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Engel aus Eis

Titel: Engel aus Eis
Autoren: Camilla L�ckberg
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»Schenk?« Das Prinzip Geburtstag hatte sie ganz offensichtlich begriffen.
    »Natürlich haben wir dir ein Geschenk mitgebracht, Süße.« Anna überreichte ihr ein großes rosa Paket mit silbernem Band. Maja stürzte sich aufs Neue in den Kampf mit der Verpackung. Diesmal wurde sie von Erica unterstützt. Gemeinsam zauberten sie eine Schlafaugenpuppe hervor.
    »Puppe!« Glücklich umschlang Maja auch dieses Geschenk und wackelte auf William zu, um ihm ihre neueste Eroberung zuzeigen. Sicherheitshalber wiederholte sie »Puppe!«, bevor sie ihm die Kostbarkeit vor die Nase hielt.
    Wieder klingelte es an der Tür. Einen winzigen Augenblick später trat Kristina ein. Erica knirschte mit den Zähnen. Diese Unart ihrer Schwiegermutter, nach einem kurzen symbolischen Klingeln einfach ins Haus zu marschieren, hasste sie von ganzem Herzen.
    Noch einmal wurde die Geschenkprozedur wiederholt, doch diesmal blieb der Erfolg aus. Nachdenklich sah Maja unter den Unterhemden und dem zerrissenen Geschenkpapier nach, ob sie nicht doch irgendein Spielzeug übersehen hatte. Dann blickte sie ihre Oma mit großen Augen an.
    »Beim letzten Mal hatte sie ein Unterhemd an, aus dem sie fast herausgewachsen war, und da es bei Lindex gerade drei zum Preis von zweien gab, habe ich zugeschlagen. Die kann man immer gebrauchen.« Kristina lächelte zufrieden und störte sich überhaupt nicht an Majas enttäuschtem Gesicht.
    Erica verkniff es sich, Kristina zu erklären, wie dämlich sie es fand, einer Einjährigen zum Geburtstag etwas zum Anziehen zu schenken. Sie hatte nicht nur Maja enttäuscht, sondern wieder einmal eine ihrer Spitzen ausgeteilt. Angeblich konnten Patrik und sie ihre Tochter nicht ordentlich anziehen.
    »Jetzt gibt’s Torte«, rief Patrik, der mit seinem untrüglichen Gespür für Timing auch diesmal fühlte, dass man die Aufmerksamkeit nun besser auf etwas anderes lenkte. Erica schluckte ihren Ärger hinunter, und alle gingen ins Wohnzimmer, wo die große Zeremonie mit den Geburtstagskerzen stattfinden sollte. Maja gab sich redliche Mühe, die einzige Kerze auszupusten, schaffte es aber lediglich, Spucke auf der Torte zu verteilen. Diskret half ihr Patrik, die Flamme zu löschen. Dann ließ sie sich feierlich besingen und bejubeln. Ericas und Patriks Blicke trafen sich über Majas blondem Schopf. Erica hatte einen dicken Kloß im Hals und merkte sofort, dass Patrik auch gerührt war. Ein Jahr. Ihr kleines Baby war ein Jahr alt geworden. Ein kleines Mädchen, das sich aus eigener Kraft vorwärtsbewegte, vor Freude in die Hände klatschte, wenn die Titelmelodie von Bolibompa ertönte, das allein essen konnte, die feuchtesten Küssevon Nordeuropa verteilte und die ganze Welt liebte. Erica lächelte Patrik an. Er lächelte zurück. In diesem Augenblick war das Leben perfekt.
    Mellberg seufzte tief. Das tat er inzwischen oft. Der schwere Rückschlag im Frühjahr drückte noch immer auf seine Stimmung. Dabei war es kein Wunder gewesen. Er hatte die Zügel aus der Hand gegeben, sich erlaubt, einfach er selbst zu sein und sich seinen Gefühlen hingegeben. So etwas tat man eben nicht ungestraft. Er hätte es besser wissen müssen. Eigentlich hatte er die Strafe sogar verdient. Hin und wieder brauchte man einen gehörigen Denkzettel. Doch nun war er klüger, und eins stand ohnehin fest: Er war nicht der Typ, der den gleichen Fehler zweimal machte.
    »Bertil?« Streng ertönte Annikas Stimme vom Empfang. Mit geübter Geste strich Mellberg sich die Haare über die Glatze und erhob sich widerwillig. Es gab nicht viele Frauen, von denen er Befehle entgegennahm, aber Annika Jansson gehörte zu diesem erlesenen Kreis. Mit den Jahren hatte er wirklichen Respekt vor ihr entwickelt, und das konnte man von keiner anderen Frau behaupten. Diese Person, die er im Frühjahr eingestellt hatte – ein totaler Fehlgriff! –, hatte ihn in seiner Haltung nur bestärkt. Und nun bekamen sie wieder einen weiblichen Neuzugang. Er seufzte noch einmal. Wieso war es so schwer, diese Stelle mit einem Kerl in Uniform zu besetzen? Als Ersatz für Ernst Lundgren schickte man ihm dauernd junge Mädchen. Ach, es war ein Elend.
    Vom Empfang ertönte Gebell. Mellberg runzelte die Stirn. Hatte Annika etwa einen ihrer Hunde mitgebracht? Sie wusste doch, was er von den Kötern hielt. Er musste dringend mit ihr sprechen.
    Es war jedoch keiner von Annikas Labradorhunden zu Besuch gekommen, sondern eine räudige Promenadenmischung von undefinierbarer Farbe, die an einer
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