ihn belastete dies überhaupt nicht.
    Anstelle einer Antwort holte dieser zu einem freundschaft - l i chen Hieb auf Azaradeels Oberarm aus, hob dann beide Arme weit ausgreifend in die Luft, und brüllte gegen den Sturm an. » Sieh her, Paris, du Stadt der Liebe ! Ich präsentiere dir den alle r habenen, allunfehlbaren, allhochanständigen Azaradeel, an dem du deine Schönheit verschwendest ! « In einer weiteren theatral i schen Geste schlug Leviathan sich die Rechte zur Faust geballt aufs Herz und fuhr mit künstlich brechender Stimme fort. » Lebe wohl, oh Paris! Verfehlter, der ich bin, ich verdiene deine Reize nicht. Paris, ich ... «
    Der Sturm riss die Worte fort, mit denen er die eigene Unwü r digkeit neben seinem untadeligen Freund beklagte, bis er sich tode s mutig über die Dachkante in die Tiefe stürzte.
    Azarade e l schüttelte den Kopf und war unschlüssig, ob er über diesen Unfug lachen oder schimpfen sollte. Sekunden später stand Leviathan wieder neben ihm, als wäre nichts geschehen.
    » Nun komm schon, ein wenig Spaß macht das Dasein erträg - l i cher. Und erzähl’ mir nicht, dass du beim Anblick einer schönen Frau keine Bedürfnisse verspürst. Da reagierst selbst du wie ein Mann! « Sie kannten sich schon zu lange, als dass Leviathan ernsthaft eine Reaktion auf diese Spitze erwartete. » Hey Alter, wie viele Kinder hast du in den letzten hundert Jahren gezeugt? «
    Azaradeel bedachte den Freund mit einem vernichtenden Blick. » Das weißt du doch. Eines, das ich nur einmal kurz nach der Geburt gesehen habe. «
    Seit Jahren hatten sie darüber kein Wort verloren. Es war nicht nötig, heute damit anzufangen. Es war ihnen verboten, sich den Menschen zu nähern und erst recht war es verboten, mit ihnen eine Beziehung einzugehen, und noch mehr, mit ihnen ein Kind zu zeugen. Ihr ganzes Dasein hatte sich darauf zu beschränken, Dämonen zu jagen und in einer ihrer Eigenschaften als Schutze n gel den Menschen zu dienen, und dies alles möglichst ohne dabei bemerkt zu werden. Wie geschlechtslose Wesen sollten sie sich verhalten. Keusch, demütig, ihrer von einem höheren Wesen z u gedachten Rolle ergeben. Falls sie Wert darauf legten, jemals wieder als unfehlbar eingestuft zu werden.
    » Aza, du bist ein solcher Idiot. Glaubst du denn immer noch, dass nach Äonen eine Rehabilitation erfolgt, nur weil du dich als guter Engel beweist? Wie lange willst du dich noch kasteien, statt dir ein wenig Freude
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