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Ende (German Edition)

Ende (German Edition)

Titel: Ende (German Edition)
Autoren: David Monteagudo
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Schließlich dreht sie sich um und will davon in Richtung Flur. Hugo stellt sein Glas so schnell auf den Tisch, dass ein Teil des Inhalts überschwappt, und fängt Cova in dem Moment ab, als sie die Schwelle überschreitet.
    «Warte, bitte», sagt er, hält sie an beiden Armen fest und vergräbt sein Gesicht in ihrem Haar. «Ich hätte nicht … Ich bin in letzter Zeit ein bisschen mit den Nerven runter.»
    Cova windet sich aus seiner Umarmung und dreht sich um. Jetzt ist sie die Gelassenere, Beherrschtere.
    «Der wirkt ja schnell», kommentiert sie ironisch.
    «Aber doch nicht in zwei Sekunden!», protestiert Hugo, greift zum Glas und nimmt noch einen Schluck.
    «Dein Atem hat schon vorhin nach Whisky gerochen. Du bist mir ja ziemlich nahe gekommen.»
    «Ein echter Mann», zitiert Hugo mit hochgezogener Augenbraue und pseudosinnlicher Stimme, «beweist sich auf wenig Distanz. Aftershave von Brumel.»
    Cova schüttelt entnervt den Kopf.
    «Unglaublich», sagt sie, «die Verwandlung in den Wolfsmenschen. Oder vielmehr umgekehrt. Wie kann sich deine Stimmung nur so schnell ändern? Von Wut zu … Na klar, der Alkohol.»
    «Krieg dich ein. Oder bist du jetzt der Heilsarmee beigetreten? Du weißt ganz genau, dass ich kein Alkoholiker bin. Komm her», sagt er und klopft mit der Hand aufs Sofa, «dann erklär ich dir, was es mit dieser Frau auf sich hat, die gerade angerufen hat. Wir müssen entscheiden, ob wir hinfahren oder nicht.»
    «Hauptsache, das Problem ist erst mal vom Tisch, nicht wahr?», stichelt Cova und geht zu ihm, setzt sich aber nicht. «Worum geht’s denn?»
    «Um ein Abendessen. Was ist denn jetzt schon wieder? Wo willst du hin?»
    Cova geht in die Küche und kommt mit einem ordentlich gefalteten, offensichtlich noch unbenutzten Lappen zurück.
    «Das kannst du später sauber machen», protestiert Hugo.
    «Vorhin am Telefon klang das aber nicht nach einem einfachen Abendessen», sagt Cova, während sie den Tisch und den Unterboden des Glases abwischt, «sondern nach was ganz Besonderem.»
    «So, so, du hast also gelauscht», erwidert Hugo und holt sich sein Glas zurück. «Aber du hast recht, es geht wirklich um was Besonderes. Der Anlass liegt fünfundzwanzig Jahre zurück.»
    «Fünfundzwanzig Jahre? Ich hatte fünfzehn verstanden.»
    «Da hast du dich verhört. Wie kommst du nur auf fünfzehn? Ach, jetzt weiß ich’s. Es ist fünfzehn Jahre her, seit ich zum letzten Mal mit dieser verrückten Nudel gesprochen habe. Aber feiern will sie das fünfundzwanzigjährige Jubiläum.»
    «Silberne Hochzeit also.»
    Cova geht in die Küche, spült den Lappen sauber und hängt ihn zum Trocknen auf. Dann kommt sie wieder.
    «Nein, da bist du auf dem falschen Dampfer», klärt Hugo sie auf. «Wobei, wenn ich’s mir recht überlege, vom Alter her kommt es ja bei uns allen hin.»
    «Wer sind ‹alle›?»
    «Ich hab dir von der alten Clique erzählt. Von Ginés, der damals mein bester Freund war.»
    «Stimmt, du hast ihn mal erwähnt. Aber wirklich erzählt hast du mir nichts von ihm.»
    «Weil es nichts zu erzählen gibt, zumindest nichts Interessantes. Nur das Übliche: Konzerte, Besäufnisse, mehr oder weniger verbotene Ausflüge, die eine oder andere Delle im Auto. Nicht mal Joints haben wir geraucht. Du merkst schon: Wir waren eine eher langweilige Truppe. Dazu das typische Liebesgeplänkel, Beziehungen, die meistens nicht länger als eine Woche gehalten haben. Die Mädchen sind von einem zum anderen gewandert, mal war der eine der Kummerkasten, mal der andere, und wieder ein anderer hat nie eine abgekriegt und sich auf den Partys immer besoffen.»
    «Und wer ist diese Nieves? Du hast sie nie erwähnt.»
    «Das kann nicht sein. Ich hab dir bestimmt schon mal von ihr erzählt. Alle nannten sie Yeti, wegen ihres Namens, Nieves: Schnee.»
    Cova bricht in ein spontanes, ehrliches Gelächter aus, das eine ganze Weile anhält, sehr zu Hugos Freude.
    «Und dann war da noch ein Mädchen, das ziemlich viel getrunken hat, Irene hieß sie … Ihr Name erinnerte an eine griechische Schauspielerin, aber alle nannten sie Kotzi, weil ihr immer schlecht wurde.»
    «Wie gemein!», empört sich Cova und lässt sich neben Hugo auf das Sofa plumpsen. «Die Namen habt ihr euch bestimmt nur deshalb ausgedacht, weil ihr bei den Mädels abgeblitzt seid.»
    Hugo nimmt einen kräftigen Schluck und betrachtet nachdenklich sein Glas, bevor er antwortet.
    «Da ist was Wahres dran. Nieves war eigentlich … Jetzt ist sie dicker als
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