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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes
Autoren: Ingrid Strobl
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fragte ich patzig.
    »Ich habe das Recht zu sitzen, wo ich will«, gab sie zurück. »Und bei diesem Wetter setze ich mich nicht rein, schon gar nicht wegen Ihnen.«
    »Die Nichtraucher regieren die Welt«, lästerte ich und warf ihr einen grantigen Blick zu. Dann ärgerte ich mich über mich selber. Wenn mir jemand blöd kommt, muss ich ja nicht selber auch noch bösartig werden. Ich schenkte ihr ein Lächeln. Das nicht erwidert wurde.
    Wir gingen rein und hatten gleich fünf Tische zur Auswahl. Kein Wunder, bei den Temperaturen.
    »Setzt euch erst mal dahin«, begrüßte uns Anita und wies auf einen der Tische neben dem Eingang, »draußen wird gleich was frei, die haben schon die Rechnung bestellt.« Mein Lächeln für die Dame von der Schafft-die-Raucher-ab-Front wurde offenbar belohnt. Ich glaube fest an so etwas wie Instant-Karma. Wir setzten uns und packten schon mal die Zigarettenschachteln aus. Was uns einen bösen Blick vom Tisch gegenüber einbrachte.
    »Was ist bloß los mit den Leuten?«, fragte ich Stefan. »Was sind die denn alle so fanatisch!«
    Aber mein Liebster ging auf diese hochpolitische Frage nicht ein. Stattdessen sah er mich an, als wollte er mir auch gleich das Rauchen verbieten.
    »Deine Nele ist wieder drauf.«
    Meine Nele. Immer wenn Nele etwas tut, das jemand anderem nicht passt, ist sie plötzlich »meine Nele«.
    »Was heißt drauf?«, fragte ich, so neutral ich konnte.
    »Sie hat Beikonsum.«
    »Und woher weißt du das? Sie ist ja schließlich nicht deine Klientin.«
    »Darum kann es ja wohl nicht gehen, woher ich es weiß. Fakt ist, sie nimmt wieder Heroin.« Wütender Blick. Dann herausfordernd: »Und du bist offenbar eingeweiht.«
    Eingeweiht. Wenn er so geschwollen daherredet, ist er richtig wütend. Mein ganzes Manöver, zu Franco zu gehen, hatte nichts gebracht. Die Szene-Buschtrommel war schneller gewesen.
    »Was biste denn jetzt auf mich sauer?«, schnappte ich. »Von mir hat sie die Schore nicht.«
    »Das will ich hoffen!«
    Jetzt reichte es mir.
    »So, ihr könnt raus.« Anita drückte uns die Speisekarten in die Hand. »Zwei Bleifrei wie immer?«
    Wir nickten. Unser Tisch stand direkt neben dem von Frau Saubermann. Wir zündeten uns unsere Kippen an und zogen gleichermaßen gierig daran. Frau Saubermann wedelte ostentativ mit der Hand.
    Lass dich jetzt nicht aus der Fassung bringen, Leichter!, ermahnte ich mich. Um mich abzulenken, studierte ich die Speisekarte. Es gab Spaghetti mit Pfifferlingen. Der Abend war gerettet. Zumindest vorläufig. »Nimmst du auch die Pfifferlinge?«, fragte ich Stefan.
    Er erkannte das Versöhnungsangebot. Entschied sich aber für die Penne al Merluzzo. Die nimmt er immer, wenn sie auf der Karte stehen. Wir schwiegen, bis Anita kam, um die Bestellung aufzunehmen. Unsere freundliche Nachbarin verlangte nach der Rechnung. Na bitte, geht doch.
    »Soweit ich weiß, will Nele in zwei Wochen in die Entgiftung«, fing Stefan wieder mit dem leidigen Thema an.
    »Ja eben«, erwiderte ich. »Und dann in die Therapie. Die Frau hat ernsthaft vor, clean zu werden. Das heißt, die darf dann nie wieder etwas nehmen, ihr ganzes Leben lang. Da ist es doch verständlich, dass sie sich jetzt noch mal ordentlich zuknallt, oder?«
    Stefan stöhnte. »Katja Leichter, die Anwältin der Junkies!«
    Ich seufzte. Anita kam mit unseren alkoholfreien Kölsch. Ich hob mein Glas und prostete meinem Liebsten zu: »Auf Stefan, den Retter der Ausstiegswilligen!«
    Er schwankte zwischen erneutem Ärger und seinem Sinn für Humor. Zum Glück siegte Letzterer.
    »Lass uns von etwas anderem reden«, schlug ich vor. Erzählte ihm von dem Jungen.
    »Lange läuft der da nicht rum«, sagte Stefan, als ich mit meiner Geschichte fertig war. »Die Polizei und das Ordnungsamt haben die Kids scharf im Auge. Und wenn das Kinder sind, also keine Jugendlichen, dann sammeln sie die sofort ein.«
    »Und wo bringen sie die hin?«
    »Ich nehme an, erst mal in ein Heim. Oder direkt zu den Eltern? Das weiß ich nicht, da müsstest du die Kollegen vom B.O.J.E. -Bus fragen oder die von der Treberhilfe. Aber wozu willst du das wissen?«
    Darauf hatte ich eigentlich keine Antwort.
    Stefan begann, von einem neuen Klienten zu erzählen, aber ich hörte nur mit halbem Ohr zu. Ich grübelte darüber nach, wie ich jetzt an eine andere Pflegemutter für das Interview kam. Die Sendung lief in zwei Wochen, ich musste also voranmachen. Vielleicht sollte ich Nele fragen, ob ich die von Jessica …?
    »Wie
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