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Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Titel: Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)
Autoren: Bärbel Wardetzki
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noch kleine Steine in den Zwischenräumen Platz. Und wieder ist das Glas voll. Doch es geht noch Sand hinein, bis das Glas ganz gefüllt ist. Der Sand und die kleinen Steine sind nicht wichtig, um das Glas zu füllen, es ist schon voll durch die großen Steine. Genauso ist es im Leben. Die großen Steine sind das Bedeutungsvolle, um das wir uns kümmern müssen, nicht der Sand. Der ist das Unwichtige. Immer, wenn Sie sich über etwas in Ihrer Beziehung grämen oder aufregen, fragen Sie sich, ob es wichtig ist oder Sand. Ist es Sand, dann lassen Sie es an sich vorübergehen.
    In Beziehungen können Kleinigkeiten eine enorme Bedeutung annehmen, denn die narzisstische Waagschale misst das Negative doppelt so schwer. Statt das Gewichtige positiv zu sehen, zählen sie jede kleine Unachtsamkeit auf und machen sie zu einem Beweis der Lieblosigkeit des anderen oder der eigenen Unwichtigkeit. Ein sehr anstrengendes Konzept, das die Gemeinsamkeit zwischen den Partnern allmählich aushöhlt.
    Auch bei Johanna und Sebastian ging es häufig um die Frage, ob das Positive und das Negative sich die Waage halten oder nicht. Sebastian gab zu, dass er mehr die kritischen Seiten an Johanna betont, als ihr zu sagen, was er schätzt und gut an ihr findet. Er machte den Vorschlag, einen Plan aufzuhängen, auf dem alle kritischen und positiven Bemerkungen und deren Gewichtung notiert werden. Und am Ende der Woche setzen sie sich zusammen und reden darüber. Eine gute Idee, die mehr Aufmerksamkeit und Bewusstheit für das Positive und eine neue Wertigkeit schaffen kann.

Lebendigkeit
    Lebendigkeit spielt im Rahmen von narzisstischen Strukturen eine große Rolle. Denn Narzissmus bedeutet, von seinem sogenannten wahren Selbst getrennt zu sein und stattdessen eine Selbsterhöhung in der Grandiosität zu inszenieren oder eine Selbsterniedrigung im Minderwertigkeitsgefühl. Das Unterbrechen des Kontakts zum wahren Selbst bedeutet, sich von seinen Empfindungen, Gefühlen, seiner Selbstachtung, seinen Stärken, seiner Identität und seiner Lebenskraft zu trennen.
    Das wahre Selbst ist das innere Lebensreservoir. Ihm geht es nicht um die Fassade aus Überheblichkeit oder Niedergeschlagenheit, sondern um Sein.
    Die Hinwendung zum wahren Selbst ist eine Hinwendung zum »Lebensspender«, wie es Symington nennt. Es ist die Wahl, ins Leben zu gehen oder in der narzisstischen Hülle zu verbleiben, die Wahl, zu lieben oder zu bewundern, die Wahl, geliebt zu werden oder sich anbeten zu lassen. Wer sich dafür entscheidet, dem Leben den Rücken zu kehren, hat auch die Möglichkeit, sich ihm zuzuwenden. Wer sich in der Beziehung dafür entscheidet, sich vom anderen abzuwenden und ihn zu verachten, hat ebenso die Wahl, im Kontakt zu bleiben und den anderen zu achten. Auf diesen Wahlmöglichkeiten beruht die therapeutische Veränderungsmöglichkeit. Wir haben immer die Wahl, auch wenn sie uns im Moment nicht zugänglich ist. Das Ziel der Therapie besteht unter anderem darin, sich Wahlmöglichkeiten zu erarbeiten, die im narzisstischen System verloren gegangen sind.
    Die Ausschreibung zu einem Frauen-Seminar über narzisstische Beziehungen lautete: »Wir wollen Wege finden, den persönlichen Wert vom Partner loszulösen und zur eigenen Lebendigkeit und Autonomie zurückzukehren.« Das Schlüsselwort, weswegen sich die meisten Frauen anmeldeten, war Lebendigkeit!
    Sie hatten das große Bedürfnis, sich wieder lebendig zu fühlen, was ja auch bedeutet, das Leben in die eigenen Hände zu nehmen und selber Entscheidungen zu treffen. Selbstaufgabe dagegen führt dazu, vieles in sich absterben zu lassen: eigene Impulse, Wünsche, Bedürfnisse, Gefühle und Lebensziele. Kompensiert haben sie es mit Arbeit, mit der Hauptverantwortung für die Kinder und den Haushalt, oft auch mit der Pflege der eigenen Eltern oder der Schwiegereltern. Doch satt und wichtig sind sie dadurch nicht geworden.
    Die Selbstaufgabe für den Partner/die Partnerin führt unweigerlich zu einer inneren Entfremdung und Leblosigkeit, wie wir es im Bild des Glassargs im Märchen von Schneewittchen finden. Schneewittchen lebt zwar, doch sie ist wie tot. Erst als ihr der Apfelgrütz, den sie geschluckt hat, aus dem Mund fährt, erwacht sie zum Leben. Sie hat sich befreit von dem, was sie bisher geschluckt hat. Wenn Partner anfangen, das auszudrücken, was ihnen nicht gefällt, wenn sie Nein sagen, wenn sie sich abgrenzen und zu ihren Vorstellungen und Wünschen stehen, das heißt zu sich selbst, werden
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