Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
Vom Netzwerk:
zurück, die fremde Umgebung machte es nervös, aber das war bei neuen Pferden oft der Fall. Ich streckte die Hand nach dem Führstrick aus.
    »Nimm lieber den anderen«, sagte der Fahrer. »Der hier ist ein bisschen speziell.«
    Ich konnte es nicht ausstehen, wenn Erwachsene mich wie ein dummes kleines Kind behandelten, immerhin war ich dreizehn und nicht fünf.
    »Ich kriege das schon hin«, versicherte ich ihm und da reichte er mir endlich den Führstrick, wenn auch widerstrebend.
    »Sei aber vorsichtig!«, rief er mir zu. Prompt machte das Pferd einen erschrockenen Satz, riss den Kopf hoch und stellte den Schweif auf. Aber es war nicht das erste Mal, dass ich ein nervöses Pferd führte.
    »Du musst keine Angst haben«, sagte ich freundlich und klopfte ihm mit meiner freien Hand den Hals. Das Pferd sah mich aus flackernden Augen zweifelnd an und schnaubte.
    »Na, komm schon. Benimm dich ein bisschen. Dir passiert nichts.«
    Tatsächlich beruhigte sich der Braune und folgte mir gehorsam in den Stall.
    Als auch das zweite Pferd untergebracht war, gab der Fahrer mir die Mappe mit den Frachtpapieren und Pferdepässen der beiden Pferde. Ich sah zu, wie er die Verladerampe des großen Lkw schloss und überlegte, wohin er wohl die anderen Pferde bringen würde und woher sie kamen.
    Wie schön wäre es, den ganzen Tag mit Pferden zu verbringen, anstatt in der Schule herumzusitzen! Die Arbeit mit den Pferden war immer aufregend und abwechslungsreich. Natürlich war es kein Zuckerschlecken, jeden Tag Boxen auszumisten, Pferde und Sattelzeug zu pflegen und all die vielen Kleinigkeiten drum herum zu erledigen. Viele Mädchen träumten davon, Bereiterin zu werden; die wenigsten wussten, was auf sie zukam, und gaben schnell wieder auf. Ich selbst wusste genau, dass ich nach der Schule etwas mit Pferden machen würde. Es war spannend zu beobachten, wie sich die Pferde entwickelten, ob sie einen guten oder schlechten Tag hatten. Jedes Pferd hatte eine ganz eigene Persönlichkeit und Vorlieben oder Abneigungen, wie die Menschen auch. Manche waren neugierig oder verspielt, andere wollten die ganze Zeit schmusen, und wieder andere brauchten eine festere Hand, weil sie ziemlich frech sein konnten. Es gab Pferde, die lernten schnell, und andere mussten immer wieder dasselbe üben, bis sie endlich begriffen.
    Gerade als der Lkw durch die großen Pfützen vom Hof gerollt war, tauchte Jens auf. Er gähnte und streckte sich.
    »Werwarndas?«, nuschelte er verschlafen und kramte ein zerknautschtes Päckchen Zigaretten aus seiner Hosentasche.
    »Der Fahrer von Herrn Nötzli«, erwiderte ich. »Er hat zwei Pferde gebracht und ich hab ihm zwei leere Boxen gezeigt. Ich wollte dich nicht wecken.«
    Jens war sofort angesäuert. »Man darf ja wohl noch Mittagspause machen«, sagte er gereizt.
    »Klar.« Ich drehte mich um. Der qualmende Jens mit seinen Froschaugen, den Aknenarben und den fettigen Haaren war nicht mein Fall. Er war ungeduldig und oft grob mit den Pferden, aber Papa brauchte ihn, denn allein konnte er die Arbeit mit den vielen Pferden nicht schaffen. Es war schwer, einen zuverlässigen Mann zu finden, der die jungen Pferde auf Turnieren gut vorstellte. Und das konnte Jens. Deshalb hielt ich den Mund und ging ihm möglichst aus dem Weg.
    »Du hast übrigens vergessen, die Sattelkammer abzuschließen. Und in der Stallgasse lag einer von den guten Sätteln auf dem Boden.« Das konnte ich mir dann aber doch nicht verkneifen.
    »Dann räum ihn weg«, entgegnete Jens bissig.
    »Hab ich schon gemacht.«
    »Erzähl’s doch Papi«, murmelte er mürrisch und trat die Zigarette vor der Stalltür mit dem Absatz aus. »Du dummes Kind.«
    »Blöder Aknefrosch«, erwiderte ich.
    So endeten die meisten Gespräche zwischen Jens und mir. Dummes Kind war noch relativ nett, er hatte weitaus weniger schmeichelhafte Namen für mich auf Lager, aber ich wusste mich zu revanchieren.
    Ich holte mein Fahrrad und schob es durch den Stall. Um die Mittagszeit war nicht viel los, die Pferde dösten in ihren Boxen oder knabberten am Stroh. Vorn an der geöffneten Stalltür lag Robbie, unser Berner Sennenhund, auf seiner karierten Decke. Als er mich kommen sah, richtete er sich auf und wedelte freudig mit dem Schwanz. Sobald ich mich jedoch auf mein Fahrrad setzte, um zum Haus hinüberzuradeln, legte er sich mit einem Seufzer wieder hin und schlief weiter.

3. Kapitel
     
    Auf dem leeren Parkplatz vor der Gaststätte stand einsam ein silberner Opel, den ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher