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Ella und das große Rennen

Ella und das große Rennen

Titel: Ella und das große Rennen
Autoren: Timo Parvela
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Banane gegessen«, erzählte ich.
    »Es stimmt
alles
«, sagte die Tante, die inzwischen ein vollgeschriebenes Blatt Papier aus ihrer Tasche gezogen hatte. Sie schüttelte traurig den Kopf.
    »Und die Direktorin?«, fragte der Onkel. »Spielt sie bei dem ... Versteckspiel auch mit?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Wenigstens
ein
Lichtblick«, seufzte die Tante.
    »Aber gestern hat sie mitgespielt«, erinnerte sich Hanna.
    »Und hat ... hat die Direktorin euch gezwungen, Dinge zu tun, die ihr nicht tun möchtet?«, wollte der Onkel noch wissen.
    »Aber hallo!«, rief Pekka vom Käfigdach. »Mich hat sie gestern sogar gezwungen zu spülen.«
    »Ist es denn die Möglichkeit!«, sagte die Tante kopfschüttelnd.
    »Doch, doch«, versicherte Pekka. »Außerdem musste ich putzen, Milch holen, Gummistiefel anziehen, im Garten die Blätter zusammenharken, Pilze essen und einen dicken Pullover tragen.«
    »Armer Junge!«, sagte der Onkel und wischte sich etwas aus dem Augenwinkel. Ob es eine Träne oder eine Schneeregenflocke war, konnte man nicht erkennen.
    Wir Kinder hatten natürlich auch Mitleid mit Pekka, obwohl er mit seinem Unglück ja nicht allein war. Schließlich zwingen einen alle Mütter, Dinge zu tun, die man lieber nicht tun würde.
    »Und Martti kann sie überhaupt nicht ausstehen«, fuhr Pekka fort. »Er muss in einer Schachtel leben, obwohl er lieber frei sein möchte.«
    Die Tante und der Onkel schauten einander an und seufzten.
    »Das ist aber noch nicht mal das Schlimmste. Meinen Vater hat sie sogar gezwungen, mit ihr ins Ballett zu gehen, obwohl er viel lieber mit mir zum Eishockey gegangen wäre.«
    »Es ist unerhört. Eine Direktorin
darf
so etwas einfach nicht«, sagte die Tante streng.
    »Niemals«, gab ihr der Onkel recht.
    »Sie tut’s aber«, sagte Pekka mit trauriger Stimme. »Außerdem schimpft sie, dass mein Vater abnehmen soll.«
    »O nein! Aber keine Sorge, wir werden dich und Martti retten. Wir werden euch
alle
retten«, versprach die Tante.
    »Wir werden dem unerhörten Treiben ein Ende machen«, verkündete der Onkel.
    Genau da kam der Lehrer mit einem Globus in der Hand auf den Schulhof. Er schaute zu uns her, und natürlich sah er auch den schnurrbärtigen Onkel und die Tante, die sich noch einen schnellen Blick zuwarfen und dann zu ihrem Auto rannten.
    »Habt keine Angst!«, rief die Tante über die Schulter zurück.
    Dabei hatten wir überhaupt keine Angst. Aber die Tante und der Onkel schienen welche zu haben. Und ausgerechnet vor unserem Lehrer.
    »Wir kommen wieder!«, rief der Onkel, bevor er ins Auto sprang. Dann gab er Vollgas, dass die Reifen quietschten.
    »Es gibt schon verrückte Leute«, wunderte sich der Lehrer. »Aber keine Sorge, ich werde euch beschützen.«
    Uns war es recht, dass uns so viele Erwachsene retten und beschützen wollten. Da fühlte man sich richtig sicher. Schön war aber auch, dass der Lehrer sagte, wir sollten jetzt bitte nach drinnen kommen.

Ihr seid gerettet
    Erst waren wir überrascht, als wir die nagelneuen Tische und Stühle in unserem Klassenzimmer sahen. Aber dann mussten wir schrecklich lachen, weil es so komisch war, dass wir den Käfig auf dem Schulhof für unser neues Klassenzimmer gehalten hatten, obwohl damit doch nur unsere kaputten alten Schulmöbel abtransportiert werden sollten.
    Komisch war auch, dass der Lehrer blaue Farbe auf der Stirn hatte. Am Abend davor hatte er nämlich das Kinderzimmer gestrichen, das er und seine Frau für ihr neues Baby herrichteten. Das wussten wir deshalb so genau, weil unser Lieblingsplatz der große Felsen im Hof vom Haus des Lehrers ist. Von oben auf dem Felsen kann man prima ins Haus des Lehrers sehen, aber natürlich nur, wenn die Vorhänge geöffnet sind. Komischerweise sind sie es manchmal nicht. Dabei haben der Lehrer und seine Frau doch bestimmt nichts vor uns zu verbergen.
    Mein neuer Tisch war toll. Er hatte höhenverstellbare Beine, und die Tischplatte glänzte, dass ich mein Gesicht darin sehen konnte.
    »Behandelt die neuen Möbel bitte mit Sorgfalt!«, ermahnte uns der Lehrer. »Sie müssen ein paar Tausend Jahre halten.«
    Wir überlegten uns, ob die alten Möbel wohl auch so alt gewesen waren. Wenn ja, war es natürlich toll. Dann hatte an meinem Tisch vielleicht schon Christoph Kolumbus gesessen. Oder irgendein finnischer Präsident. Oder Noah, der später die Arche gebaut hat. Links unten an meinem alten Tisch hatte jemand was eingeritzt:
N. was here!
3 Vielleicht war das dieser Noah
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