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Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)
Autoren: Joanne Fedler
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brauche auch kein Interesse an den genialen Leistungen ihres Kindes zu heucheln oder mir Litaneien über irgendwelche Verhaltensprobleme anzuhören. Wir beide unterhalten uns über Jonathan Franzens Bücher und Julian Assanges Wikileaks. Dabei trinken wir Kaffee, ohne ständig auf die Uhr zu schauen. Die Mutterschaft ist uns kaum eine Erwähnung wert, genauso wie die Menstruation oder die Wechseljahre: Wir Frauen machen das alle durch, auf die eine oder andere Weise, aber warum ständig darüber reden?
    »Ich war noch nie bei einem Freundinnen-Wochenende«, sagte sie, als ich sie dazu einlud. Also muss alles perfekt werden.
    Außerdem habe ich noch Alison eingeladen, aus meinem Pilateskurs am Samstagvormittag. Sie ist Kinderärztin, hat zwei Kinder und lebt mit ihrer Freundin Polly zusammen. Helen war ganz aufgeregt bei der Vorstellung, dass wir bei unserem Wochenende eine echte Lesbe dabeihaben würden. Ich überlegte kurz, ob ich auch noch Polly einladen sollte, aber dann dachte ich mir, dass dieses Wochenende ja auch ein Urlaub von unseren Partnern sein soll. Das gilt unabhängig davon, ob dieser Partner eine Vagina hat oder nicht, und damit auch für Alison. Außerdem muss jemand auf ihre Kinder aufpassen. Aber dann schrieb mir Alison per SMS, dass sie dieses Wochenende Notdienst habe und nun doch nicht mitkommen könne. Ich muss mir noch überlegen, wie ich das Helen gegenüber wiedergutmachen kann.
    Über Virginia mussten Helen und ich eine Weile diskutieren. Die beiden kennen sich seit der ersten Klasse. Das ist schön für sie, allerdings gibt es da ein Problem: Virginia ist Single und sie hat keine Kinder. Nicht mal Adoptiv- oder Stiefkinder. In ihrem Leben gibt es niemanden, dem sie Rechenschaft oder Sklavendienste schuldig wäre, kein einziger Klotz am Bein. All das ist natürlich nicht unbedingt erforderlich, um sich für dieses Wochenende zu qualifizieren. Aber sie arbeitet obendrein als Location Scout fürs Fernsehen und kommt in der ganzen Welt herum.
    Für mich bedeutet das: Uns steht ein ganzes Wochenende mit einem kinderlosen Glamour-Girl bevor, das uns die ganze Zeit von einem fantastischen Fotoshooting hier und dem grandiosen Urlaubsparadies dort erzählen wird. Ich bin jetzt schon grün vor vorweggenommenem Neid.
    »Toll«, sagte ich jedoch zu Helen. »Das bedeutet völlig neue Gesprächsthemen. Dann reden wir wenigstens nicht die ganze Zeit nur über unsere Kinder.«
    Dieses Haus wäre groß genug für zwanzig Frauen, stelle ich fest, während wir das Wohnzimmer inspizieren. Der Raum vermittelt das Gegenteil von gemütlicher Vertraulichkeit, wie immer man das auch bezeichnen würde. An der linken Wand hängt ein monströser Spiegel mit einem opulenten vergoldeten Rahmen voller Blätter, Weintrauben und kleinen, verstaubten Engeln. Er lässt den Raum tatsächlich optisch doppelt so groß wirken. Irgendjemand hier mag es möglichst weitläufig.
    »Schau mal – wir«, sage ich.
    »Ja, wir«, sagt Helen, ohne hinzuschauen.
    »Wir sehen gut aus«, bemerke ich.
    »Sprich bitte nur für dich.«
    Das zählt zu den Dingen, die ich an Helen liebe: Sie trägt immer noch die ausgeleierte Trainingshose, in der ich sie seit zehn Jahren kenne, mit einer Spur Porridge vom Frühstück am rechten Knie – jedenfalls hoffe ich, dass es Porridge ist. Sie schläft oft in ihren Klamotten und läuft den ganzen Tag im Schlafanzug herum. Alle ihre Sachen sind dunkelblau oder schwarz, damit der Schmutz nicht so auffällt, außerdem weit und bequem, meist mit Gummibund. Das einzige Make-up oder Kosmetikprodukt, das ich sie je habe benutzen sehen, ist die Salbe gegen Windelausschlag, die sie immer in der Handtasche hat und als Lippenbalsam hernimmt. Wäre sie eine Immobilie, würde man sie in der Anzeige so beschreiben: Gemütliches, anheimelndes Haus mit eigenem Charakter für die große Familie, geringe Unterhalts- und Nebenkosten – hier bekommen Sie noch viel für Ihr Geld! Eitelkeit gehört jedenfalls nicht zu ihren Lastern.
    Plötzlich nehme ich aus dem Augenwinkel drei riesige Gestalten wahr und wirbele herum. Kein angenehmer Anblick. In der Beschreibung stand davon kein Wort. Aus der gegenüberliegenden Wand ragen die Köpfe dreier enthaupteter Kreaturen hervor. Einer sieht nach Wildschwein aus, der zweite gehörte mal einem Hirsch und hat ein prächtig geschwungenes Geweih, der dritte einem Büffel.
    »Der da erinnert mich an Fritzy – einen Kerl, mit dem ich mal eine Weile zusammen war, ehe ich David
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