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Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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»Tschüss!« nach, dann knallte die Autotür zu und der Jeep verschwand mit aufheulendem Motor.
    Ich kramte in den Taschen meiner Jacke nach dem Schlüssel für das Schloss, mit dem ich jeden Morgen mein Fahrrad an den Fahrradständer neben der Bushaltestelle kettete. Melike wohnte nur ein paar Straßen vom Rathaus entfernt, sie konnte zu Fuß nach Hause laufen, aber ich hatte ungefähr zwei Kilometer zu fahren, denn der Amselhof lag außerhalb von Steinau am Waldrand, umgeben von Feldern und Wiesen.
    »Also bis später!«, rief ich meiner Freundin zu.
    »Ich bin um drei da!«, rief sie zurück.

2. Kapitel
     
    Ich setzte mir die Kapuze auf und radelte die Wiesenstraße entlang, vorbei am Sportplatz und an der Mehrzweckhalle, und versuchte, nicht in den schlammigen Traktorspuren auszurutschen. Der trostlose Winter stand vor der Tür, bald konnte nur noch in der Halle geritten werden und abends würde es um fünf Uhr dunkel sein. Die Pferde mussten geschoren und mit dicken Decken gegen die Kälte geschützt werden. Wir Menschen würden trotz Daunenjacken, Schals und Handschuhen im Stall und in der Reithalle frieren.
    Hinter mir hupte es. Ich warf einen Blick über die Schulter und wich auf den schmalen, aufgeweichten Grasstreifen aus, damit der große Pferdetransporter mich überholen konnte. »PFERDE – CHEVAUX – HORSES« stand in fetten Buchstaben auf der Rückseite des Lkw, und darunter »Pferdehandlung Nötzli – Adliswil, Schweiz«. Ich trat kräftiger in die Pedale. Vielleicht kamen neue Pferde auf den Amselhof!
    Als ich auf den Hof gelangte, manövrierte der Lkw-Fahrer geschickt das riesige Ungetüm am Misthaufen vorbei. Im Lauf der Jahre war auf dem Amselhof viel an- und umgebaut worden; dadurch waren verschiedene Stalltrakte, Sattel- und Futterkammern und verwinkelte Höfe entstanden, in denen sich Fremde und neue Einsteller oft verirrten. Das Zentrum bildete die große Reithalle, an die sich der Schulpferdestall und die Putzhalle anschlossen. Ganz vorn, an der kurzen Seite der Reithalle, befand sich der ehemalige Hengststall, in dem heute Einsteller ihre Pferde untergebracht hatten. Dann gab es den Mittelstall, den langen Stall, den kleinen Stall und ganz hinten den alten Stall, der ausschließlich Papas Turnierpferden vorbehalten war. Während die meisten Stallungen modern und zweckmäßig waren, hatte Papas Stall etwas ganz Besonderes. Er war hoch und luftig, die Pferde hatten Fenster nach draußen mit Blick auf den Springplatz und die Galoppierbahn und konnten gleichzeitig auf die breite Stallgasse schauen.
    Der Fahrer von Herrn Nötzli hielt am Vordereingang des alten Stalls und sprang aus dem Fahrerhaus.
    »Hallo!«, rief ich atemlos und lehnte mein Fahrrad an die Wand des Stalls.
    »Hi«, erwiderte der Fahrer. Ich kannte ihn, denn er brachte öfter Pferde auf den Amselhof. Der Schweizer Pferdehändler Gerhard Nötzli machte regelmäßig Geschäfte mit Papa. Er schickte immer wieder junge talentierte Pferde her, damit Papa sie ausbildete und auf Turnieren vorstellte. Dann wurden sie verkauft und Papa bekam eine Verkaufsprovision. Allerdings kamen auch manchmal Pferde, die auf Turnieren nicht mehr so recht springen wollten, die stiegen oder andere Unarten hatten. Diese Pferde mussten korrigiert werden, bis auch sie wieder verkäuflich waren. Das war meistens ziemlich schwierig.
    »Ich habe zwei Pferde für euch dabei«, sagte der Fahrer und warf einen Blick auf seine Uhr. »Ich muss heute noch bis nach Holland fahren. Fragst du mal jemanden, wo ich die Pferde hinstellen kann?«
    »Ich weiß, wo Boxen frei sind«, antwortete ich und betrat den Stall. Der würzige Geruch von Pferden und Heu schlug mir entgegen und wie immer atmete ich den vertrauten Duft tief ein.
    Von Jens, unserem Bereiter, war weit und breit nichts zu sehen, dafür lag ein Sattel auf dem Boden, daneben hing eine schmutzige Trense und die Tür von der Sattelkammer stand weit offen. Typisch, dachte ich bei mir, ergriff den Sattel und hängte ihn in die Sattelkammer. Sobald Papa den Stall verlassen hatte, ließ Jens alles stehen und liegen, fing an zu telefonieren oder verdrückte sich in sein Zimmer. Ich fand eine leere Box neben meinem Pony Sirius im kleinen Stall und eine weitere im langen Stall. Dort konnten die Pferde bleiben, bis Papa anders entschied.
    Der Fahrer hatte mittlerweile einen hübschen Kastanienbraunen mit einer schmalen Blesse abgeladen. Das Pferd tänzelte und wieherte aufgeregt. Seine Ohren zuckten vor und
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