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Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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als eine der Letzten.
    »Der Wilhelm wollte noch mit mir reden.« Sie rollte die Augen. »Ich hab die Lateinarbeit wieder total verhauen, so ein Mist. Stell dir vor, er wollte wissen, ob ich verliebt bin!« Meine Freundin kicherte belustigt.
    »Quatsch! Echt? Und was hast du gesagt?« Ich musste grinsen.
    »Nichts.« Melike zuckte mit den Schultern und grinste auch. »Aber ich glaube, er denkt, es wäre so. In echt hab ich einfach keinen Bock auf Latein. Wer braucht denn so was?«
    Ich zog mir die Kapuze meiner blauen Windjacke über den Kopf. Beeilen mussten wir uns jetzt nicht mehr, der Bus war sowieso weg.
    Vorn, am Schultor, standen Ariane und ihre Busenfreundin Laura Baumgarten Arm in Arm unter einem riesigen knallgelben Regenschirm, wie siamesische Zwillinge, die der Länge nach aneinander festgewachsen waren. Ariane musste nie mit dem Bus fahren wie das gewöhnliche Fußvolk, auf das sie verächtlich hinabzusehen pflegte; ihre Mutter oder eines der ständig wechselnden Au-pair-Mädchen der Familie Teichert brachte sie morgens in die Schule und holte sie jeden Mittag wieder ab.
    In dem Augenblick, als wir an ihnen vorbeigingen, hielt der schneeweiße Geländewagen von Arianes Mutter am Straßenrand gegenüber.
    »Hey, Ariane!«, rief Melike, bevor ich sie davon abhalten konnte. »Wir haben den Bus verpasst! Meinst du, ihr könnt uns mitnehmen?«
    »Oh, leider nicht! Wir fahren zum Mittagessen ins La Strada«, antwortete Ariane, die arrogante Pute, ohne uns auch nur anzusehen. »Tut mir echt leid!«
    Sie und Laura warfen sich einen kurzen Blick zu, kicherten und stiegen in den protzigen Jeep. Türen knallten, das Auto schoss röhrend davon.
    »Blöde Ziege!«, schimpfte Melike wütend und äffte Arianes gezierte Sprechweise nach. »Wir gehen ins La Strada! Vielleicht esse ich ein gaaanz winziges Rinderfilet oder besser Riesengarnelen! Puh!«
    Das La Strada war eines der nobelsten Restaurants in Königshofen. Mama war mit Papa einmal dort essen gewesen und hatte erzählt, es sei so vornehm, dass auf der Speisekarte nicht mal die Preise stünden.
    »Hätte ich dir vorher sagen können«, bemerkte ich. »Wir haben heute die Deutscharbeit zurückgekriegt und ich hatte die einzige Eins. Ariane kocht vor Wut!«
    »Echt? Das ist ja cool!«
    Wir trabten durch den Regen Richtung Busbahnhof und ich grinste vor mich hin, während Melike noch eine Weile auf Ariane, Laura und ihren Lateinlehrer schimpfte. Mir war es ziemlich egal, ich freute mich auf Mamas Gesicht, wenn ich ihr gleich das Heft mit der Deutscharbeit unter die Nase halten würde. Ganz lässig natürlich. Die meisten meiner Klassenkameraden hatten sich zu der Reportage »Der aufregendste Tag meines Lebens« etwas ausgedacht, aber ich hatte nicht lange überlegen müssen und die dramatische Geschichte vom Unfall meines Fohlens Fritzi von vor drei Jahren aufgeschrieben.
    Als wir am Busbahnhof ankamen, war Melikes Ärger verraucht. Wir holten uns an der Imbissbude jeweils eine Tüte Pommes – Melike mit Ketchup und ich mit Mayo– und setzten uns auf die Stufen der Eisdiele.
    »Kommst du heute Nachmittag in den Stall?«, fragte ich und leckte mir die Mayo von den Fingern.
    »Ja, klar.« Melike nickte kauend. »Ich weiß zwar nicht, ob meine Mutter heute Morgen schon geritten ist, aber es schadet Dicky nicht, wenn er zweimal rauskommt.«
    Dicky, der eigentlich Jasper hieß, gehörte Melikes Mutter, doch die hatte nur selten Zeit für ihr Pferd und war froh, wenn meine Freundin ihn ritt.
    »Papa fährt aufs Turnier.« Ich klaubte die letzten Pommes aus der fettigen Tüte. »Wir können also in die große Halle und ein paar Hindernisse aufbauen.«
    Papa war von Beruf Springreiter und an beinahe jedem Wochenende auf einem Turnier irgendwo in Deutschland, manchmal sogar im Ausland. Christian, mein älterer Bruder, und ich waren mit Pferden aufgewachsen und ritten natürlich auch beide.
    Genau genommen gehörte der Amselhof meinem Opa, der Reitunterricht mit seinen Schulpferden gab und dafür sorgte, dass der ganze Betrieb lief. Oma war die Chefin der Gaststätte »Zur Pferdetränke«, die nicht nur bei Reitern beliebt war und im Sommer einen großen Biergarten hatte.
    »Hm, das war gut.« Melike zerknüllte die Pommestüte und schnippte sie in den Mülleimer neben der Treppe. »Ariane wird heute wohl kaum im Stall auftauchen.«
    »Glaub ich auch nicht«, erwiderte ich und verzog das Gesicht. »Christian fährt mit aufs Turnier und dann ist keiner da, vor dem sie eine
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