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Elfenzeit 12: Ragnarök - Schartz, S: Elfenzeit 12: Ragnarök

Elfenzeit 12: Ragnarök - Schartz, S: Elfenzeit 12: Ragnarök

Titel: Elfenzeit 12: Ragnarök - Schartz, S: Elfenzeit 12: Ragnarök
Autoren: Susan Schartz
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schlug in die Schulter des Zentauren. Der brüllte vor Schmerz so laut auf, dass kurzzeitig jede Bewegung um ihn herum erstarb und alle ihn anstarrten. Wütend packte er den Kau, und was dann folgte, sah sich Gofannon nicht mehr an.
    Das jämmerliche Geschrei des dürren Elfen war ihm Lohn und Befriedigung genug, und das dazugehörige Bild malte er sich lieber selbst aus, weil es in seinen Gedanken sicherlich weitaus grausamer war. Zufrieden ging er weiter. So wohl hatte er sich seit Jahrhunderten nicht mehr gefühlt.
    Die Grenze nach Crain war selbstverständlich dicht verschlossen. Tara lag zwar auf dem Herrschaftsgebiet des Baums, aber Bandorchu hatte ihre neue Residenz »dazwischen« errichten müssen, weil sie keinen Zugang zur Anderswelt hatte. Allerdings konnte sie die magischen Strömungen von dort anzapfen und verfügte außerdem über die Energie der besetzten Ley-Knoten.
    Für die Elfen gab es daher keinen direkten Zugang zum Baum, für den Gott aber schon. Und darüber konnte er nur froh sein, da er keine Möglichkeit hatte, einen Umweg über die Menschenwelt zu nehmen. Wann immer er den Fuß dorthin setzte, griff der Fluch und sperrte ihn hilflos in irgendeinen Attentäter in irgendeiner Zeit – bis dessen Anschlag ausgeführt und der Mörder tot war.
    Gofannon entfernte sich vom Schloss bis zur Grenze, dort tastete er mit seinen Sinnen alles ab und wandte sich dorthin, wo die Trennlinie zu den Crain begann. Seine göttlichen Augen erkannten das leichte Schimmern. Er ging daran entlang, bis er es sah – eine winzige Öffnung, eine Lücke im Gefüge. Genau das hatte er erwartet, denn seit dem Setzen des Stabs am Ätna konnten keine undurchlässigen Grenzen mehr errichtet werden. Zugegeben, Fanmór war immer noch sehr mächtig, hatte einen starken Wall aufgebaut. Doch selbst er konnte den Zauber nicht lückenlos aufrechterhalten. Und dies war ein solcher Riss, sicherlich nicht der einzige. Er war zu klein, um von Elfen wahrgenommen zu werden. Gofannon konnte ihn allerdings mühelos erkennen und noch müheloser hindurchschlüpfen. Einer der Vorteile der Göttlichkeit war die Fähigkeit, seine Gestalt in alles verwandeln zu können, was man nur wollte. Dieser Gestaltwechsel würde ihn kaum anstrengen, da Bandorchus Reich mit Magie nur so angefüllt war.
    Er konzentrierte sich, und kurz darauf wurde sein Körper diffus wie ein Schemen; er löste sich in Nebel auf, der hauchdünn durch das winzige Loch schlüpfte und sich auf der anderen Seite wieder zusammensetzte. Aber nicht zum gewohnten plumpen, eher zu klein geratenen Äußeren! Gofannon nahm die sehr schlanke, lange Gestalt eines weißhaarigen, bleichhäutigen Mondelfen an, mit hell leuchtenden Augen und sehr langen, dünnen Spitzohren. Er trug ein sternglitzerndes, bodenlanges Gewand mit hohem Kragen und in der Hand einen Augurenstab.
    Es gab nur wenige Mondelfen, und sie traten meist nur bei großen Ereignissen in Erscheinung. Ansonsten lebten sie sehr zurückgezogen, oft als Einsiedler. Je mehr Kontakt sie zu anderen Elfen hatten, desto mehr wurden sie von Visionen und Zukunftsbildern gequält, die nie positiv waren …
    Dass ausgerechnet nun und an diesem Ort ein Mondelf erschien, würde die Crain kaum misstrauisch machen. Im Gegenteil, es passte zur Lage und dem Durcheinander, das derzeit herrschte. Sie würden Gofannons Worten lauschen.
    Zuletzt hatte Bandorchu den Gott mit magischen Hilfsmitteln ausgestattet, diesmal wollte er es anders machen. Nicht verborgen, sondern offen würde er vorgehen. Seit dem Fall des Schattenlands und der Begnadigung aller Verurteilten herrschte in Earrach und auch unmittelbar bei den Crain ein ständiges Kommen und Gehen. Viele suchten nach einer neuen Heimat, es gab ein Wiedersehen mit lange verschollen Geglaubten, manche reisten in andere Gebiete weiter … Die Grenzwächter waren längst überfordert, sie konnten Freund und Feind nicht mehr voneinander unterscheiden. Zudem hatte jeder Elf die Entscheidung zu fällen, wem er folgen würde, falls der Krieg zwischen Fanmór und Bandorchu endgültig ausbrach und Heere gegeneinander zogen. Eine große Wandlung stand bevor.
    Gofannons Larve war so echt, dass sie keiner durchschauen würde, zumindest nicht für den Moment. Er würde nicht lange genug verweilen, um den Crain Zeit zum Nachdenken zu geben.
    Gofannon schlug den goldenen Pfad zum Baumschloss ein, der einst mit Blütenranken gesäumt war. An diesem Tag jedoch hoben sie ihre dürren Fingerchen flehend empor.
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