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Elfriede im Salon (German Edition)

Elfriede im Salon (German Edition)

Titel: Elfriede im Salon (German Edition)
Autoren: Henry Milk
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Frühjahr oder im Herbst) auf eine griechische Mittelmeerinsel zurück, obwohl er ein paar Jahre in den Maghrebstaaten und im Vorderen Orient verbracht hatte, hielt sich aber im wesentlichen in seiner Stadt auf. Hier ansässige Prostituierte suchte er nicht auf, und es war so, als ob er in dieser Beziehung eine Lebensweise angenommen hatte, die sein früheres Theologiestudium vorgezeichnet hatte. Jemand, der hier nach einfachen Erklärungen sucht, findet keine. Das eher unstete Leben, das er früher geführt hatte, führte er nur in einer Beziehung fort: Er suchte gerne Kneipen auf, in denen er sich manchmal die Nacht um die Ohren schlug. Robert Unmuth hatte in früheren Jahren Coca gekaut, Kokain probiert, Haschisch, Marihuana und Opium geraucht und bei indianischen Peyote- und Pilzzeremonien teilgenommen, nun aber, sesshaft, beschränkte er sich auf alkoholische Getränke. In seinem früheren Leben hatte er sich nie wie mancher Beatnickpoet oder Hippie, denen er auf seinen Reisen begegnete, den exotischen Drogen verschrieben, sondern sie nur, hin und wieder - zwar intensiv - ausprobiert, um sie, genau wie Land und Leute kennenzulernen, denn konnte man Marokko oder Indien verstehen lernen, ohne jemals Haschisch geraucht oder die Verhältnisse Perus ohne Coca gekaut zu haben. Aber das lag alles weit zurück, und wenn er auch für den “Haschischabend” wertvolle Erfahrungen mitbrachte, lagen diese soweit zurück, dass auch ihn an jenem Abend eine Erregung ergriff, so als ob er das erste Mal in seinem Leben einen Joint geraucht hätte und im Übrigen war auch er auf die Hilfe Elfriedes angewiesen, einen solche zu drehen. Er hatte es nie gelernt. Elfriede hatte er bei einem seiner Kneipengängen kennengelernt.
    In wieweit das bisher über Robert Unmuth Gesagte ihn in der Gegenwart charakterisiert, sei dahin gestellt, da das schillernde Leben von Robert Unmuth zehn, zwanzig bzw. dreißig Jahre zurückliegt. Jedenfalls war er an diesem Abend aufgeregt wie ein Junge, der durch professionelle Seite seine Unschuld verliert. Er hatte seit neun Jahren keinen Beischlaf mehr vollzogen und die vielen Huren, die er gehabt hatte, waren blasse Erinnerungen eines anderen Lebens. Insofern ist es auch richtig, Robert Unmuth diesem dumpfen, erregten Kollektiv zuzurechnen, dessen einzelne Mitglieder sich kaum unterschieden. Robert nicht ganz so groß wie Professor Hügel, von hagerer Statur, trug saloppe Kleidung, einen kurzen Haarschnitt und einen Schnäuzer.
    Elfriede konnte nicht verstehen, dass Robert Unmuth von der gleichen Aufregung ergriffen war wie die beiden anderen Herrschaften. Was der doch alles erlebt hatte. Vermutlich hatte er auch irgendwann, irgendwo in den Tropen, gemeinschaftlichen Sex gehabt. Sie öffnete für die Männer eine weitere Flasche Rotwein, die eine Weile hätte offenstehen müssen, damit der Wein vollen Geschmack entwickelt hätte, aber die Philosophen brauchten etwas zur Beruhigung und Valium wollte sie den Intellektuellen nicht verabreichen, da dies wohl ihr Projekt gefährdet hätte. Was mochte das für ein Luder sein, die ihre Denker aufmischen würde? Man kannte die Nutte, die kommen würde, nicht. Etwas angewidert hatte sich Robert Unmuth an eine Agentur gewandt und in Rücksichtnahme auf Dr. Schwarz eine Prostituierte verlangt, die nicht älter war als dreißig; zwanzig bis dreißig sollte sie sein, im gängigen Sinne attraktiv und ein bisschen Intelligenz war auch angesagt. Elfriede schenkte den Wein ein und statt sich zu bedanken, äußerte das Kollektiv unzusammenhängende Bedenken wegen ihrer Anwesenheit. Dieses dumme Gerede konnte sich Elfriede nicht länger anhören. Sie vermutete, dass zurzeit ihr Intelligenzquotient um dreißig Punkte höher lag als der kollektive Quotient der Männer. Irgendjemand musste hier einen klaren Kopf behalten.
    “ Professor Hügel, macht es ihnen etwas aus, dass ich sie vielleicht nackt sehen werde? Vielleicht macht es ihnen ja etwas aus, wenn ich sehe, wie sie in diese Schlampe eindringen werden.
    Das finde ich nicht fair. Stört sie die Anwesenheit von Dr. Schwarz und die von Herrn Unmuth nicht genauso?” Der Professor blieb eine Antwort schuldig. “Ich gehöre einfach dazu! Ich bin Teil ihres Projekts, ob sie wollen oder nicht. Gerade, weil sie sich vermutlich mit diesem Projekt übernommen haben, gehöre ich dazu.” Es war eine Schwäche der Männer, dass sie nicht energischer protestierten und eine gewisse innere Lähmung verhinderte, dass man sich zu
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