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Endstation für neun

Endstation für neun

Titel: Endstation für neun
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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nur als gestrichelte Linie auf dem Stadtplan bemerkbar macht.
    Er war groß, der rote Bus, mehr als elf Meter lang und fast viereinhalb Meter hoch. Außerdem wog er mehr als fünfzehn Tonnen. Die Scheinwerfer waren eingeschaltet, und mit seinen beschlagenen Fenstern sah er warm und gemütlich aus, als er zwischen den entlaubten Baumreihen den verlassenen Karlbergsvägen entlang brummte. Dann bog er rechts auf die Norrbackagatan, und das Motorengeräusch wurde auf dem langen Hang zur Norra Stationsgatan hinunter gedämpft. Der Platzregen prasselte auf das Dach und gegen die Fensterscheiben, und die Räder wirbelten schäumende Wasserkaskaden auf, während der Bus schwer und unerschütterlich bergab rollte. Wo die Straße endete, war auch der Fuß des Hangs erreicht. Der Bus würde in einem Winkel von dreißig Grad auf die Norra Stationsgatan biegen und anschließend nur noch dreihundert Meter bis zur Endstation zurücklegen müssen. Der einzige Mensch, der das Fahrzeug in diesem Moment beobachtete, war ein Mann, der hundertfünfzig Meter die Norrbackagatan hinauf an eine Hauswand gepresst stand. Besagter Mann war Einbrecher und beabsichtigte, im nächsten Moment eine Fensterscheibe einzuschlagen. Er beobachtete den Bus, weil er ihn aus dem Weg haben und abwarten wollte, bis er vorbeigefahren war.
    Er sah ihn auch erwartungsgemäß an der Kreuzung bremsen und blinkend rechts abbiegen. Dann war er außer Sichtweite. Der Regen prasselte ohrenbetäubender denn je herab. Der Mann hob die Hand und zerschmetterte die Scheibe. Was er jedoch nicht sah, war, dass dieses Abbiegemanöver niemals beendet wurde.
    Der rote Doppeldeckerbus schien für einen Moment mitten im Abbiegen innezuhalten. Dann rollte er quer über die Straße, weiter über den Bürgersteig und bohrte sich halb durch den Stahldrahtzaun, der die Norra Stationsgatan von dem verlassenen Gelände des Güterbahnhofs auf der anderen Seite trennte. Dort blieb er stehen.
    Der Motor ging aus, nicht aber die Scheinwerfer und auch die Innenbeleuchtung nicht.
    Die beschlagenen Fenster schimmerten noch immer unvermindert gemütlich durch Dunkelheit und Kälte. Und der Regen peitschte auf das Blechdach. Es war drei Minuten nach elf am Abend des 13. November 1967.
    In Stockholm.

3
    Kristiansson und Kvant waren Streifenpolizisten in Solna. Im Laufe ihrer wenig abwechslungsreichen Laufbahn hatten sie Tausende von Betrunkenen sowie zahlreiche Diebe festgenommen und einmal höchstwahrscheinlich einem kleinen sechsjährigen Mädchen das Leben gerettet, indem sie einen berüchtigten Sexualmörder schnappten, der gerade im Begriff stand, die Kleine zu überfallen. Das war vor weniger als fünf Monaten gewesen und hatte sich, gelinde gesagt, eher zufällig ergeben, aber es war nichtsdestotrotz ein Eingreifen gewesen, das einer Heldentat gleichkam, auf deren Lorbeeren sie sich noch lange auszuruhen gedachten.
    An diesem speziellen Abend hatten sie sich niemanden geschnappt, abgesehen von zwei Flaschen Bier, was möglicherweise gegen die Vorschriften verstieß und folglich nicht weiter beachtet werden sollte.
    Kurz vor halb elf wurden sie über Funk zu einer Adresse in der Kapellgatan im Stadtteil Huvudsta geschickt, wo jemand eine leblose Person auf seiner Eingangstreppe gefunden hatte. Sie benötigten nur drei Minuten, um dorthin zu gelangen. Quer vor dem Hauseingang lag tatsächlich ein menschliches Wesen in einer ausgefransten schwarzen Hose, ausgetretenen Schuhen und einem schäbigen, graumelierten Ulster. Im hellerleuchteten Treppenhaus hinter der Tür stand eine ältere Frau in Pantoffeln und Morgenrock. Offensichtlich war sie es gewesen, die sich beschwert hatte. Sie gestikulierte durch die Fensterscheibe, schob dann die Haustür ein kleines Stück auf, streckte den Arm durch den Türspalt und zeigte auffordernd auf die reglose Gestalt.
    »Also, was geht hier vor?«, fragte Kristiansson. Kvant bückte sich und schnupperte.
    »Weggetreten«, sagte er mit tiefem und inbrünstigem Abscheu. »Pack mal mit an, Kalle.«
    »Moment noch«, sagte Kristiansson. »Was?«
    »Kennen Sie den Mann, gnädige Frau?«, erkundigte sich Kristiansson recht höflich. »O ja, das will ich meinen.«
    »Wo wohnt er?«
    Die Frau zeigte auf eine Tür drei Meter den Flur hinab. »Da«, sagte sie. »Er ist eingeschlafen, als er versucht hat aufzuschließen.«
    »Ja, er hat die Schlüssel noch in der Hand«, stellte Kristiansson fest und kratzte sich am Kopf. »Wohnt er allein?«
    »Wer würde schon mit
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