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Engel für den Duke

Engel für den Duke

Titel: Engel für den Duke
Autoren: K Martin
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1. KAPITEL
    England, 1854
    R oyal Dewar durchquerte die Eingangshalle von Bransford Castle. Er trug hohe Reitstiefel, und seine Schritte hallten auf dem hölzernen Dielenboden wider. Als er am großen Salon vorüberkam, der mit seiner im Tudorstil gehaltenen Decke und den massiven Balken so beeindruckend wirkte, versuchte er, nicht auf die fadenscheinigen persischen Teppiche zu achten, deren leuchtende Rot- und frischen Blautöne, an die er sich aus seiner Jugendzeit erinnerte, nun verblichen waren.
    Dann stieg er die breite Mahagonitreppe hinauf und bemühte sich zu ignorieren, wie sich das Geländer anfühlte, dessen Holz früher glatt und von feinem Schimmer gewesen war und das jetzt, nach Jahren der Vernachlässigung, stumpf und glanzlos wirkte.
    Seit nicht einmal zwei Wochen war er nun zu Hause, war von Barbados nach England zurückgekehrt, nachdem er sieben Jahre auf Sugar Reef, der Plantage seiner Familie, gelebt hatte. Sein Vater war erkrankt, und der Anwalt der Familie, Mr Edward Pinkard, hatte nach ihm geschickt.
    Der Duke of Bransford liegt im Sterben, hatte in dem Brief gestanden, bitte beeilen Sie sich, Mylord, und kommen Sie nach Hause.
    Endlich war er hier und dankbar dafür, diese kurze Zeit mit seinem Vater verbringen zu können, aber das Gebäude war baufällig und bedurfte dringender Reparaturen, und er war es nicht gewohnt, sich im Haus aufzuhalten. Bei Sonnenaufgang hatte er nach seinem Vater gesehen und war dann zu den Stallungen geeilt. In den vergangenen acht Jahren war er nur ein einziges Mal über das Anwesen geritten, und nun freute er sich darauf, sein Zuhause wieder neu zu entdecken.
    Obwohl der Winterwind kalt war, der Himmel grau und wolkig, genoss Royal den Ausritt, was ihn selbst ein wenig überraschte. Er hatte sich an das heiße Klima auf Barbados gewöhnt, und seine Haut war sonnengebräunt von der Arbeit auf den Zuckerrohrfeldern. Doch an diesem Morgen, als der Wind ihm ins Gesicht wehte und sich vor ihm die offenen Felder erstreckten, so weit das Auge reichte, spürte er, wie sehr er England vermisst hatte.
    Als er zum Haus zurückkehrte, war es später Vormittag. Er schwang sich aus dem Sattel seines großen grauen Hengsts. Er hatte das Tier als Geschenk zu seinem einundzwanzigsten Geburtstag bekommen und es Jupiter genannt. Die Zügel reichte er einem wartenden Stallburschen.
    „Gib ihm eine Extraportion Hafer, ja, Jimmy?“
    „Jawohl, Mylord.“
    Royal fühlte sich ein kleines bisschen schuldig, weil er seinen Vater allein gelassen hatte, daher eilte er gleich ins Haus und die Treppe zum oberen Stockwerk hinauf. Dort ging er den Gang hinunter und blieb dann einen Moment lang stehen, um sich vor der Tür, die zum Schlafgemach des Dukes führte, zu sammeln.
    Unter dem schweren Holz drang ein Lichtschein hervor, also brannte drinnen eine Lampe. Royal drehte den silberfarbenen Knauf, schob die Tür auf und betrat das geräumige, matt erhellte Zimmer. Auf der gegenüberliegenden Seite lag sein Vater in dem großen Himmelbett mit schweren, goldfarbenen Samtvorhängen, nur noch ein schwaches Abbild des Mannes, der er einst gewesen war.
    Der Kammerdiener und langjährige Vertraute des Dukes, George Middleton, eilte auf seinen langen dürren Beinen herbei. Nach vielen Dienstjahren und nun auch von Kummer und Resignation waren seine Schultern gebeugt.
    „Es ist gut, dass Sie wieder zurück sind, Mylord.“
    „Wie geht es ihm, Middleton?“ Royal löste die Bänder seines langen scharlachroten Reitumhangs und ließ es zu, dass der Diener ihm den Umhang abnahm.
    „Ich fürchte, Mylord, er wird mit jedem Tag schwächer. Nur das Warten auf die Ankunft von Lord Reese hält ihn noch am Leben.“
    Royal nickte. Er hoffte, dass sein Bruder, der mit seinen siebenundzwanzig Jahren zwei Jahre jünger war als er selbst und als Major bei der britischen Kavallerie diente, Bransford erreichte, ehe es zu spät war. Sein anderer Bruder, Rule, der jüngste, war bereits von seinen Studien in Oxford nach Hause gekommen.
    Royal blickte zu den Samtvorhängen und sah Rule am Bett des Vaters sitzen. Hoch gewachsen und breitschultrig, mit dem muskulösen Körperbau eines Athleten, sah Rule seinen Brüdern sehr ähnlich: diegleiche gerade Nase, die markanten Züge mit dem energischen Kinn. Doch anders als Royal, der das dunkelblonde Haar und die goldbraunen Augen seiner Mutter geerbt hatte, waren Reese und Rule schwarzhaarig mit dengleichen leuchtend blauen Augen, wie sie auch der alte Duke hatte.
    „Er
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