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Engelsgrab

Engelsgrab

Titel: Engelsgrab
Autoren: Danielle Ramsay
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Stiefvater war in sicherem Gewahrsam und ging Brady vorerst nichts mehr an. Vielmehr sorgte er sich um dessen Frau. Zwar war er sich nicht sicher, wie viel Louise Simmons gewusst hatte, aber die Reporter würden sie zerfleischen. Zuerst würden sie Sophies trauriges Schicksal herausstellen, anschließend das Leben des Mädchens zerpflücken und zu guter Letzt der Mutter die Schuld zuweisen. Brady hatte es schon in zig Fällen erlebt. Mit einem Mal verschob sich die Perspektive. Dann war nicht mehr der Mörder der Böse, sondern die Mutter, die es versäumt hatte, ihr Kind zu schützen. Hatte sie denn nicht mitbekommen, dass ihr Mann ihre Tochter missbrauchte? Hatte sie beschlossen wegzusehen, womöglich um den äußeren Anschein zu wahren? Oder sich wie im Fall Louise Simmons lieber mit Alkohol betäubt, als gegen den Missbrauch vorzugehen? All das wären keine Entschuldigungen für Sophies Mutter gewesen, aber der wahre Schuldige war für Brady immer noch Paul Simmons.
    Conrads Saab tauchte am Ende der Straße auf. Brady schnippte seinen Zigarettenstummel fort.
    Der Saab hielt vor dem Hintereingang. Conrad stieg aus, kam um den Wagen und öffnete die Beifahrertür. Behutsam umfasste er Evies Ellbogen und half ihr hinaus – einer gebeugten Gestalt mit strähnigem Haar und verknitterter Kleidung. Zuerst stand sie mit gesenktem Kopf vor Brady. Dann schaute sie zu ihm hoch. Mit wehem Herzen betrachtete er ihr ungeschminktes kindlichess Gesicht, aus dem jeder Trotz verschwunden war. Blass und verletzlich wirkte sie, die Augen vom Weinen gerötet, als wäre sie wieder das kleine Mädchen, das hingefallen war und sich die Beine aufgeschürft hatte. Tränen liefen über ihr blasses Gesicht, als sie zum Revier hochblickte. Fast hätte Brady sie in die Arme geschlossen und gesagt, alles würde wieder gut, aber im letzten Augenblick hielt er sich zurück, denn für lange Zeit würde in Evies Leben rein gar nichts mehr gut werden.
    Nur am Rande nahm er wahr, dass Kate aus dem Wagen stieg, gefolgt von Claudia. Claudia legte einen Arm um Evies Schultern und drückte sie an sich.
    Wann hatte es begonnen?, fragte Brady sich. Seit wann waren die Dinge in Evies Leben schiefgelaufen? Jeder wäre ihm als Mörder von Sophie Washington lieber gewesen als dieses kleine Häufchen Elend, das sich wie eine Ertrinkende an Claudia klammerte.
    Schuldbewusst betrachtete er Evie. Er hatte zwar das Richtige getan, so wie es sein Job verlangte, aber gut fühlte er sich dabei nicht.
    Evie hob den Kopf. »Ich wollte das nicht«, flüsterte sie.
    Brady zupfte ihr eine Strähne aus den Augen. »Das weiß ich.«
    »Ich weiß nicht einmal, warum ich es getan habe, sie war doch meine Freundin …« Mit zittriger Hand wischte sie sich die Tränen vom Gesicht. »Aber sie ist so furchtbar gemein gewesen. Ich wollte doch nur, dass sie still ist.«
    Unbeholfen strich Brady ihr über den Kopf. »Niemand glaubt, dass du ihr das Leben nehmen wolltest.«
    »Wir hatten getrunken.« Evie schluchzte auf. »Und dann haben wir uns gestritten. Sie hat so schreckliche Dinge gesagt – über mich und Mr Ellison. Und über sich und meinen Dad. Und da habe ich …« Der Rest der Worte gingen in ihrem Schluchzen unter.
    Conrad trat zu ihr. »Komm, Evie. Hier draußen ist es doch viel zu kalt.«
    Evie löste sich von Claudia und nickte. Wie ein Kind nahm sie Conrads Hand und ließ sich durch den Hintereingang führen.
    »Ich danke dir«, sagte Brady zu Claudia.
    »Das tue ich nicht für dich«, entgegnete sie. »Sondern für Evie.«
    »Das ist mir durchaus bewusst.«
    Brady wandte sich zur Tür. Claudia hielt ihn am Arm fest.
    »Jack?«
    Er drehte sich um. Mit einem Mal erkannte er Schmerz in ihren Augen. Sie leidet ebenso wie ich, dachte er und hätte gern gewusst, ob ihre zerrüttete Ehe oder Evie der Grund für ihren Kummer war. Aber vielleicht war es ja beides.
    »Claudia …«, sagte er sanft.
    »Ich habe noch einmal über das Stellenangebot hier oben nachgedacht«, begann sie und sah ihn forschend an.
    »Und?«, fragte er überrascht.
    »Ich bin noch nicht ganz mit mir im Reinen.«
    »Bitte, komm zurück«, bat er leise.
    Einen Moment lang hielt sie seinen Blick fest. Dann sagte sie: »Ich muss zu Evie.«
    Brady gab ihre Hand frei und sah ihr nach, bis sie im Revier verschwunden war.
    Dass Kate zu ihm getreten war, merkte er erst, als sie ihn ansprach.
    »Was wird jetzt mit Evie geschehen?«, fragte sie.
    »Ganz genau kann ich dir das nicht sagen«, bekannte er. »Aber
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