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Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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Schau abziehen kann.«
    Arianes Vater besaß drei Pferde, die auf dem Amselhof standen, von Papa trainiert und auf Turnieren vorgestellt wurden. Herr Teichert war Börsenmakler oder so etwas Ähnliches und hatte Geld wie Heu. Er und seine aufgebrezelte Frau hatten zwar keinen blassen Schimmer von Pferden, aber sie waren gute Kunden.
    Melikes Klassenkameradin Laura hatte ebenfalls ein Pferd bei uns stehen, allerdings ein Dressurpferd.
    Ich hatte meine Pommes inzwischen auch aufgegessen und betrachtete unser Spiegelbild im Schaufenster der Eisdiele. Gegen die zierliche Melike mit ihrem braunen Teint, den sie dem Erbe der türkischen Vorfahren ihres Vaters verdankte, ihren großen dunkelbraunen Augen, schneeweißen Zähnen und dem glänzenden schwarzen Haar kam ich mir vor wie eine hässliche bleiche Bohnenstange. Ich beneidete meine Freundin glühend um ihr Äußeres. Ich sehnte den Tag herbei, an dem ich meine Zahnspange und die Pickel los sein würde. Das Einzige, das ich an mir mochte, waren meine Haare. Wie Mama war ich blond. Überhaupt sah ich ihr auf Fotos von früher ziemlich ähnlich und deshalb hegte ich noch einen Rest Hoffnung, dass ich eines Tages so aussehen würde wie sie.
    Während ich über mein Äußeres nachdachte, bremste direkt vor uns ein schmutziger dunkelgrüner Jeep.
    »Ach du Schande, Tim Jungblut und sein Vater«, sagte ich und zog die Kapuze bis in mein Gesicht. »Bloß nicht hingucken!«
    Mich hätten sie vielleicht nicht bemerkt, aber es war völlig unmöglich, Melike mit ihrer knallgelben Jacke zu übersehen. Sie strahlte an diesem grauen Tag wie ein Leuchtturm im Nebel.
    Die Scheibe des Jeeps wurde heruntergelassen und ein dunkelblonder Junge beugte sich heraus. »Habt ihr den Bus verpasst?«, fragte er grinsend.
    »Nee, wir sitzen nur so aus Spaß im Regen rum«, entgegnete Melike bissig.
    »Na los, steigt ein!« Der Junge sprang aus dem Auto und hielt einladend die Tür auf. »Wir fahren sowieso durch Steinau.«
    »Das kann ich nicht machen«, raunte ich meiner Freundin zu. »Wenn Papa rauskriegt, dass ich mit Jungbluts mitgefahren bin, bringt er mich um.«
    »Das erfährt er schon nicht.« Melike zog mich einfach mit. »Besser, als noch eine Stunde im Regen herumhocken.«
    Das fand ich schließlich auch. Und irgendwie war es aufregend, gerade weil es so absolut verboten war, mit einem Mitglied der Familie Jungblut auch nur ein Wort zu wechseln. Ich murmelte »Hallo« und quetschte mich neben Melike auf die Rückbank zwischen einen Sattel und einen Stapel Pferdedecken.
    »Tach, die Damen.« Tims Vater musterte uns kurz und brauste los.
    Richard Jungblut war Pferdehändler und auch Springreiter wie Papa. Ihm gehörte der Sonnenhof in Hettenbach, einem Örtchen auf der anderen Seite des Waldes. Die Feindschaft mit den Jungbluts hatte in unserer Familie Tradition und beruhte auf Gegenseitigkeit. Besonders die Männer konnten sich nicht ausstehen. Woher dieser Hass stammte, wusste ich nicht und hatte nie darüber nachgedacht. Es war eben so.
    Natürlich kannte ich Tim von klein auf, schließlich waren wir auf derselben Schule und begegneten uns beinahe jedes Wochenende auf irgendeinem Reitturnier, aber es wäre mir niemals auch nur im Traum eingefallen, mit ihm zu reden, denn er war eben der Sohn von Richard Jungblut und somit ein Feind. Er ging in die Zehnte, in Christians Parallelklasse, und konnte zweifellos göttlich reiten. Mit den Verkaufspferden seines Vaters hatte er im letzten Sommer zahlreiche M-Springen und sogar drei S-Springen gewonnen.
    Richard Jungblut sprach während der ganzen Fahrt kein Wort. Zweimal begegnete ich seinem forschenden Blick aus stechend blauen Augen im Rückspiegel und guckte sofort woandershin. Ob er wusste, wer ich war? Wahrscheinlich nicht, sonst hätte er mich wohl mitten auf der Strecke aus dem Auto geworfen. Ich saß wie auf glühenden Kohlen. Noch nie waren mir die zwölf Kilometer nach Steinau so lang vorgekommen, obwohl Tims Vater wie der Teufel durch Königshofen und die Landstraße entlangbrauste.
    Melike quatschte fröhlich drauflos, so wie es ihre Art war, aber ich brachte keinen Ton über die Lippen. Was hätte ich auch schon sagen können? Also sprach außer Melike niemand und nach einer Weile fiel auch ihr nichts mehr ein. Ich war heilfroh, als der grüne Jeep an der Bushaltestelle vor dem Rathaus bremste.
    »Danke fürs Mitnehmen«, murmelte ich und schlüpfte wie der Blitz hinaus in den Regen.
    Herr Jungblut nickte, Tim rief uns noch
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