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Elsas Küche: Roman (German Edition)

Elsas Küche: Roman (German Edition)

Titel: Elsas Küche: Roman (German Edition)
Autoren: Marc Fitten
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hin oder her, die Kunst bestand darin, dass man im Geschäftblieb. Sich zehn Jahre zu halten, war keine geringe Leistung, das wusste Elsa. Sie wusste auch, dass sie noch zehn Jahre weitermachen konnte. Ihr Lokal mochte nicht so großartig sein wie die Drei Rosen , aber ihr genügte es.
    Der Kritiker fischte das letzte Linzer Plätzchen aus der Schachtel.
    Sie zeigte auf den See und die Tretboote, die auf dem Wasser schaukelten. Ihr fiel auf, dass kaum jemand dort Schlange stand.
    »Würden Sie gern mit mir Boot fahren?«, fragte sie.
    Der Kritiker zögerte und dachte an sein Gewicht. Er blickte zu den Booten und dann zu Elsa. Sie war, wie er fand, sehr hübsch. Wie konnte er da Nein sagen?
    »Ich weiß nicht, ob ich ein guter Tretbootfahrer bin«, sagte er vorsichtig, »aber ansonsten gerne.«
    »Möchten Sie auch gerne mitkommen?«, fragte sie ihre alten Lehrer.
    Die beiden Männer schüttelten die Köpfe.
    »Nein, nein«, sagte der Soßendozent. »Dafür bin ich zu alt, und außerdem ist es zu heiß. Wir sehen uns den Rest des Umzugs an und gehen dann ins Hotel zurück. Ihnen beiden viel Spaß und bis nachher!«
    Elsa hakte sich beim Kritiker unter und zog ihn zu den Tretbooten. Sie sahen sich alle genau an, und er wollte unbedingt das größte mieten, ein Viererboot in Form eines Schwans, mit Schaufelradpedalen aus Plastik und Wasserlachen auf den Sitzen. Elsa wischte die Lachen mit der Hand ab, dann kam der Kritiker ebenfalls ins Boot.
    »So was hab ich seit meiner Kindheit nicht mehr gemacht«, erklärte er.
    »Keine Sorge«, sagte Elsa, »ich auch nicht.«
    Sie setzten sich und fingen an zu treten, erst langsamer unddann immer schneller. Lachend paddelten sie, so schnell sie konnten, und waren im Handumdrehen in ihrem Schwan in die Mitte des Sees gelangt. Sie waren ins Schwitzen geraten, und die Brise über dem Wasser bot ihnen ein wenig Abkühlung. Auf dem See war es ruhiger, doch sie hörten immer noch Fetzen von Musik von der Wiese herüberdringen. Sie machten eine Pause und ließen den Schwan treiben. Der Kritiker blickte schüchtern zu Elsa. Er dachte an seine Mutter und an Madame Isabelle und an seine Schwester in Rom. Keiner von ihnen hätte Einwände, im Gegenteil. Sie würden vielleicht sogar lächelnd auf ihn herabsehen. Er amüsierte sich tatsächlich mit einer attraktiven Frau. Er öffnete die Schachtel, die sie ihm geschenkt hatte, und bot ihr ein Plätzchen an. Sie nahm sich eines und lächelte ihn an.
    »Ich freu mich immer darauf, Ihre monatliche Kolumne zu lesen«, sagte Elsa. »Die les ich am liebsten. Ich kann sofort sagen, ob ein Lokal Ihnen gefallen hat oder nicht. Bei einer Tasse Kaffee mal ich mir aus, wie ich selbst dort esse.«
    »Der Beruf macht mir Spaß«, sagte der Kritiker. »Meistens jedenfalls. Manchmal allerdings sind die Küchenchefs einfach unmöglich.«
    »Ach ja? Wie meinen Sie das?«
    Der Kritiker zuckte die Achseln. Ihm fiel wieder ein, warum er hergekommen war und wie. Er blickte auf die Tröpfchen über Elsas Oberlippe.
    »Manchmal sind sie zu ambitioniert«, erklärte er. »Sie bestehen nur aus Ambitionen. Hungern nach den falschen Dingen, während sie sich eher darum kümmern sollten, dass ihre Geschmackskombinationen stimmen.«
    Elsa schob sich ein Plätzchen in den Mund und machte die Augen zu. Ambitionierte Küchenchefs, dachte sie. Zu denen hatte sie auch einmal gehört. Doch was war sie jetzt?
    Sie bemerkte etwas am Ufer. Sie legte den Kopf schräg und lehnte sich vor, um besser sehen zu können.
    »Was ist?«, fragte der Kritiker. Er hatte überlegt, ob er die Hand auf ihr Knie legen sollte, doch ihr Gesichtsausdruck schreckte ihn ab. »Was haben Sie entdeckt?«
    Elsa hatte den Kopf vorgereckt und blinzelte. Sie lehnte sich praktisch aus dem Boot. Sie umfasste den Lenker so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß wurden.
    »Unglaublich«, sagte sie.
    Sie fing an, wie wild zu treten. Sie trat so fest in die Pedale, dass sie am ganzen Körper bebte. Sie lenkte den Schwan mit einer Hand und griff mit der anderen nach seinem Arm und drückte ihn fest.
    »Treten Sie in die Pedale!«, fuhr sie ihn an. »Treten Sie feste!«
    Der Kritiker tat sein Bestes. Einen Augenblick lang trat er wie wild, konnte aber nicht mit ihr mithalten und war bald außer Atem. Das Boot fing an, sich im Kreis zu drehen.
    »Ich kann nicht mehr«, sagte er, »tut mir leid. Wir haben vorhin schon so viel gestrampelt. Was ist? Habe ich was Falsches gesagt?«
    Elsa sah ihn scharf an. »Treten Sie in
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